Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
mit ihr auskommen. Zu diesem Schluss war er schließlich gelangt. Sein Deal mit Gott war lächerlich und peinlich, unreifes Kinderdenken, für das er sich jetzt fast schämte.
Er erreichte die vierte Etage. Puls nur leicht erhöht. Super Kondition. Evi öffnete, kurz nachdem er geklingelt hatte.
Wow! Audrey Hepburn in Frühstück bei Tiffany . Allerdings in Farbe und nicht Schwarzweiß. Korallenrotes Etuikleid, mit U-Boot-Ausschnitt, das eine Handbreit über dem Knie endete. Wahnsinnsbeine hatte sie schon seit eh und je. Sanft geschwungene Waden, schmale Fesseln. Die steckten allerdings völlig ungewohnterweise nicht in flachen Schuhen, sondern in Peeptoes mit einem waghalsigen Absatz.
»Du siehst klasse aus.«
»Danke.«
»Papa, darf ich die mitnehmen?« Simon kam in den Flur. Die Inlineskates in den Händen.
»Das möchte ich sehen, wie du damit auf dem Wasser fährst.«
»Ach so. Dann aber den Schnorchel und die Taucherbrille.« Simon verschwand in seinem Zimmer.
Erst jetzt fiel Alois auf, dass Evi geschminkt war. Kam eher selten vor. Und die Haare waren auch anders. Der rausgewachsene schulterlange Allerweltsschnitt war auf Kinnlänge gekürzt, die Haare glänzten dunkel und dufteten wie die Rosen an der Hauswand seiner Oma, wenn an einem glutheißen Sommertag der Wind durchstrich.
»Du siehst wirklich toll aus. Echt der Wahnsinn. Aber bist du sicher, dass das das richtige Outfit fürs Segeln ist?«
»Fürs Segeln nicht. Aber für ein festliches Mittagessen mit anschließender Ausstellungseröffnung. Ich komm ned mit, Lois.« Ein leises Bedauern schwang im letzten Satz. Doch das ignorierte er.
Okay. Gut. Sie hatte ein Date. Mit diesem Affen. Konnte ihm egal sein. Ging ihn gar nichts an. Das war ihre Sache. Sie würde schon dahinterkommen, dass die Koryphäe nichts für sie war. Der passte einfach nicht zu ihr. Auch wenn sie jetzt auf Lady machte, sie war die Evi aus Regensburg. Die Evi, die mit ihm in die Schule gegangen war. Die Evi, mit der er in einer lauen Frühlingsnacht auf den Donauwiesen den Simon gezeugt hatte. Seinen und ihren Sohn. Dieser Wichtigtuer würde nie schätzen können, was die Evi ausmachte und was ihn eigentlich bisher an ihr gestört hatte, dieses unglamouröse Bodenständige. Plötzlich schien es ihm verlockend.
»Und der Dino muss auch mit.« Mit dem aufgeblasenen Dinosaurier-Schwimmreifen kam Simon wieder aus seinem Zimmer.
»Gut, der kommt auf den Beifahrersitz. Angeschnallt«, sagte Alois. »Sonst kriegen wir Ärger mit der Polizei.«
96
Dühnfort stand in der Küche. Die Tür zum Balkon war geöffnet. Vom Friedhof klang das Zwitschern der Vögel herein und das leise Rauschen der Blätter im Wind. Eine gleichmäßige Brise wehte. Ideales Segelwetter.
Das Grillfleisch lag seit gestern in der Marinade. Er nahm die Tupperdose aus dem Kühlschrank und hob den Deckel an. Der Duft von Knoblauch, Rosmarin, Thymian und Zitrone stieg ihm in die Nase. Er entfernte den Rosmarinzweig und die Streifen Zitronenschale und warf sie in den Müll.
Gina machte noch den Kartoffelsalat an, und dann war es langsam Zeit loszufahren.
Das Handy begann zu klingeln. Er suchte danach und fand es auf der Ablage im Flur. Bitte nicht Berentz, dachte er. Bitte kein neuer Fall. Er musste den gerade erst abgeschlossenen verdauen. Wenn er daran dachte, stiegen Wut und Unverständnis in ihm auf und eine nie gekannte Trauer. Er wusste, wozu Menschen fähig waren, was sie sich antaten aus Verblendung, aus Neid und Habgier, aus Rachsucht und oft im Namen der Liebe. Er hatte alles gesehen, alles erlebt. Das hatte er bis vor ein paar Tagen geglaubt. Doch dieser Todesreigen, den eine Mutter in Gang gesetzt hatte, indem sie eine Grenze überschritt, die sie niemals hätte überschreiten dürfen, war für ihn unfassbar neu.
Das Handy surrte noch immer. Kirsten meldete sich. Sie fragte, ob es in Ordnung wäre, wenn sie noch jemanden zum Segeln mitbrachte. »Aber sicher. Kein Problem. Auf dem Boot ist Platz genug. Darf ich raten?« Im selben Moment, als er das sagte, fürchtete er, er könnte sich zu weit aus dem Fenster gelehnt haben, zu voreilig sein. Doch eigentlich war es in den letzten Tagen ganz offensichtlich gewesen.
»Du bist ein guter Beobachter, wirst also nicht raten müssen«, meinte sie. »Natürlich reden wir von Christoph. Und danke für die Einladung.«
Gina kam in den Flur. »Kirsten kommt in Begleitung?«
»Rate mal.«
»Hm? Alois ganz sicher nicht.« Ihre Stirn schob sich in Falten
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