Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
„Eule! Geh sofort in die Küche!“
Kara führt mich dorthin und lässt mich mit einem riesigen Stapel benutzter und verkrusteter Teller allein. Ich weiß, was das bedeutet, und ich muss sagen, dass ich froh darum bin, einen Moment zu verschnaufen.
Ein wenig später schleppen Tito und Lutha einen Bottich mit Wasser heran, damit ich endlich spülen kann.
Als Lutha aus der Küche gehen will, halte ich ihn kurz am Arm fest. „Tut mir leid … wegen gestern …“, stammele ich eine klägliche Entschuldigung für den unfairen Wurf auf die Matte.
Er sieht mich überrascht an und lächelt dann. „Kein Problem, ist ja nichts passiert!“ Dann zögert er noch einen Moment. „Es war gemein von Tako. Diese Wurftechnik üben sonst nur die Erwachsenen. Er hat dich einfach nur blamieren wollen.“
Den Eindruck hatte ich allerdings auch. Oder er wollte mir beweisen, dass die Python-Kämpfer keine Spielchen machen – und das ist ihm ja auch voll gelungen.
Als ich wieder allein bin, mache ich mich über das Geschirr her. Tränen laufen mir dabei die Wangen hinunter und ich kann sie nicht bremsen. Immerhin ist niemand da, der mich dafür bestraft.
Bald stelle ich fest, dass der Wald-Berg-Lauf nur zur Aufwärmphase gehört. Nach der Pause – ich habe mindestens zwei Liter Wasser gegen meinen Durst in mich hineingekippt – üben wir Kampfstellungen und Körperbeherrschung. Das ist gar nicht so einfach, wenn man am ganzen Leib zittert und keucht.
Diesmal wird die Truppe nicht meinetwegen bestraft, sondern weil einer der Jungs strauchelt und zu Boden stürzt. Obwohl er eine Sekunde später wieder wie eine Eins gerade steht, müssen wir eine halbe Stunde in die Mittagspause hineinarbeiten.
Das Essen ist schon kalt, als wir zur Ausgabe kommen. Man füllt mir den Teller mit einem seltsamen braunen Gematsche, aber ich beschwere mich nicht, der Hunger treibt es rein.
Mit dem Teller gehe ich in die Küche. Meine neue Heimat. Ich muss gestehen, dass ich mich schon jetzt zwischen den schmutzigen Tellern richtig wohlfühle. Hier bin ich allein, kann den Stapel Geschirr beinahe überblicken – inzwischen sind noch viel mehr dazugekommen – und ich habe eine Drahtbürste gefunden, mit der ich die eingetrockneten Essensreste abkratzen kann.
Nach dem Mittag geht es zu den Hallen. Ich sehe, dass die erwachsenen Schlangenmenschen keine Matten zum Üben benutzen. Da kann ich froh sein, dass ich weich fallen kann. Denn ich falle oft. Ich beiße die Zähne zusammen und denke gar nicht daran, den durchaus berechtigten Tränen zu erlauben, aus meinen Augen zu kullern. Für diese Techniken braucht man verdammt viel Kraft – und die habe ich nicht. Tako ist zu Recht sauer, weil ich mehr dem Gegner ausweiche als ihn abwehre. Trotzdem habe ich Glück: Ich besiege meinen Gegner – ein Mal.
Zur Strafe fällt die nächste Pause aus.
Ich bin verzweifelt. Und mit der Verzweiflung steigt die Wut, ungerecht behandelt zu werden. Wie kann ich irgendwelche Kampftechniken erlernen, wenn ich nicht siegen darf?
Es muss schon weit nach zehn Uhr abends sein, als ich das Lager verlasse und mich mit hängenden Schultern und schleifenden Schritten auf den Heimweg mache.
Ich schluchze und heule, schreie und trete Kieselsteine fort.(3) So etwas habe ich nicht erwartet! Ich habe gegeben, was ich konnte, aber es hat nie ausgereicht. Warum sollte ich den Drill weiter mitmachen? Ich bin freiwillig hier, dann kann ich auch freiwillig wegbleiben!
„Nadine?“
Die Stimme kommt aus einem Feuerdornbusch. Ich sehe einen Schatten auf mich zukommen und erschrecke. Unter normalen Umständen wäre ich gleich in Kampfstellung gegangen, aber meine Muskeln verweigern ihren Dienst. Selbst wenn jetzt ein gemeiner Riesengecko aus dem Gebüsch springen und mich platt hopsen würde, ich könnte keinen Widerstand leisten.
Aber es ist nur Benar. Mir fällt ein Stein vom Herzen.
„Komm, ich hab Shiri’nai mitgebracht!“
Er führt mich ein Stück in den Wald hinein, wo zwei Pferde an eine Bluteiche gebunden sind. Als ich den Hengst sehe, umarme ich seinen Kopf. Lautlos laufen mir die Tränen aus den Augen.
Benar hilft mir aufs Pferd. Ich schimpfe ihn zwar aus, dass ich auch alleine aufsteigen könne, aber letztendlich bin ich doch froh, dass er mir einen Stups hinauf gibt.
„Wie geht es dir, Nadine?“, fragt er, als wir zu den Reitställen traben.
„Bestens“, gebe ich zur Antwort und setze ein schiefes Lächeln auf.
Aber Benar ist sehr besorgt. „Du
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