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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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sich auf den Tisch. Ob der Film von meinem Run noch abgespeichert war? Wenn ja, musste ich ihn bei der passenden Gelegenheit löschen. Nachdem ich ihn mir ganz genau angesehen hatte.
    »Hättest ja ruhig früher vorbeikommen können«, motzte ich.
    »Serdan und Billy waren doch da und haben nach dir gesehen. Reicht dir das nicht? Außerdem musste ich zu Hause …«
    »… Pizzakartons falten«, vollendete ich seinen Satz. »Klar.«
    Seppo rutschte unruhig hin und her.
    »Du, Luzie …«
    »Ja?« Irgendetwas wollte der mir doch sagen. Hatten sie etwa beschlossen, dass sie nicht mehr mit mir trainieren wollten? Weil ich schon wieder gestürzt war?
    »David Belle kommt in die Stadt.«
    »Was!?« Ich schnappte nach Luft und bereute es im gleichen Augenblick. Meine Schulter tat immer noch verteufelt weh. Aber ich schob den Schmerz weg. David kam in die Stadt. David Belle, der Erfinder des Parkour. Ich kannte seine Videos und Filme auswendig. All seine Runs und Moves und Styles. Ich betete ihn an.
    »Ja.« Guiseppe grinste. »Er gibt einen Workshop im Sportzentrum und will neue Talente kennenlernen. Und ich – ich hab ihm gestern – also … Hm.«
    »Was? Seppo, spann mich nicht auf die Folter …«
    »Ich hab ihm dein Video geschickt. Ich meine, wir wissen alle, dass ich besser bin, viel besser, aber du bist ein Mädchen und erst dreizehn, das lockt ihn sicher an, schließlich gibt’s nur wenige Mädchen, die Parkour machen, und wenn er dann zu uns kommt, können wir mit ihm trainieren und ihm unsere Runs zeigen – falls du wieder gesund bist natürlich. Wenn nicht, trainieren wir Jungs halt mit ihm.«
    »Ich werde gesund sein!«, rief ich. Und begriff erst dann, was Seppo eigentlich gesagt hatte. »Welches Video?«, setzte ich verwirrt hinterher. Wir hatten doch noch gar kein Video von mir gedreht. Jedenfalls kein gutes. Oder … »Oh nein. Seppo. Nein, das hast du nicht getan …«
    »Hey, ganz cool bleiben. Ich hab den Schluss rausgeschnitten und außerdem Musik druntergelegt. Man sieht nicht, dass du stürzt. Es endet kurz vor dem Farbeimer.«
    »Du hast den Farbeimer gelöscht?«
    »Ja, klar«, erwiderte Seppo verwundert. »Oder wolltest du dir das Desaster noch einmal anschauen?«
    Verdammt. Ja, das wollte ich – bestimmt nicht, um meine eigene Blamage anzuschauen. Aber um zu überprüfen, ob ich die Gestalt erkennen würde. Ich erinnerte mich nämlich wieder an meinen Sturz. Als die Farbe in die Luft schoss, hatte ich diesen blaudurchsichtigen Schatten das erste Mal gesehen. Und die gläserne Stimme gehört.
    »Nein, natürlich nicht«, log ich, konnte meine Enttäuschung aber kaum verbergen. »Ich, äh, dachte nur, ich könnte vielleicht aus meinen Fehlern lernen, wenn ich mir das ansehe.«
    »Das wäre ja mal ganz was Neues«, grinste Guiseppe. »Ohne den Farbeimer sieht es jedenfalls besser aus. Hier, schau es dir an.«
    Er warf mir das Handy auf die Bettdecke. Ich spielte das Video ab. Oh Mann, ich war wirklich nicht schlecht gewesen. Der Sprung auf das Dach – astrein. Der Sprint zur Lampe ebenfalls. Und wie ich auf der schwankenden Lampe balancierte, sah einfach genial aus. Ob David das auch denken würde? Ob er kommen würde?
    »Vielleicht lädt er uns sogar nach Paris ein«, sagte Seppo sehnsüchtig. Ich seufzte. Oh, das wäre es. Guiseppe und ich auf den Dächern von Paris. Mit David Belle. Und abends, wenn David schlafen ging – der ging bestimmt früh schlafen, er war ja schon über dreißig, obwohl er nicht so alt aussah –, würden Seppo und ich ohne die anderen beiden weitertrainieren. Bei Mondschein. Oder bei einem Sommergewitter. Bei Sturm. Egal. Von mir aus bei Regen und Hagel.
    »Krieg ich es wieder zurück?«, fragte Seppo und deutete auf das Handy. Warum kam er nicht zu mir rüber und holte es? Ich litt doch nicht an einer ansteckenden Krankheit. Ich hätte es gern an die Wand geworfen. Doch mein Video durfte nicht kaputtgehen. Also zielte ich auf seine Hände. Er fing es geschickt auf, tippte sich an die Stirn und ging ohne ein Wort aus dem Zimmer.
    »Blödmann«, knurrte ich, wickelte mich in meine Decke ein und träumte von Paris.

Verflucht und verdammt
    In der letzten Nacht im Krankenhaus durfte ich das erste Mal seit dem Unfall ganz normal schlafen. Ohne geisterhafte Dramen. Am nächsten Morgen holte Mama mich mit dem Leichenwagen ab, weil ihr uralter Alfa Romeo in der Werkstatt war, und fuhr mich nach Hause, um mich gleich wieder allein zu lassen. Sie musste zum Training ins

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