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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Lederhose hatte sich in einen karierten Kilt verwandelt. Dazu trug er ein Lederwams mit Fransen und rote Haare bis zum Po. Ich konnte nicht sagen, ob das nun hübscher oder hässlicher war als sein erstes Outfit.
    Schwebend trat er neben mich ans Bett. Er lief elegant und ungeschickt zugleich, so als wolle er anmutig wirken, könne aber das Gleichgewicht nicht halten. Ein besoffener Balletttänzer sozusagen. Er strauchelte und schlitterte fluchend gegen den Metallständer meines Tropfs.
    »Autsch!«, brüllte ich, als der Ständer ins Schwanken geriet, an die Wand krachte und mir den Venenzugang aus dem Arm riss. Nicht eine Minute später erschien die Nachtschwester in der Tür. Es war eine andere als gestern. Eine kleine, dünne, kurzhaarige Frau mit verquollenen Schlitzaugen.
    Erschrocken flitzte sie zu mir herüber. Leander drückte sich hinter den Nachttisch und presste einen kräftigen Finger gegen seinen Mund, um den gerade zahlreiche Bartstoppeln sprossen. Er machte wohl einen auf wilder Schotte.
    »Kind, was du angestellt?«, fragte die Schwester in gebrochenem Deutsch.
    »Äh, weiß nicht«, stotterte ich. »Hab wohl schlecht geträumt.« Ich zog ein zerknirschtes Gesicht. Die Schwester blickte skeptisch auf den umgekippten Tropf und meinen bandagierten Arm. Ja, es war nicht unbedingt glaubwürdig, dass ich in dieser Verfassung so ausschweifende Bewegungen machen konnte. Aber ich hatte keinen Zweifel, dass sie Leander nicht sah. Nur ich sah ihn, obwohl er immer schärfere Konturen bekam.
    »Tztztz«, machte die Schwester kopfschüttelnd und rief einen Arzt herbei, der ebenfalls tztzend den Kopf schüttelte und mir einen neuen Zugang legte. Als die Nadel meinen Arm durchstach, sank Leander seufzend in sich zusammen und kroch unter mein Bett zurück. Toller Schotte.
    »Andere Mädchen hätten jetzt geweint«, murrte Leander, nachdem der Arzt und die Schwester verschwunden waren.
    »Ich bin aber kein anderes Mädchen.«
    »Ja. Das weiß ich«, entgegnete Leander spitz und hievte sich unsicher am Bettrahmen hoch. »Boah, ist das behämmert mit diesem Körperdings. Erdanziehungskraft. Pah. Kein Wunder, dass ihr nicht fliegen könnt.«
    Ich verstand kein Wort. Er hangelte sich ans Fußende und kam dort breitbeinig zum Sitzen. Ich war froh, dass der Schottenrock sich inzwischen in eine karierte Hose verwandelt hatte. Sah zwar lachhaft aus, war jedoch blickdichter.
    »Okay, einen Versuch können wir uns sparen«, fuhr er fort und strich versonnen durch seine langen Haare. »Sie sehen mich nicht. Die anderen sehen mich nicht. Ein Hoffnungsschimmer.«
    »Finde ich nicht«, gab ich kühl zurück. Es hätte vieles, ja, eigentlich alles leichter gemacht, wenn alle Leander hätten sehen können. Aber nein, nur Luzie Morgenroth sah ihn. »Jetzt rede schon, ich würde gern noch ein bisschen schlafen.«
    »Du musst mich berühren«, forderte Leander gebieterisch. Die Bartstoppeln verschwanden und sein Kinn bekam ein tiefes Grübchen.
    »Ich muss was?«, fragte ich entgeistert.
    »Mich berühren! Anfassen. Kartoffeln auf den Ohren?«
    »Und warum?«
    »Wolltest du nicht noch ein bisschen schlafen, Luzie?«
    »Woher kennst du meinen Namen?«
    »Gut, du willst also nicht mehr schlafen«, zischelte er. »In Ordnung. Luzie Marlene Morgenroth, geboren am 1. April – hahaha, wirklich lustig – 1996, keine Geschwister, Mutter Diskuswerferin und Turntrainerin, Vater Bestatter«, er verzog angewidert das Gesicht, während seine Haare schrumpften und sich in einen gestreiften Iro verwandelten, »alle Kinderkrankheiten, Mumps sogar zweimal, 1,58 Meter groß, 43 Kilogramm schwer, ein Leberfleck auf dem Hintern, genauer gesagt auf der linken …«
    »Stopp!«, brüllte ich und schlug mir im gleichen Moment die Hand auf den Mund. Ich lauschte. Doch es näherten sich keine Schritte. Alles blieb still. Bis auf Leander, dessen Stimme immer klarer und deutlicher durch das Zimmer schallte.
    »Lieblingsklamotten: Cargohosen, T-Shirts, labberige Jeans, Kapuzenpullis«, fuhr Leander gelangweilt fort, »Lieblingsfarben leider Grau, Schwarz und an besonders fröhlichen Tagen Dunkelblau, macht jeden Abend dreißig bis fünfzig Sit-ups, wenn ich ihr nicht gerade eine Erkältung schicke, was völlig sinnlos ist, weil Luzie Morgenroth sich ja auch mit Schnupfen und beginnender Lungenentzündung versucht umzubringen; wollte bis zum Gymnasium lieber ein Junge sein, dann traf sie diesen Guiseppe«, Leander rümpfte die Nase, »und fand es plötzlich doch

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