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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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plötzlich sind wir wieder eingeschränkt, was Zeit und Möglichkeiten angeht.«
    » Stimmt wohl.«
    » Deshalb habe ich meinen Skizzenblock dabei.«
    Unvermittelt flammte nur wenige Schritte vor ihnen ein Streichholz auf, und beide schrien und sprangen zurück. Henri stolperte über einen modernden Balken und sah sich hastig um.
    » Meine Helden, wie ich vermute«, sagte Juliette, wobei sie das Streichholz an den Docht einer Lampe hielt. Sie saß in ihrem veilchenblauen Kleid auf einer Kiste. Der Blaue Akt stand hinter ihr an einen Balken gelehnt.
    » Juliette«, sagte Lucien. Er stolperte ihr entgegen, und als er sie in seine Arme schloss, kamen ihm die Tränen.

24
    Die Architektur des Amüsements
    H ier war nun ein wenig Feingefühl angezeigt, eine gewisse Finesse, etwas mehr Geschicklichkeit, als ihre übliche Strategie sonst vorsah, die meist darin bestand, die Kleider abzulegen. Als sie Lucien im Lampenschein der Mine küsste und spürte, dass er sie mit ganzer Seele umschlang, ihr sein Herz ausschüttete, unter Tränen, feucht und glänzend auf ihren Wangen, während Atem und Wärme sie verbanden, im Augenblick erstarrt, nicht durch Magie, sondern durch die Einzigartigkeit ihrer Umarmung, in der nichts anderes existierte als sie selbst, da dachte Juliette: Es ist so viel einfacher, sein Kleid zu lüpfen, » Voilà!« zu rufen, und ab geht die Post. Das hier würde schwierig werden.
    Toulouse-Lautrec räusperte sich laut und warf einen Blick über seine Schulter, als hätte er unbedarft am Rand der Dunkelheit herumgestanden und eben erst bemerkt, dass sein Freund hemmungslos ein Mädchen durch die Mine knutschte.
    Juliette brach den Kuss ab, knabberte an Luciens Ohr, dann drückte sie seinen Kopf an ihren Busen und sagte: » Bonjour, Monsieur Henri.« Sie zwinkerte ihm zu.
    » Bonjour, Mademoiselle«, sagte Henri, tippte an seine Melone, die von weißem Gips bestäubt war.
    Da schien Lucien zu sich zu kommen und hielt Juliette auf Armeslänge bei den Schultern. » Geht es dir gut? Ich fürchtete schon, du könntest krank sein.«
    » Nein, es geht mir gut.«
    » Wir wissen alles über den Farbenmann– wie er dich, wie er alle Modelle über die Jahre manipuliert hat. Dass sie ihr Gedächtnis verlieren und krank werden. Wir wissen Bescheid.«
    » Ach ja?« Sie unterdrückte den Drang, ihr Kleid zu lüpfen und ein wenig Ablenkung ins Spiel zu bringen, doch da Toulouse-Lautrec dabei war und… nun, es wäre doch peinlich. » Ihr wisst Bescheid?«
    » Ja«, sagte Lucien. » Camille Monet, Renoirs Margot, sogar Henris Carmen– wer weiß, wie viele es waren? Wir wissen, dass er sie– dich– irgendwie mit seiner blauen Farbe verhext, dass es scheint, als würde die Zeit stehen bleiben. Ich hatte schon befürchtet, dass du dich nicht einmal mehr an mich erinnerst.«
    Juliette nahm Luciens Hände und trat einen Schritt zurück. » Nun, das kommt der Wahrheit sehr nah«, sagte sie. » Vielleicht sollten wir uns einen Moment setzen, damit ich es erklären kann.« Sie warf einen kurzen Blick auf Henri. » Hast du was zu trinken dabei?«
    Toulouse-Lautrec zog einen silbernen Flachmann aus seiner Jackentasche.
    » Was ist das?«, fragte sie.
    » Was in diesem drin ist? Cognac.«
    » Gib her«, sagte sie.
    Henri schraubte den Deckel ab und reichte den Flachmann an Juliette weiter, die einen kleinen Schluck nahm und sich wieder auf ihre Kiste setzte.
    » Du hast mehrere Flachmänner dabei?«, fragte Lucien.
    » Wir hatten ja keine Pistole«, sagte Henri achselzuckend.
    » Lass ihn in Ruhe, er ist meine Rettung«, sagte Juliette, die nun mit gespreizten Beinen dasaß, die Ellbogen auf die Oberschenkel gestützt, wie es Piraten tun, wenn sie über eine Schatzkarte im Sand beraten. Sie trank den beiden Malern mit dem Flachmann zu und nahm noch einen Schluck. » Setz dich, Lucien.«
    » Aber das Bild…«
    » Setz dich hin!«
    Er setzte sich. Zum Glück stand hinter ihm eine kleine Tonne.
    Toulouse-Lautrec kauerte auf einem umgestürzten Balken und machte von seinem zweiten Flachmann Gebrauch.
    » Also, vermutlich habt ihr ein paar Fragen«, sagte sie.
    » Zum Beispiel, wieso du hier in einer Mine sitzt?«, sagte Henri.
    » Einschließlich der Frage, wieso ich hier in einer Mine sitze«, fuhr Juliette fort. » Es war nötig, dass Lucien sich an seine erste Begegnung mit dem Blau erinnerte, seine allererste Begegnung, als er noch ein kleiner Junge war. Ich wusste, er würde sich an diese Mine erinnern, und ich wusste, er würde

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