Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
Wolf.
Ich nehme sofort eine neutrale Ich-steh-hier-nur-dumm-rum -Haltung ein, unterstreiche sie sogar noch, indem mein Unterkiefer überrascht herunterklappt.
Tora hat so große Augenringe wie ein Pandabär, da hilft auch sein Lächeln nicht mehr. Sogar Rido sieht es, lässt es sich aber nicht so deutlich anmerken.
„Und, Rido?“, fragt er. „Hast du es geschafft, Nadine von ihrem Plan abzuhalten?“
„Nein!“, knurrt der Wolf und seine Wut ist echt.
Tora lacht nur, während ich eine Schnute ziehe. „Dann beiße ich mir ja nicht allein die Zähne aus! Einen wunderschönen Tag euch beiden!“
Er geht – und mit ihm das schöne Gefühl, das ich heute Morgen noch gespürt hatte. Etwas ist geschehen, das spüre ich, als ich Toras Gesicht gesehen habe. Er hat sich bemüht, natürlich zu klingen, aber auf seinen Schultern lastet ein gewaltiger Felsen.
„Er vermutet die Schuld bei sich, die Spione auf den Welten nicht ausreichend unterstützt zu haben.“ Rido sieht ihm ebenfalls mit gerunzelter Stirn hinterher, bis er aus dem Reitstall verschwunden ist.
„Aber der Rat hat abgestimmt! Ich bin dabei gewesen. Er konnte nicht anders handeln!“
„Er zweifelt an sich. Seine Argumente hätten besser ausgearbeitet werden müssen. Er arbeitet bis spät in die Nacht hinein und früh am Morgen ist er einer der Ersten, die aufstehen.“
„Und wie siehst du das alles, Rido? Wer sind die Bösen in diesem Krieg?“
„Eine Meinung ist mir nicht gestattet.“
„Ich hab dir ein Herz gegeben“, flüstere ich und bohre meinen Finger in seine Brust. „Und das Herz muss sprechen, nicht dein Roboterhirn!“
Er senkt seine Augenlider für eine Sekunde. „Es gibt keine Bösen …“
Ich starre ihn an, als er das sagt, und kann es nicht fassen.
„Keine?“, hauche ich. „Bist du dir da sicher?“
Rido nickt nur, sein Gesicht bleibt ernst.
„Das glaub ich nicht! Wir müssen hier raus, Rido! Ich will nach Labaido! Ich muss es wissen!“
„Tora hat mich von deinem Plan unterrichtet. Er hat angeordnet, dich zu beobachten und gegebenenfalls an der Ausführung zu hindern!“
Erschrocken reiße ich die Augen auf. „Das tust du aber nicht, oder?“
Er schüttelt den Kopf. „Aber jetzt kann ich dich besser unterstützen, da meine Anwesenheit im Dorf der Schlangen akzeptiert ist. Die Grenzen des Tals werden ab sofort bei meinen Beobachtungen an vorderster Stelle stehen. Bisher musste ich mich einer Betäubung unterziehen, wenn ich es verlassen habe.“
Ich lache laut. „Dich kann man betäuben?“
Darüber scheint sich Rido zu ärgern. „Nur kurz. Deshalb ist mir das Geheimnis nicht bekannt. Es wird schwer sein, es herauszufinden.“
„Du wirst es schaffen. Und ich muss jetzt los!“
Ich sehe Rido eine gute Woche nicht. Wenn er auf mich aufpasst, dann so, dass ich nichts davon mitbekomme. Das ist auch ziemlich leicht, denn beim Training muss ich alle meine Sinne auf das Geforderte richten, damit es nicht in einer Katastrophe endet.
Als Benar mich eines Nachts an unserer gemeinsamen Lieblingsstelle etwas fragt, komme ich regelrecht in eine Zwickmühle.
„Tora lädt uns ein“, sagt er vergnügt. „Ich habe ihm berichtet, was du in der Nacht der Vereinigung gesagt hast!“ Als ich mir erschrocken die Hand auf den Mund patschte, fährt er fort: „Du hast gemeint, Großvater hätte ihm in den Hintern getreten!“
Ich halte die Luft an. „Das hast du ihm gesagt?“
„Ja. Zuerst ist er sauer geworden, aber dann hat er plötzlich gesagt, dass wir morgen zu den Wasserfällen aufbrechen. Zwei Tage werden wir unterwegs sein. Er reitet aber nur dann dorthin, wenn wir beide mitkommen …“
„Das ist Erpressung!“, rufe ich aus.
Benar sieht mich traurig an. „Ich würde die Wasserfälle gern noch einmal sehen. Die Natur dort ist unvergleichlich schön.“
„Dagegen sag ich ja gar nichts, aber Tora soll mit seiner Familie zusammen sein und nicht mit einem Kotzbrocken wie mir!“
Benar greift nach meiner Hand. „Er mag dich.“
„Ach – und das weißt du?“
„Das weiß die ganze Stadt. Nur du nicht.“
„Ich hab ihm nur Scherereien gemacht“, murmele ich. „Da kann ich das wohl kaum annehmen …“
„Und? Kommst du mit?“
„Morgen früh schon?“
Ich denke an die Schlangenmenschen, die alleine den Berg hinaufhetzen müssten. Ich denke an Tako, der zwei Tage Zeit hätte, sich etwas Gemeines zur Strafe einfallen zu lassen. Und ich denke an den riesigen Tellerberg, der heranwachsen
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