Verflucht, gehängt und doch lebendig
schneller, ohne daß er es beeinflussen konnte, und er ließ Fletcher, der sich auskannte, den Vortritt.
Es gab kein Licht mehr. Wenigstens nicht in diesem Bereich. An einigen Orten war es anders. Da hatte man extra für die geldbringenden Touristen neue Leitungen gelegt.
»Wo sind wir denn hier, Dean?«
»Im Eingangsbereich.« Fletcher deutete in die Runde. »Hier haben wir die Leute in Empfang genommen. Hier bekamen sie auch ihr neues Outfit.«
Gift kicherte. »Outfit ist gut, wirklich.« Er deutete auf eine breite Tür. »Wo geht es da hin?«
»In den Bauch.«
»Dann laß uns mal gehen.«
Fletcher öffnete die Tür. Sie befanden sich noch im Parterrebereich. Ein altes Werbeplakat klebte noch an der Wand. Es zeigte einen Mann, der genüßlich an einer Zigarette zog. Das Plakat hing dicht neben der Tür, als sollte es den Gefangenen noch einen letzten Gruß aus dem Leben senden, das für sie vorbei war.
Eisentreppen. Türen. Gänge. Ein gewaltiges Treppenhaus öffnete sich dem Besucher. Gänge in den verschiedenen Etagen. Alles war düster und still. Zwei Vögel, die sich verflogen und durch ein zerbrochenes Fenster Einlaß gefunden hatten, hockten wie Statuen auf einem Geländer.
Der Reporter hatte sich zur Seite bewegt. Er schoß ein Bild nach dem anderen. Er legte sich sogar auf den schmutzigen Boden, um etwas von der Höhe aufs Bild zu bannen.
Dean Fletcher schaute zu und blickte sich um. Das bedrückende Gefühl war bei ihm noch nicht gewichen. Nach wie vor lag es in seinem Körper wie ein dicker Klumpen, der allerdings noch an Größe zunahm. Hier irgendwo hielt sich Darkman versteckt. Das konnte er zwar nicht beweisen, aber er wußte es.
»Gehen wir hoch, Dean?«
Fletcher nickte.
Robin stieß ihm die Faust in den Rücken. »He, warum bist du so schweigsam?«
»Die Erinnerungen, Robin, nur sie.«
»Kann ich verstehen. Mal eine Frage. Hat dieser Darkman eigentlich die ganze Zeit über in der Todeszelle gesessen?«
Auf der dritten Stufe drehte sich Fletcher um. »Nein, nur in den letzten beiden Wochen.«
Der Reporter deutete in die Höhe. »Und die Zelle da oben, wo wir hinwollen?«
»Da hat er vorher gehaust.«
»Die will ich nicht sehen. Mir kommt es auf die Todeszelle an und auf den Galgen.«
»Dann können wir unten bleiben.«
»Sehr gut.«
Fletcher kam wieder zurück und schlug einen anderen Weg ein. Die beiden Männer gingen hintereinander und hielten sich immer dicht an der Wand. Sie war schmutzig, beschmiert und stank an manchen Stellen nach Urin. Zoten waren dort aufgeschrieben worden. Sprüche, die von einem gewaltigen Frust zeugten.
Je tiefer sie in das Zuchthaus eindrangen, um so düsterer wurde es.
Eine muffige Vorhalle, wie einer der Wärter einmal gesagt hatte. Dean erinnerte sich wieder an den Spruch und fand ihn treffender als sonst.
Blitze rissen die graue Düsternis auf. Robin Gift schoß Foto auf Foto.
Zwischendurch hatte er den Film gewechselt. Da sich der Mann hinter Fletcher aufhielt, wurde dieser auch nicht geblendet.
Er ging weiter. Vor einer Tür blieb er stehen. Er deutete auf das Metall.
»Dahinter liegt der Todestrakt.«
Robin schlich herbei. Seine Augen wieselten wieder. »Gibt es da auch Licht?«
»Ja, eine Notbeleuchtung.«
»Für die Gaffer, nicht?«
»Ja.«
»Mach auf.«
Fletcher öffnete. Die Luft war kaum schlechter als die zuvor. Aber es war zu sehen, daß Menschen diesen Gang schon öfter betreten hatten, weil so einiges an Abfall auf dem Boden lag. Zigarettenkippen lagen zwischen den Schachteln und weggeworfenem Papier. Auch Dosen rosteten vor sich hin, und selbst durch die offenen Zellentüren hatten die Leute ihren Dreck geworfen.
»Das sind die Zellen«, sagte Fletcher.
»Und wo hauste Darkman?«
»Komm mit!« Dean ging vor bis zur zweitletzten Tür an der linken Seite.
Sie war zu, im Gegensatz zu den anderen. Als Fletcher das sah, fühlte er sich wie von einem Stromstoß erwischt. Er wurde auch blaß.
»Was hast du?« fragte Robin, dem es aufgefallen war.
»Die Tür ist geschlossen.«
»Na und?«
»Andere sind offen.«
Gifts Augen weiteten sich. »Aaahhh, ich verstehe. Du meinst also, daß dieser Knabe schon in seiner Zelle war und beim Verlassen die Tür hinter sich zugezogen hat.«
»Das könnte so gewesen sein.«
»Dann laß uns doch mal nachschauen.«
»Bitte.«
»Nein, Dean, ich nicht. Zieh du die Tür auf. Ich muß ja Fotos schießen.«
Ausrede, dachte Fletcher. Er dachte aber auch an die tausend Pfund und war
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