Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
wiedersehe.
Und er ist wirklich da.
Diesmal protestiere ich nicht, als er mir auf Shiri’nais Rücken hilft, und ich verputze die seltsame Blaubohne direkt. Sie hat einen eigenartigen Geschmack, ein wenig nach Banane und verkokeltem Holz. Aber inzwischen bin ich es gewöhnt, mich nicht zu beschweren.
Am darauffolgenden Abend habe ich nicht einmal mehr die Kraft, die Bohne zu halten, und ich liege wie ein nasser Sack auf Shiri’nai. Der arme Hengst hat sicher auch nur Mitleid mit mir, genau wie Benar, der mich ins Zimmer schleppt. Aber ich bin glücklich.
„Du bist am Ende deiner Kräfte und lächelst noch?“, fragt Benar. „Ich verstehe das nicht. Jeder andere würde aufgeben!“
„Der dritte Tag ist der Schlimmste. Hast du den erst einmal hinter dir, läuft danach alles wie von selbst!“
Und ich behalte Recht.
In der folgenden Woche kann ich locker beim Berggipfellauf mithalten, sodass ich wenigstens die zwei Minuten Pause genießen kann. Die täglichen Abwärtsläufe, bei denen mich Tako wie ein besessener Wolf hinabscheucht, schlauchen mich längst nicht mehr so, dass ich mich übergeben muss. Einmal rase ich sogar an dem Tümpel-Parcours vorbei bis zu den Hütten – in der Hoffnung, dass wir den nicht mehr machen brauchen. Aber Tako scheucht uns zurück, sodass ich am nächsten Tag lieber gleich dort anhalte.
Der Python-Trainer ist eigentlich nie zufrieden mit mir, er findet immer etwas, was ich falsch mache. Daher bin ich froh, wenn ich in meiner kleinen Küche alleine bin und gelegentlich ein paar Worte mit den Jungs wechsle, die ihren Teller brav bei mir abladen. Die erwachsenen Schlangenmenschen kommen erst gar nicht vorbei, aber mir ist das nur recht.
Beim Training in der Halle kann ich an den Reaktionen der Jungen sehen, wann jemand zu Boden geht. Das ist für mich insofern wichtig, dass ich mich rechtzeitig zurückhalte und besiegen lasse. Aber die Kämpfe werden länger. Ich will nicht immer aufgeben, auch wenn Tako nur dann zufrieden ist, wenn ich besiegt bin.
„Eule, komm her!“, befiehlt der Trainer.(4)
Er nimmt mich gern als „Vorführmodell“, um mich möglichst oft zu demütigen.
Ich stelle mich ihm gegenüber mit leicht gespreizten Beinen auf. Die Arme habe ich etwas angewinkelt, alle Muskeln spanne ich zum sofortigen Sprung an.
„Der größte Überraschungsmoment ist der, wenn der Feind von hinten kommt.“
Er geht um mich herum – aus meinem Sichtfeld.
Ich runzle die Stirn. Gegen Tako kann ich niemals ankommen, schon gar nicht, wenn ich ihn nicht sehen kann. Ich spüre einen leichten Luftzug an meinem rechten Ohr, aber kaum habe ich mich zur Seite gedreht, liege ich schon auf der Matte. Manchmal genieße ich diesen Moment, diese eine Sekunde, in der ich mich ausruhen kann. Sie reicht gerade aus, mir genau so viel Kraft zu geben, um meinen tonnenschweren Körper wieder nach oben zu wuchten.
Doch Tako stößt mir seinen Fuß schon in die Seite. „Steh auf, Eule!“
In diesem Moment wird die Tür aufgerissen und Benar stürmt herein. Sein Gesicht ist schweißgebadet und er sieht aus, als hätte er gerade selbst erfolglos gegen Tako gekämpft.
„Nadine, komm schnell!“, ruft er, als er mich auf der Matte entdeckt.
Ich springe auf beide Füße, aber mein Trainer hält mich an der Schulter fest.
„Was ist?“, keuche ich und versuche verzweifelt, mich aus seinem Griff zu befreien, aber es gelingt mir nicht.
„Großvater! Er liegt im Sterben! Du musst sofort kommen!“
Kapitel 7
oder
Wie ich auf der Welle des Glücks und der Trauer mitschwimme und wieso man über einen Bonbon lacht
„Großvater möchte dich sehen, bevor er …“
Benar bricht ab. Ich sehe seinem Gesicht an, dass er verzweifelt ist. Allein schon, dass er sich in dieses Dorf gewagt hat, muss ihn viel Kraft gekostet haben.
Ich reiße mich von Tako los.
„Eule!“, ruft mein Trainer. Nur widerwillig drehe ich mich um. „Wenn du jetzt gehst, wirst du morgen bestraft!“
Ich funkle ihn an. Das ist mir herzlich egal, seine Strafen interessieren mich nicht. Großvater will mich sehen und vielleicht gibt es nur noch diesen einen Moment. Wortlos stürme ich hinter Benar aus dem Übungsraum.
Vor der Tür stehen unsere Pferde und als ich mich auf Shiri’nai schwinge, sehen uns die erwachsenen Python-Kämpfer mit finsteren Mienen zu.
Benar jagt davon, selbst mit Shiri’nai habe ich Mühe, ihm zu folgen.
„Wie hast du es geschafft, mich da rauszuholen?“, rufe ich. Ich muss fast
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