Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
Beweisstücke. Eine schwarze Strickmütze, schwarze Handschuhe und ein grauer Arbeitsoverall.«
»Wenn Sie nichts gefunden haben, wird mein Mann die Sachen wohl weggeworfen haben.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Das wichtigste Beweisstück, die Tatwaffe, behält er, und weniger wichtige wirft er weg. Das passt einfach nicht zusammen. Oder haben Sie eine Erklärung dafür?«
Sie ging an ihm vorbei in die Küche, nahm den Beschluss vom Tisch, las ihn aufmerksam und setzte sich. Dühnfort, der ihr gefolgt war, zog einen Stuhl heran und nahm ihr gegenüber Platz. Sollte er sie ohne Beweise mit seinem Verdacht konfrontieren? Einen Augenblick war er unentschlossen.
Sie legte den Beschluss beiseite. »Ich nehme an, dass Stefan unseren nächsten Besuch bei meinem Vater nutzen wollte, um die Ruger zurückzulegen. Das wäre wohl die beste Möglichkeit gewesen, sie loszuwerden.«
Sie sah dabei an ihm vorbei, zum Fenster hinaus in den Garten. Dass sie ihm auswich, gab den Ausschlag.
»Ihr Vater war hauptberuflich Förster und Jäger?«
»Ja, das ist richtig. Ich bin in einem Forsthaus aufgewachsen. Eine Kindheit als Bilderbuchidylle.« Sie begann zu erzählen, von grenzenlosen Wäldern, durch die sie als Kind mit ihrem Vater streifte, von Fuchsbauten, die er ihr zeigte, und wie er ihr beibrachte, ein Rehkitz aufzupäppeln, dessen Mutter ein Wilderer geschossen hatte.
Er unterbrach sie. »Hat Ihr Vater Ihnen auch beigebracht, mit einer Waffe umzugehen?«
Ihre Schultern versteiften sich unwillkürlich. Sie verschränkte die Hände und legte sie in einer abwehrenden Geste vor sich auf den Tisch. »Ja, natürlich. Ich war ein Einzelkind. Wenn ich einen Bruder gehabt hätte, wäre das vielleicht anders gewesen. Aber so hat er mich unterrichtet.«
Dühnfort zog das Foto aus der Tasche und legte es auf den Tisch. »Ist das die Ruger, mit der Sie da schießen?«
Sie streifte das Bild mit einem Blick. »Ja. Das ist sie. Ich kann schießen. Sehr gut sogar. Warum haben Sie überhaupt gefragt, wenn Sie es ohnehin schon wussten?«
Er antwortete nicht, ließ ihr Zeit, selbst darauf zu kommen.
»Ach, Sie wollten mich testen, sehen, ob ich Sie anlüge. Warum? Glauben Sie am Ende, ich hätte Daniel erschossen?« Fragend blieb ihre Hand eine Sekunde in der Luft hängen, als wollte sie die Ungeheuerlichkeit dieser Unterstellung unterstreichen.
»Ja. Das glaube ich.«
Sie hielt seinem Blick nicht stand. »Das ist unglaublich. Mein Mann hat sich umgebracht …« Sie schluckte. »Warum hätte er das tun sollen, wenn er es nicht war?«
»Aus zwei Gründen. Zum einen, um Sie zu schützen. Er muss Sie sehr geliebt haben. Und zweitens, weil er sich als Versager gefühlt hat, als er entdeckt hat, was Sie getan haben. Das wäre seine Aufgabe gewesen, als Mann und Vater, als Beschützer seiner Familie. Er hat Sie im Stich gelassen. Er war ein Schwächling. Und Sie waren stark, haben die Dinge geregelt wie ein Mann, und das hat er nicht verkraftet.«
»Blödsinn«, brachte sie mühsam hervor.
Er hatte also voll ins Schwarze getroffen. Obwohl ihm diese Gedankenwelt absolut fremd war. Wo lebten sie denn? In den USA, wo jeder jeden auf Verdacht hin abknallen konnte, wo ein Menschenleben nichts galt? Wo jeder eine Waffe mit sich rumschleppte. Wo Strafe immer auch Rache bedeutete?
Marlis Schäfer fing sich sofort wieder. Ihre Stimme wurde fest. »Ich habe Daniel nicht erschossen. Für Stefan gab es also nichts zu entdecken.«
»Doch. Vorgestern Nachmittag hat Ihr Mann den Aushub im Garten gemacht und irgendwann bemerkt, dass sich die Sohle von seinem Arbeitsschuh löste. Er ging in den Keller, um sie anzukleben, allerdings war der Kleber eingetrocknet. Er brauchte ein anderes Paar und suchte nach den Wanderschuhen. Die standen im Schrank mit den Wintersachen. Sie haben einen Fehler gemacht. Sie dachten, vor dem Herbst gäbe es keinen Grund, diese Schranktür zu öffnen. Irrtum. Und dabei ist Ihrem Mann ein Tuch aufgefallen, in das etwas eingewickelt war. Neugierig hat er nachgesehen und plötzlich die Ruger in der Hand gehalten. Vielleicht hat er eine Weile gebraucht, um zu verstehen, was das bedeutete. Ich nehme aber an, dass es ihm sofort klar war. Sie haben Daniel Ohlsberg erschossen, weil Sie ihn für Sascha hielten. Warum, Frau Schäfer? Warum?«
»Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, dass ich nicht einmal eine Vermutung habe, wie Stefan auf die Idee gekommen ist, Daniel sei Sascha.«
»Nicht er. Sie haben diesen schrecklichen
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