Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
so soll es sein! Frei und der Natur verbunden, fröhlich und ausgelassen!
Die ersten Häuser tauchen auf und mein Magen zieht sich wie eine getrocknete Bluttraube zusammen. Vorbei die schönen Empfindungen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, ich habe mich selbst in diese verfluchte Lage gebracht.(1)
Als ich den ungerodeten Weg weiterreite, erkenne ich schließlich ein paar seltsame Hütten. Sie sehen aus, als hätten sie Karies – überall sind Löcher drin, die Latten hängen schief und das Holz ist faul. Auf den ersten Metern sehe ich niemanden und ich denke schon, in einer Geisterstadt gelandet zu sein, bis ich dann einen größeren Platz erreiche. Aus dem Schatten dieser Baracken tauchen ein Dutzend muskelbepackte Männer auf. Ihre Gesichter sind finster und abweisend.
Langsam rutsche ich von Shiri’nais Rücken. Dass mir die Beine zittern, kannst du dir sicher denken, deshalb halte ich mich auch krampfhaft an den Zügeln fest. Zwei Schritte gehe ich auf die Männer zu, dann haben meine Muskeln einfach keine Lust mehr, sich zu bewegen.
„Ich … äh … ich will mit euch kämpfen!“, stottere ich.
Ich schließe die Augen, weil ich ein heftiges Gelächter erwarte. Aber es bleibt mucksmäuschenstill. Inzwischen haben sich noch andere Schlangenmenschen in unsere gemütliche Plauderrunde gesellt, ich sehe aus den Augenwinkeln, dass ich umzingelt bin. Wie, um mich selbst zu beruhigen, tätschele ich Shiri’nais Kopf.
„Bringt mir das Kämpfen bei … bitte!“
Ein Mann mit nacktem Oberkörper und weiten schwarzen Hosen tritt hervor. Sein Gesicht ist kantig und die Augen liegen im Schatten, doch ich weiß, dass er mich finster anstarrt. „Du wagst es, uns aufzusuchen? Wer bist du, dass du glaubst, mit uns kämpfen zu können?“
Ein zweiter Mann geht auf den Anführer zu und flüstert ihm etwas ins Ohr. Ich erkenne das Fledermausgesicht wieder.
„Nadine ist mein Name.“ Diese Info ist jetzt natürlich überflüssig und ich rede laut, damit meine Stimme nicht so zittrig klingt. „Ich möchte aus diesem Tal fliehen, nach Labaido. Dazu muss ich mich wehren können. Ihr seid die besten Kämpfer der Sieben-Welten. Deshalb bitte ich euch, mir einige Tricks beizubringen!“
Der Anführer, der Krista’roff heißt, wie ich von dem Ratsmitglied erfahren habe, lacht rau und harsch. „ Du willst gegen uns antreten?“(2)
Ich sehe, wie sich die anderen Männer – alles natürlich muskelbepackte Riesenkerle – gegenseitig grinsend ansehen.
„Habt ihr vielleicht eine Jugendgruppe?“, frage ich kleinlaut.
Erst jetzt wird mir bewusst, was für eine törichte Gans ich bin, und ich wünsche mir, sofort und auf der Stelle von einem Blitz getroffen zu werden, aber es ist nicht einmal eine Wolke in der Nähe.
Leider jagen diese Kerle mich auch nicht fort. Ich würde alles darum geben, jetzt in meinem warmen Bett zu liegen. Mein Magen knurrt und ich fühle mich elend. Wie sagte das Ratsmitglied noch? „Krista’roff ist jemand, dem ich nicht einmal bei Tageslicht begegnen will.“
Und jetzt beginnt es auch noch zu dämmern …
Krista’roff umkreist mich ein Mal. Ich muss Shiri’nais Zügel loslassen, da er sich einfach dazwischendrängt. Ich halte meine Nase hoch, doch als er keine zwanzig Zentimeter vor mir steht, muss ich meinen Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen.
Er verschränkt seine muskelbepackten Arme vor der Brust.
„Du bist eine Närrin! Aber dein Mut, zu uns zu kommen, soll belohnt werden. Du darfst bei uns kämpfen – und du wirst dich an unsere Regeln halten!“
Ich wage nicht zu fragen, was das für Regeln sind, und nicke daher nur.
Krista’roff schnippt mit den Fingern. Ein Junge in Benars Alter stürmt heran, ehrfürchtig bleibt er neben ihm stehen.
Krista’roff betrachtet mich unverhohlen von oben bis unten. „Du wirst die Jüngste sein – und dazu noch ein Mädchen.(3) Aber darauf nehmen wir hier keine Rücksicht. Kara, bring sie in eure Halle!“
Ich nehme Shiri’nais Zügel und will dem Jungen folgen, doch Krista’roff legt seine riesige Pranke auf mein schmales Händchen. Es verschwindet darin einfach.
„Ein schönes Tier!“, sagt er leise und grinst dabei. Ich sehe in seine dunklen Augen und mir wird mit einem Mal sehr kalt.
„Es gehört Tora!“, antworte ich scharf. Ich versuche, seinem Blick standzuhalten und meine Wut auf diesen Mann zu unterdrücken. Kann es sein, dass er sich einfach nimmt, was er will?
„Hier im Tal sind die Pferde für alle da!“
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