Verfluchte Seelen
Stahlschellen?«, fragte Bastien die beiden Männer.
Seth rammte sein Opfer gegen die Wand. »Antworten Sie ihm.«
Der Mann presste die Lippen aufeinander.
Seth bedachte ihn mit einem unheilvollen Lächeln.
Jetzt versuchte der Kerl nicht mehr, Seth’ Hand von seiner Kehle wegzuziehen, sondern griff sich stattdessen an den Kopf. Schmerz zeichnete sein Gesicht.
Seth drehte sich zu Melanie um. »An der Unterseite des Tisches sind mehrere Knöpfe, mit denen man die Schellen öffnen und schließen kann.«
Bastien fand die Knöpfe und drückte sie.
»Alles wird gut, Cliff«, flüsterte sie. »Wir bringen dich nach Hause.«
Bastien nahm den jungen Vampir auf die Arme. Während Melanie vorausging zum Flur, sah Bastien auf seinen Freund hinunter.
Cliffs Augenlider hoben sich ein ganz klein wenig. Gerade genug, dass seine schläfrigen, leuchtenden Augen sichtbar wurden, die ihn anstarrten, ohne ihn zu erkennen.
In seinen Augen glitzerte Wahnsinn.
Dann verlor der Vampir wieder das Bewusstsein.
Bastien schluckte schwer und kämpfte gegen die Trauer und die Angst an, die in ihm aufstiegen. Der Wahnsinn konnte Cliff noch nicht bezwungen haben – dafür war es noch zu früh. Sie brauchten mehr Zeit. Und hätten sie auch gehabt, wenn er nicht gefoltert worden wäre.
Aufgebracht drehte sich Bastien zu Seth herum.
Wir kriegen das schon hin
, versprach ihm Seth, in dessen hellgolden leuchtenden Augen Anteilnahme lag.
Bastien nickte und folgte Melanie hinaus in den Flur.
Seth wirbelte herum und knallte Emrys mit dem Rücken zuerst so heftig auf den Stahltisch, dass ihm die Luft aus der Lunge gedrückt wurde.
Emrys stieß einen Schrei aus.
David machte eine Geste. Die Stahlringe schlossen sich um die Arme und Beine ihres Feinds.
»Ich werde euch reich machen!«, kreischte Emrys. »Ich sorge dafür, dass wir alle steinreich werden!«
Seth’ Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das selbst Bastien erschaudern ließ. »Und ich sorge dafür, dass Sie vor Schmerz schreien.«
Der Mann fing an, um Hilfe zu rufen.
Aber niemand würde kommen.
Ami trat an den OP-Tisch.
Bevor sich die Tür wie von Geisterhand schloss, sah Bastien, wie sie die Hand nach dem Skalpell ausstreckte.
»Dr. Lipton.«
Melanie wandte sich von der Tür ab, hinter der laute Schreie gellten.
Die drei französischen Unsterblichen musterten sie mit ernsten Gesichtern.
»Melanie«, korrigierte sie mechanisch. Sie hatte immer noch Schmerzen und war verstört von den Ereignissen der Nacht.
»Wir haben Joe gefunden«, erklärte Richart. Sein sanfter Tonfall warnte sie vor dem, was er als Nächstes sagen würde.
Lisette machte einen Schritt auf sie zu und berührte sie am Arm. »Er ist bewusstlos. Aber … der Wahnsinn hat die Kontrolle über seine Gedanken übernommen.«
Étienne nickte voller Anteilnahme. »Nichts als die Rasereien eines Wahnsinnigen.«
Melanie starrte durch sie hindurch. Sie konnte das nicht. All dieser Schmerz und Tod um sie herum …
Den Gedanken, Joe in dieser Nacht zu verlieren, ertrug sie einfach nicht. Sie konnte nicht ruhig danebenstehen, während Bastien sein Langschwert zog und ausholte. Konnte nicht mit ansehen, wie sein Kopf von seinem Körper getrennt wurde und zu Boden fiel. Zusehen, wie sein Körper in sich zusammenschrumpfte, bis nichts mehr von ihm übrig blieb.
Tränen traten ihr in die Augen und liefen ihr über die Wangen, als sie sich zu Bastien umdrehte. Sie schüttelte den Kopf. »Bitte … nicht heute Nacht. Nicht hier. Nicht … so. Nicht, ohne wenigstens versucht zu haben, ihn zurückzuholen. Bitte.«
Seine Augen leuchteten in einem durchdringenden Bernsteinton, der die Feuchtigkeit, die in seinen Augen glitzerte, noch betonte. Die Vampire waren seine Freunde. Sie wusste, dass sie es ihm noch schwerer machte, indem sie ihn darum bat, das Unvermeidliche hinauszuschieben, aber …
Die Erleichterung, die sie durchströmte, als er zustimmend nickte, ließ ihre Knie weich werden. Fast wäre sie zu Boden gegangen.
Die Geschwister deuteten auf eine Tür am Ende des Flurs.
Melanie hinkte zu der Tür und betrat das Zimmer.
Joe lag reglos auf einem Stahltisch, identisch mit dem, auf dem Cliff gelegen hatte. Die Stahlringe, mit denen Arme, Beine und Kopf fixiert waren, waren voller Blut, das von seinen Befreiungsbemühungen und den Wunden herrührte, die ihm seine Folterknechte zugefügt hatten. Sein Brustkorb hob und senkte sich unter schnellen Atemstößen.
Als Melanie neben ihn trat, öffnete er die
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