Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
viele Jahre lang vor ihren Feinden geflüchtet ist, dabei waren sie längst in der Nähe. Und ich habe nichts gemerkt.
Puh, das wird noch lange wie platt getrampelter Kuhmist auf mir lasten!
„Du wirst sicher ziemlich viele Eindrücke gesammelt haben. Für ein paar Tage auf der Erde zu weilen, ist schon aufregend genug, aber dort zu leben – das erfordert Mut!“
„Oder Dummheit“, brummele ich vor mich hin.
Einige der Leute im Speisesaal richten sich plötzlich auf und zu ihrem Geschirrklappern gesellen sich weitere. Als sei ein unhörbarer Gong ertönt, springen auch die Jugendlichen um uns herum auf. Benar grinst zufrieden.
„Heute keine Schule?“, fragt Großvater.
„Heute nicht. Ich möchte Nadine unsere Stadt zeigen, sonst verirrt sie sich womöglich.“
Großvater lächelt und zwinkert mir zu. „Dann vergiss nicht, ihr die Pferdeställe zu zeigen. Und die Wasserfälle.“
„Die Wasserfälle? Das ist zu weit für einen Tag!“
„Hm“, brummt der alte Mann, „du hast doch Zeit, oder?“
Benar nickt und steht auf. „Ein anderes Mal. Sie wird noch lange bei uns sein.“
Noch lange? Ich schnappe nach Luft. Das habe ich keineswegs vor, ich will so schnell wie möglich nach Hause! Aber ich schlucke meine Antwort herunter. Wenn ich nicht nach Hause darf, muss ich eben abhauen. Ob Rido nun dabei ist oder nicht, ist mir egal.
Ich folge Benar durch die vielen Gänge der Burg. Allein hätte ich mich wahrscheinlich verlaufen, denn das alte Gemäuer ist größer, als ich dachte. Als wir durch den großen Torbogen der Burgmauer treten, schauen wir auf einige grasbewachsene Dächer der Stadt.
„Unsere Stadt heißt Lisan-lihé. Uralten Übersetzungen zufolge heißt das: „die Geretteten“. Es haben sich schon damals, als man diese Welten entdeckt hatte, einige Wissenschaftler von allen anderen abgesetzt. Es soll einen Streit um einen Stein gegeben haben, aus dem man den Trigonischen Kristall geschliffen hat. Trotz zahlreicher Warnungen arbeitete man daran weiter – und so flüchteten einige in diese Berge.“
„Aber warum sollte man vor dem Trigonischen Kristall flüchten? Er gibt uns den Frieden!“
Benar runzelt die Stirn. „Das hat man dir erzählt, aber in Wirklichkeit ist es ganz anders.“
„Vielleicht hat man aber dir etwas Falsches erzählt?!“, brause ich auf. „Vielleicht lebt ihr hier mit einem Trugbild und versucht, euch in Lügen zu retten, weil es niemand zugeben will?“
„Vielleicht …“, antwortet Benar einfach. Ich habe mit mehr Widerspruch gerechnet, doch er setzt nur ein sehr ernstes Gesicht auf. „Wenn wir uns irren, macht das auch nichts. Wir lieben dieses Leben! Komm, ich zeig dir die Stadt!“
Wir schlendern durch die Gassen Lisan-lihés und ich staune nicht schlecht. Einerseits leben die Bewohner noch in der Steinzeit, denn sie wohnen in Häusern aus Stein, anstatt die Polaritrionsenergie zu nutzen. Auf der anderen Seite nutzen sie jedoch die Computertechnologie, indem sie Minigleiter und computergesteuerte Aufräumdienste einsetzen.
„Wir nutzen die Technik nur dann, wenn es uns einen Vorteil bringt. Viele gehen lieber zu Fuß oder reiten, wenn sie zur nächsten Stadt wollen. Aber jeder kann sich selbst helfen, wenn die Technik einmal ausfällt.“
Ich weiß nicht, warum Städter in Polaritrionshäusern nicht auch klarkommen sollten, aber dazu sage ich nichts. Ich habe beschlossen, kein Aufsehen zu erregen. Wenn ich zu aufmüpfig bin, wird man mich vielleicht doch noch einsperren. Halte ich aber meinen Mund, kann ich eventuell irgendwann entkommen.
Benar zeigt mir seine Schule, ein großes Gebäude mit vielen Erkern und Anbauten. „Nächstes Jahr werde ich sechzehn. Dann habe ich die dritte Periode erreicht und werde unser Land verlassen. Ich möchte so vielen Menschen wie möglich von meinem Wissen und den Erfahrungen erzählen. Wir nutzen die Natur, um Krankheiten zu heilen, beinahe so, wie auf der Erde.“
„Was ist daran falsch, mit den üblichen Heilungsmethoden zu helfen? Die Trionsenergien haben schon vielen Menschen das Leben gerettet!“
Benar sieht mich überrascht an. „Nichts. Nur was machst du, wenn aus irgendeinem Grund keine Energie mehr zur Verfügung steht?“
Warum sollte das passieren? Außerdem kann man dann doch neu anfangen , denke ich. Ganz von vorn beginnen. Das kann doch nicht so schwer sein. Aber ich sage es nicht. Irgendetwas warnt mich, den Mund zu weit aufzureißen.
Er führt mich zur öffentlichen Bibliothek, in der
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