Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
sind, und liege mit offenen Augen auf den Boden.
Tako kommt auch am Nachmittag nicht zurück und am Abend habe ich früher Schluss als sonst. Falls du aber jetzt glaubst, irgendetwas habe sich geändert, dann hast du dich getäuscht, denn am nächsten Tag hat Tako noch schlimmere Laune als sonst. Er lässt mich gegen jeden der Jungen antreten, ohne Pause und ohne dass ich auch nur ein Mal gewinnen darf. Meine Kräfte schwinden schon sehr früh. Auch der Talisman ist keine große Hilfe, ich bezweifle sogar, dass er überhaupt irgendwelche Kräfte hat. Und als ich an diesem Abend nach Hause zurückkehre, habe ich kaum Hoffnung, die Ausbildung fortzusetzen.
„Du bist ziemlich wütend, was?“, fragt Benar, als wir – wie jeden Abend – an unserer Stelle stehen bleiben und die Stadt betrachten. Manchmal stehen wir sogar einfach nur da, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Aber heute schnaube ich erbost.
Wütend ist ein sehr schwacher Ausdruck für das, was ich empfinde. Ich könnte heulen wie ein Wolf!
„Ich hasse es, wie ein streunender Hund behandelt zu werden! Zur Abwechslung möchte ich auch mal die anderen auf der Matte sehen! Tako hat es auf mich abgesehen, er triezt mich, wo er nur kann!“
„Er will dir nur beweisen, dass du nicht zu ihnen gehörst.“
„Ich will ja kein Schlangenmensch sein! Ich will nur von ihnen lernen!“
„Du willst die Lorbeeren ernten und für nichts geradestehen – das wird Tako denken. Warum hörst du nicht einfach auf?“
„Das kann ich nicht!“
„Du hast uns allen bewiesen, wie starrköpfig du deine Ziele verfolgst. Meinst du nicht, dass es jetzt reicht?“
Ganz automatisch greife ich nach Großvaters Talisman. Ich trage ihn unter meinem T-Shirt, sodass ihn keiner sieht. „Mein Ziel ist es nicht, euch etwas zu beweisen“, sage ich. „Ich habe das Gefühl, dass es noch nicht ausreicht, was ich gelernt habe. Ich muss besser werden, muss weitermachen!“
Benar schweigt eine Zeit lang. „Übermorgen beginnt das Fest der Vereinigung. Wirst du etwas früher kommen?“
„Wahrscheinlich eher später. Bekommt Tako mit, dass es für mich wichtig ist, lässt er mich mindestens bis zehn Uhr schuften!“
Mit meiner Vermutung liege ich beinahe richtig.
Beinahe nur deshalb, weil Tako mich bis weit nach Mitternacht festhält, denn er hat einen sehr guten Riecher. Die anderen Jugendlichen haben schon alle gehen dürfen, nur ich muss bleiben, weil ich angeblich die Nase gerümpft habe. Und ich muss gegen Tako persönlich kämpfen, wovon die anderen bisher verschont geblieben sind.
Auch wenn ich jetzt versuche, alles zu geben – es ist unmöglich. Gegen den Schlangenkämpfer komme ich nie und nimmer an und meine Glieder tun mir höllisch weh, weil er die Matten weggeräumt hat.
Aber als ich endlich in den Ställen von Lisan-lihé ankomme, falle ich Benar vor Glück in die Arme.
„Gott sei Dank ist das geschafft!“, flüstere ich und finde nichts dabei, einen guten Freund zu umarmen.
Benar zieht mich zu den Ständen, die überall um die Burg herum aufgebaut sind. „Sie schließen schon bald. Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch etwas Spaß haben wollen!“
So ausgelassen und fröhlich habe ich mich noch nie in meinem Leben gefühlt. Wir nehmen jede Bude mit, werfen Bälle auf Dosen oder Korken durch Löcher. Wir angeln sogar nach Entchen im Wasser und beim Dreibeinlaufen fallen wir lachend ins Gras.
„Ist Tora auch hier?“, frage ich irgendwann.
Benar schüttelt den Kopf. „Glaub ich nicht.“
„Hm … Zu schade, dass Großvater nicht mehr da ist. Er hätte ihm in den Hintern getreten. Schließlich hat Tora vor allen Leuten verkündet, dass er sich mehr um seine Familie kümmern will. Hat er Kinder?“
Benar zuckt die Achseln. „Ja … äh … zwei … Ah! Sieh mal da! Dort drüben gibt es das leckerste Eis, das du je gegessen hast! Komm schnell, die wollen schon schließen!“
Benar hat nicht übertrieben. Das Eis schmeckt wunderbar, doch ich zittere am ganzen Leib, weil die Nacht zunehmend kälter wird.
Benar besorgt eine Decke und legt sie um uns.
„Wenn wir uns dort auf den Stein hocken, werden wir alles gut sehen können.“ Er zeigt über die Burg auf die drei kreisrunden Monde Mara, Selênê und Ay. Es sieht aus, als würden sie sich schon berühren, so langsam verschmelzen sie miteinander. Eng zusammengerückt sitzen wir da und beobachten sie. Auch um uns herum verstummen die Geräusche, bis ich sogar das Gras im Wind rauschen höre.
Dann
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