Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
gerade“, antwortet Mali’tora. Er schiebt ihm einen Stuhl zurecht.
Ich drehe mich wieder um. Wenn es Probleme gibt, hat man meist keinen Hunger. Und ich habe keinen, weil mir ständig ein Gedanke im Kopf herumschwirrt. Niemand könnte in den Regierungssitz gelangen, haben die Ratsmitglieder gesagt. Niemand – mit einer Ausnahme. Und die bin ich.(8)
Ich weiß, dass ich mich mit meinen Gedanken schrecklich verrennen kann, aber plötzlich sehe ich eine Chance, den Menschen zu helfen. Nicht diesen Menschen hier, sondern allen da draußen auf den Sieben-Welten! Als Hatar’alis Tochter werde ich bestimmt in den „Silbernen Backenzahn“ gelassen und dann wird mich mein Vater anhören müssen.
Aber was kann ich erreichen? Wenn er eine Meinung hat, ist sie nicht auszuradieren. Er lässt sich nicht in seine Geschäfte hineinreden, selbst Salei’halas hat manchmal kaum Chancen.
Doch immerhin würde ich erfahren, was wirklich in der Regierung vor sich geht. Ich muss nach Labaido, das steht außer Frage! Nur der Weg bis dorthin macht mir Sorgen. Reicht das bisschen Judo und Karate aus, um mich vor Rebellen, ZEWAs und den Staatsdienern zu schützen?
Ich glaube nicht …
Die Sitzung geht weiter, doch wie es scheint, lässt es sich mit vollem Magen wesentlich leichter debattieren. Die Ratsmitglieder reagieren längst nicht mehr so aggressiv wie heute Morgen, sie lachen und scherzen sogar über die schwierige Lage. Den letzten Tagesordnungspunkt bekomme ich nur wie im Nebel mit. Während meine Gedanken um eine Flucht kreisen, diskutieren die Herrschaften um die Vergrößerung des Tals. Alles, was ich herausfiltern kann, ist, dass es in den Bergen eine Abschirmung geben soll, die die Talbewohner schützt, sodass niemand sie von außerhalb aufspüren kann. Dennoch gibt es schon jetzt immer öfter Flüchtlinge, die man halb erfroren im Schnee findet. Soll man sie hereinlassen oder für alle die Tore geschlossen halten? Diese Frage wird nicht beantwortet, sondern auf einen Termin in drei Tagen verschoben.
Als die Ratsmitglieder sich erheben, mache ich mich so schnell ich kann davon. In meinem Zimmer gehe ich dann ruhelos auf und ab. Du kannst dir sicher vorstellen, wie aufgedreht ich bin. Ich denke die ganze Zeit darüber nach, wie ich zum Lager der Schlangenmenschen kommen kann.
Kapitel 5
oder
Wie ich meinen Dickkopf mal wieder durchsetze und dass das Strafe genug ist
Es hilft nichts – Probieren geht über Studieren! So blöd dieses Sprichwort auch ist, in meinem Fall trifft es voll und ganz zu. Auch wenn es in meinem Magen brubbelt – nicht vor Hunger, sondern vor Angst –, ich muss es wissen. Und zwar heute noch!
Ich verlasse mein Zimmer und erwarte fast, Benar oder Mari vorzufinden. Aber niemand ist zu sehen – und erst als ich die Treppe zum Ausgang hinunterlaufe, kommt mir Benars Freund Kar’jira entgegen. Er trägt einen Stapel Bücher und sieht mich überrascht an.
„Nadine, wo willst du denn hin?“
Notgedrungen muss ich ihm wohl antworten.
„Zu den Reitställen. Ich will Shiri’nai striegeln, Tora hat mich darum gebeten.“
Kar’jira zögert einen Moment, dann legt er seine Bücher auf der Treppenstufe ab. „Oh, prima! Ich komme mit! Ich wollte schon immer …“
Was er schon immer im Pferdestall wollte, erfahre ich nicht, denn da bin ich längst von ihm fortgerannt.
Er holt mich schließlich ein und verwickelt mich in ein Gespräch über die Erde, aber das interessiert mich nicht die Bohne. Noch bevor wir zu den Reitställen kommen, frage ich ihn nach dem Weg zu den Python-Kämpfern.
„Die haben ihr Lager am Fuß des Berges dort drüben.“ Kar’jira zeigt in eine grobe Richtung, aber das reicht mir aus. „Du willst doch wohl nicht dorthin? Niemand hat sich bisher zu ihnen gewagt! Einer ist schon mal nach Lisan-lihé gekommen, aber auch nur, um Tora zu sprechen. Und ich kann dir sagen, der hat vielleicht ausgesehen! Wie ein Kannibale!“
Auch das ist mir schnuppe. Für einen Augenblick stelle ich fest, dass ich nicht anders bin als mein Vater: Hat sich erst einmal ein Entschluss in meinem Kopf festgesetzt, kann er nicht mehr so schnell vertrieben werden.
Ich eile in den Stall und höre Shiri’nai schon von Weitem wiehern.
Als Kar’jira merkt, dass ich nicht nur den Hengst striegeln will, bin ich schon längst in einer hellen Staubwolke auf und davon. Ich reite so schnell ich kann auf den Berg zu. Die Bluteichen fliegen an mir vorbei und ich atme die frische Luft ein. Ja,
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