Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
einflößende Muse der Schöpfung. Ich bin eine verfickte Göttin!«
    » Ich weiß«, sagte Henri.
    » Und ihr grinst mich an?«
    » Ja«, sagte Lucien.
    » Warum?«
    » Ich durfte am göttlichen Musenbusen schmusen«, sagte Lucien.
    » Ich auch«, sagte Henri, der mittlerweile so breit grinste, dass es sein pince-nez aus dem Sattel warf. » Wenn auch nicht zur gleichen Zeit.«
    » Das kann ja wohl nicht wahr sein«, sagte die Muse.
    Nachdem geklärt war, dass es sich bei Lucien und Henri um wahrlich niederträchtige Kreaturen mit einem moralischen Kompass handelte, der um eine Stelle an ihrem Unterleib kreiste– also: Männer–, und dass auch Juliette eine Kreatur von abstrakter, wenn nicht insgesamt abwesender Moral war, wenn auch mit einem Hang zur Schönheit– also: eine Muse–, wurde darüber hinaus durch einstimmigen Beschluss festgelegt, dass für die Fortsetzung ihrer Enthüllungen weiterer Alkohol vonnöten wäre, woraufhin nur noch die Frage der Lokalität zu klären war.
    Sie machten sich auf den Weg den Hügel hinauf, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen.
    » Im Atelier haben wir leider keinen Cognac mehr«, sagte Henri, der Juliette gern gefragt hätte, ob die Möglichkeit bestand, dass er irgendwo, irgendwie Carmen, seine Carmen, wiedersehen würde.
    » Meine Wohnung ist zu klein«, sagte Lucien. » Und die Bäckerei kommt nicht infrage.« Er wollte mit Juliette allein sein, um sich in ihr zu verlieren, doch sein Verlangen war in gewisser Weise davon eingetrübt, dass sie ihn möglicherweise ermorden würde.
    » Wie geht’s deiner Mutter?«, fragte Juliette, die überlegte, ob es wohl den perfekten Pegel an Cognac gab, der ihr das schwierige Geständnis erleichterte und gleichzeitig verhinderte, dass sie ihrem Impuls nachgab, den beiden Beichtvätern die Nieren zu perforieren und einfach wieder ihrem Tagwerk nachzugehen.
    » Sie lässt dich grüßen«, sagte Lucien.
    » War das ein Brotbrett, mit dem sie auf mich eingeschlagen hat?«
    » Crêpe- Pfanne.«
    » Sie ist eine kräftige Frau.«
    » Sie lässt dich nicht wirklich grüßen. Das habe ich mir nur ausgedacht.«
    » Zu mir war sie immer sehr nett«, sagte Henri. » Aber ich hätte auch nicht beinahe ihren Sohn umgebracht.«
    » Und ihm das Herz gebrochen«, sagte Lucien.
    » Alles für die Kunst, oder? Ich bin kein Ungeheuer«, sagte Juliette.
    » Du bringst Leute um ihre Gesundheit, um ihre Liebsten, um ihr Leben«, sagte Lucien.
    » Ich bin nicht immer ein Ungeheuer«, erwiderte Juliette schmollend.
    » Ein Ungeheuer mit exquisitem Popo«, sagte Henri. » Unter rein ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet.«
    Gerade kamen sie an einem Tabakladen vorbei, in dessen Eingang eine bärbeißig wirkende Frau stand und sie finster betrachtete, statt wie üblich bonsoir zu wünschen.
    » Vielleicht sollten wir meinen Popo in einer diskreteren Lokalität besprechen«, sagte Juliette.
    » Oder überhaupt nicht«, sagte Lucien.
    » Du hast einen lebensgroßen Akt von mir gemalt, Lucien. Glaubst du, mein Po wäre noch niemandem aufgefallen?«
    » Das Bild ist in einer Mine versteckt.«
    » Mir fiel nichts anderes ein, was in der Nähe von Bruants Club lag.«
    » Die Bar in meiner Wohnung ist wohlbestückt«, sagte Toulouse-Lautrec.
    Und so fanden sie sich in Toulouse-Lautrecs Salon wieder, tranken Branntwein und diskutierten das schwierige Geschäft des Modellsitzens für klassische Motive.
    » Wisst ihr, was mir am Modellsitzen für Leda mit dem Schwan am wenigsten gefiel?«, sagte Juliette. » Der Teil, wo ich den Schwan vögeln sollte.«
    » Wenn es nur um Gemälde geht, wieso malst du dann nicht selbst?«, fragte Henri.
    » Das habe ich ein paarmal versucht. Daraus ließ sich kein Sacré Bleu gewinnen. Und es stellte sich heraus, dass ich keinerlei künstlerisches Talent besitze. Obwohl ich zur selben Zeit als Modell andere inspirieren konnte.«
    » Berthe Morisot?«, fragte Lucien.
    » Ja.« Juliette leerte ihr Glas und hielt es Henri hin, damit er nachschenkte. » Versteht mich nicht falsch. Ich mischte mich gern mit meiner Staffelei unter die anderen, wenn wir alle dasselbe Motiv malten. Cézanne, Pissarro, Monet, Renoir, manchmal auch Sisley und Bazille. Cézanne und Pissarro mit ihren hohen Stiefeln und den Segeltuchjacken wie auf einer Expedition. Cézanne trug diese lächerliche, rote Schärpe, um zu zeigen, dass er aus dem Süden kam, nicht aus Paris, und Pissarro hatte diesen schweren Wanderstock dabei, selbst wenn wir nur am Ufer der Seine

Weitere Kostenlose Bücher