Verflixter Kerl
als Ganzes herausheben. Sarah machte es ihm geschickt nach.
Da steht mir ja noch etwas bevor, dachte er. Sarah wird nicht locker lassen. Er begann also schon in Gedanken den Brief in der Flaschenpost zu formulieren und zwar so, dass niemand den Text als weitere Belästigung oder als Anmache verstehen konnte. Er nahm Sarah das versprechen ab, dass dies wirklich der letzte Versuch war. Matthias war sicher, dass Silke über diese kindische Idee nur lachen konnte.
Die angetrunkenen Männer am Stammtisch begannen unterdessen, das Capri-Lied laut mitzusingen. Die unterlegene Kufstein-Partei zahlte und rauschte unter Protest hinaus.
Kapitel 7
Am nächsten Vormittag war große Bastelei angesagt. Während Matthias amüsiert einen Brief schrieb, der höchstwahrscheinlich seine Empfängerin nie erreichen oder falls doch, ohne Antwort bleiben würde, säuberte Sarah in der Kochnische die Weinflasche, die seit drei Tagen geleert neben dem Abfalleimer stand und stellte sie umgekehrt in die Spüle. Sorgfältig hatte sie auch das Etikett abgekratzt. "Hier fehlt ein Korken!", rief sie ihrem Vater zu. "Bin gleich wieder da."
Eine Viertelstunde später kam sie zurück, atemlos keuchend. Triumphierend zeigte sie einen Flaschenkorken und eine Kerze vor. "Nur Streichhölzer wollte er mir nicht geben."
"Wer?"
"Der Kellner von der Pizzeria in der Parallelstraße."
Matthias lachte und strich seiner Tochter liebevoll über das kindlich feine Haar. "Du bist ja ein richtiges Organisationstalent."
"Gelernt ist gelernt", erwiderte sie. "Vielleicht werde ich später mal Detektivin."
"Ich dachte, du willst Reporterin werden", wandte er ein.
"Will ich auch. Aber man kann beides zugleich sein. Du hast mal gesagt, ein guter Schriftsteller muss sich fast überall auskennen. Da fange ich eben schon mal an."
Matthias war gerührt. Er reichte ihr den Brief – zusammengerollt. Sarah bestand darauf, dass ein roter Wollfaden darum gewickelt werden müsse. Da Matthias zufällig seinen alten "Schreibtisch-Pullover" dabei hatte, der ohnehin längst in die Kleidersammlung gehörte, erlaubte er ihr, einen Faden heraus zu ziehen.
Gleich darauf schob sie den Brief in die Flasche. Sie nahm den Korken und hielt ihn unter den Wasserhahn. "Damit er aufquillt", erklärte sie ihrem Vater und stopfte den Korken in die Flasche. "So, nun muss noch abgedichtet werden. Kerzenwachs bitte."
Matthias zündete die Kerze an und reichte sie seiner Tochter. Mit Eifer ließ sie Tropfen um Tropfen auf den Korken fallen.
"Eigentlich ist das nicht nötig", bemerkte Matthias. "Die Flaschenpost kommt ja nicht wirklich ins Wasser."
"Muss aber echt aussehen, damit sie wirkt", beharrte Sarah. "So, fertig. Wir können los."
Sie packten ihre Strandsachen ein, und Matthias fügte etwas Verpflegung hinzu, Obst und Getränke, und schon waren sie gemeinsam zum Strand unterwegs.
"Wir mieten uns einen Strandkorb", schlug Matthias vor. "Wir sind sowieso viel zu selten am Strand. Am besten, wir nehmen eine Wochenkarte."
"Ein Tag reicht", erwiderte Sarah. "Wenn alles klappt, ziehen wir morgen zu dieser Silke in den Strandkorb."
Matthias schüttelte den Kopf. Gegen seine Tochter kam er einfach nicht an – dazu hatte er sie auch einfach viel zu lieb. Er kaufte also eine Tageskarte und bekam gegen Pfand den Schlüssel für das Vorhängeschloss. Es dauerte eine Weile, bis sie anhand der Nummer "ihren" Korb entdeckt hatten, Matthias schloss auf und klappte die Türbretter herunter, die dann als Fußstützen dienen konnten.
"Hier ist unser Hauptquartier", erklärte Sarah. "Wir können unsere Sachen in den Korb da einschließen, und dann marschieren wir los." Sie wickelte sich in ein großes Badetuch und zog sich geschickt darunter um. Matthias tat es ihr nach. Wenig später spazierten sie barfüßig den Strand entlang – nicht am Wasser, wie es Muschelsucher taten, sondern in einer Zickzack-Linie zwischen den Strandkörben und Sandburgen, die einige Leute trotz des Verbots der Kurverwaltung errichtet hatten. An einer dieser Sandburgen begann Sarah plötzlich laut zu singen: "Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt..."
"Hau ab, du Göre!", tönte es sächsisch unter einem Sonnensegel hervor. "Oder ick mach dir Beene!"
Sarah kicherte, und Matthias rannte mit ihr ein paar Meter weit in sichere Gefilde.
Es war nicht einfach, am Strand jemanden zu suchen. Überall lagen Männer und Frauen in Strandkörben, auf Luftmatratzen, Liegestühlen oder Decken, hatten sich mit
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