Verflixter Kerl
Sonnenbrillen, Käppis, oder sonst wie getarnt. "Es hat keinen Zweck", meinte Matthias. "Wie soll ich sie unter all denen erkennen? Sie braucht nur eine Sonnenbrille zu haben und eine Badekappe zu tragen, und schon ist sie getarnt."
"Lass einfach dein Herz sprechen."
"Sag mal, liest du Kitschromane?"
Sarah lachte. "Nein", versicherte sie. "Aber wenn ich an einem Zeitungskiosk vorbeikomme, blättere ich immer in den Mädchenzeitschriften, für die ich angeblich zu jung bin."
"Ich müsste dir die Ohren lang ziehen." Er kicherte und zog sie zärtlich an sich.
"Pass lieber auf, ob du deinen Schatz siehst."
"Sie ist nicht..." Matthias stockte mitten im Satz und fügte leise hinzu: "Du, da ist sie! Die Frau im roten Bikini, die da schläft! Sieh mal, sie hat sich ein Buch von mir gekauft!" Sein Herz machte einen Sprung, da er es als gutes Zeichen auslegte, dass sie sein Buch las. Dabei kannte sie doch weder seinen Nachnamen noch seinen Künstlernamen. Das Buch war ihr aus der Hand gefallen, als sie einschlief, und die Sonnenbrille war ihr zur Seite gerutscht, sonst hätte er Silke nicht erkannt.
"Okay, dann beginnt jetzt Stufe zwei von unserem Plan", entschied Sarah, die kleine "Geheimagentin". "Wir tun jetzt ganz harmlos und gehen einfach weiter. Oben auf dem Damm kehren wir zurück zu unserem Hauptquartier. Da wartest du, und ich kümmere mich um Stufe drei."
Matthias hatte alle Mühe, nicht zu lachen. Er musste ja leise sein, damit Silke nicht aufwachte und seine Stimme erkannte. Auf dem Umweg über die Promenade kehrten sie beide zu ihrem Strandkorb, dem "Hauptquartier", zurück.
"So, hier wartest du unauffällig", bestimmte Sarah. "Und ich sorge dafür, dass die Flaschenpost ankommt."
Matthias nahm eine Zeitschrift zur Hand, die er mitgebracht hatte, schielte aber über den Rand und sah, wie Sarah sich entfernte – die Weinflasche in einer Plastiktüte lässig schlenkernd. Bestimmt würde sie in einer Viertelstunde enttäuscht zurückkehren. Er begann, sich schon mal die Worte zurecht zu legen, mit denen er sie dann trösten würde.
*
Silke Schönbohm erwachte durch ein Brennen in ihrem Gesicht. Die Sonne war ein Stück weiter gewandert, so dass Silke nun nicht mehr ganz im Schatten lag. Hoffentlich gibt es keinen Sonnenbrand, dachte sie. Ihre Haut war sehr empfindlich, und auch eine gute Sonnencreme war nutzlos, wenn sie sich zu lange regungslos den Strahlen aussetzte.
Sie richtete sich halb auf, rückte die Sonnenbrille zurecht und hob das Buch auf, das ihr in den Sand gerutscht und zugeschlagen war. Sie legte es beiseite, da sie jetzt zu benommen war, um zu lesen. Irgendwo in der Umgebung sprach jemand ihren Vornamen aus, aber wahrscheinlich war sie nicht gemeint. Silke hießen viele Frauen.
Dann hörte sie den Namen noch einmal. Am benachbarten Strandkorb, den zwei ältere Frauen aus dem Kurheim gemietet hatten, fragte ein Kind: "Heißt eine von Ihnen vielleicht mit Vornamen Silke?"
"Nein, nein", antworteten die beiden Damen gleichzeitig, und eine fragte: "Gehörst du zu einer Gruppe und bist verloren gegangen?"
"Bestimmt nicht", gab das Mädchen zurück. "Ich gehe grundsätzlich nicht verloren. Ich suche nur jemanden. Vielen Dank."
Dann stand das Kind vor Silkes Strandkorb, im Gegenlicht nur ein Umriss mit Bikini. "Heißen Sie... heißt du Silke?"
"Ja", erwiderte Silke belustigt. "Ich glaube aber kaum, dass ich die bin, die du suchst. Ich kenne dich nicht."
"Ja, das ist richtig. Ich kenne dich auch nicht. Aber das kann sich ändern."
Silke erinnerte sich plötzlich, dass sie neulich mit einigen Kindern hier am Strand herumgetollt war. "Vielleicht haben wir zusammen Ball gespielt. Ihr seid zu Mehreren gewesen, deswegen erinnere ich mich nicht genau."
Das fremde Mädchen schüttelte den Kopf und bückte sich. "Du liest ja das Buch von meinem Papa", stellte es fest.
"Nein, das ist meins. Ich habe es mir neulich selbst gekauft. Siehst du, dieses Lesezeichen ist eigentlich ein Kassenzettel. Das Buch, das deinem Papa gehört, musst du schon anderswo suchen."
Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf. "Brauche ich nicht. Mein Papa hat das Buch selbst geschrieben. Wir haben genug davon zu Hause." Das Kind griff in die Tasche, die es trug. "Du hast Post. Ich habe diese Flasche heute Morgen gefunden, und wenn du wirklich Silke heißt, ist sie für dich."
"Unsinn", meinte Silke. "Eine Flaschenpost hat doch kein Adressen-Etikett." Sie schüttelte den Kopf und nahm die Sonnenbrille ab, konnte aber
Weitere Kostenlose Bücher