Verfolgt im Mondlicht
Burnett leicht ungehalten.
Als ob Kylie das nicht auch wüsste. »Zu schade, dass Geister in der Regel nicht sehr kooperativ sind.«
»Wenn sie mal wieder vorbeikommt, kannst du sie fragen, ob … sie mal mit mir reden würde?«
»Bist du dir sicher?« Nach seiner Reaktion auf die letzte Geistersache war sich Kylie das nämlich nicht.
»Verdammt, nein. Aber ich würde alles tun, um Holiday zu helfen.« Am anderen Ende der Leitung wurde es wieder still. »Bevor ich es vergesse, Derek wird dich morgen früh um sechs Uhr an deiner Hütte abholen und dich zum Büro bringen. Wir wollen zu dem Café fahren … Vielleicht finden wir ja was über Cara M. heraus. Ich hab es überprüft, es ist niemand mit dem Namen als vermisst gemeldet. Bist du dir sicher, dass du das Namensschild richtig gelesen hast?«
»Ja, ich hab es ein paarmal gesehen.«
»Okay. Wir fahren morgen früh einfach mal hin. Danach müssen wir uns beeilen, dass wir rechtzeitig wieder da sind, bevor die Eltern hier eintrudeln.«
O super, dachte Kylie. Sie hatte schon fast wieder vergessen, dass das schon morgen war.
Als Kylie aufgelegt hatte, hörte sie ein leises Klopfen an ihrem Fenster. Sie dachte gleich an den Eichelhäher, war dann aber umso erfreuter, als Lucas die Fensterscheibe aufschob.
»Warum könnt ihr nicht einfach die Tür benutzen?«, rief Della aus dem Wohnzimmer.
»Weil ich nicht hier bin, um dich zu sehen«, rief Lucas zurück und lächelte Kylie an.
Das verbesserte schlagartig ihre miese Laune. Er kam zu ihr, setzte sich auf die Bettkante und beugte sich dann zu ihr runter, um ihr einen Kuss zu geben. Es war ein warmer, zärtlicher Kuss, der absichtlich kurz ausfiel, wie sie annahm.
»Ich kann nicht lang bleiben.« Sein Blick hing an ihren Lippen. »Auch wenn ich gern würde.«
»Was ist denn los?«
»Mein Dad hat mich wieder zu sich gerufen.«
Ihre Laune verschlechterte sich sofort wieder. »Ich mag deinen Dad nicht«, maulte Kylie und fühlte sich sofort schlecht deswegen. »Sorry, ich wollte nicht …«
Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. »Ich mag ihn auch nicht sonderlich.« Dann lächelte er. »Ich muss weg, aber … vielleicht kannst du ja später von mir träumen.« Er zwinkerte ihr schelmisch zu.
Sie seufzte missmutig. »Das hab ich letzte Nacht schon versucht, und es hat nicht geklappt. Ich glaub, es liegt daran, dass ich ein Vampir bin.«
Er zog die Augenbrauen zusammen. »Ich wusste, dass das Vampir-Sein am ätzendsten sein würde.«
Kylie verdrehte die Augen.
»Das hab ich gehört«, rief Della.
»Kannst du das auch hören?« Lucas zeigte ihr den Mittelfinger in Richtung Tür.
Kylie riss ihm den Arm runter. »Fang ja nicht an damit«, murmelte sie Lucas zu und rief dann laut: »Geh doch schlafen, Della.«
Lucas atmete hörbar aus. »Ich muss gehen.« Er beugte sich noch mal zu Kylie runter und küsste sie zum Abschied.
Der Kuss war das Letzte, an das Kylie dachte, bevor der Schlaf sie davontrug. Sie versuchte wieder zu traumwandeln, aber es funktionierte nicht. Stattdessen träumte sie einfach so. Sie träumte davon, wie es sein könnte, wenn sie endlich alles über sich und ihre Art wüsste. Und sie träumte davon, dass Lucas frei war und nicht länger sein Rudel im Rücken hatte.
Am nächsten Morgen erwachte Kylie schon gegen vier Uhr. Das Zimmer war kalt, sie musste also Besuch haben, aber kein Geist erschien, was ziemlich unhöflich war – als würde man jemanden heimlich beobachten. »Hannah, bist du das?«
Niemand antwortete ihr, aber die Kälte fühlte sich irgendwie anders an.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Kylie wickelte sich in ihre Decke ein und setzte sich auf. War das vielleicht eins der Mädchen, mit denen Hannah begraben war, oder war es jemand Neues? Irgendwie fühlte es sich fremd an. War ihr vielleicht ein Geist vom Friedhof gefolgt? Wie immer, wenn ein neuer Geist auftauchte, war Kylie erst mal genervt.
Sie sah auf die Uhr auf ihrem Nachttisch. Nach ein paar Minuten ließ die Kälte wieder nach. Socke kam unter dem Bett hervorgekrabbelt und sprang mit einem Satz aufs Bett. Er rollte sich auf ihrem Schoß zusammen. »Du bist auch kein Fan von Geistern, oder?«
Der Kater miaute schwach in ihre Decke, als wollte er sagen: Allerdings.
Kylie zog Socke zu sich ran und machte es sich wieder in den Kissen bequem. Sie hoffte einerseits, wieder einschlafen zu können, und andererseits wollte sie gern traumwandeln. Doch sie hatte mit beidem kein Glück.
Ihre Gedanken
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