Verfolgt im Mondlicht
zu.
12. Kapitel
Der herzförmige Briefbeschwerer traf ihn am Oberkörper. Burnett sprang zurück und versuchte, den Briefbeschwerer zu fangen. Der kleine Gegenstand prallte von seiner muskulösen Brust ab und sauste davon. In der Mitte des Raums blieb er in der Luft stehen, als wäre er mit Helium gefüllt. Dann ruckelte er vorwärts, als würde er wieder auf Burnett zielen. Und wie beim ersten Mal verfehlte der Briefbeschwerer nicht sein Ziel.
Nur dieses Mal war es … viel schmerzhafter.
Direkt in den Unterleib. Oder wie Della sagen würde, seine »Jungs« hatten ganz schön was abbekommen.
»Was zur Hölle!«, stieß er atemlos hervor. Dann krümmte er sich vor Schmerzen. Das Herz wollte davonfliegen, doch dieses Mal entkam es ihm nicht. Er schnappte sich den lederbezogenen, sandgefüllten Briefbeschwerer und drückte ihn so fest, dass er platzte. Unglücklicherweise war damit der Spuk noch nicht zu Ende: Die Sandkörner, die aus Burnetts Hand in alle Richtungen spritzten, formierten sich zu einem Herz und schwebten in der Luft genau wie zuvor.
»Sagt mal, ist Miranda hier?«, knurrte Burnett, immer noch vornübergebeugt.
Kylie fiel auf, dass sie diesmal die nichtsnutzige Hexe war, also hob sie die Hand und sagte mit fester Stimme: »Stop.« Als sich nichts veränderte, fiel ihr ein, dass sie den kleinen Finger ausstrecken musste. »Stop!«
Der Sand fiel zu Boden und verteilte sich wie … na ja, wie Sand auf dem Boden eben.
Holiday, die sich unter ihren Schreibtisch geflüchtet hatte, krabbelte wieder auf ihren Stuhl. Sie setzte sich hin, sah aber noch zu geschockt aus, um ein Wort zu sagen.
Burnett richtete sich langsam wieder zu voller Größe auf.
»Verdammt!«, murmelte Holiday schließlich.
»Verdammt!«, stimmte Burnett ein.
Kylie blickte zwischen der geschockten Holiday und dem ungläubigen Vampir hin und her. Kylie hatte zunächst angenommen, sein Ausruf wäre den Schmerzen geschuldet, aber dem war nicht so. Er starrte auf ihre Stirn.
»Interessant«, meinte Holiday.
»Seltsam«, murmelte Burnett, den Blick starr auf Kylies Stirn geheftet.
»Ganz toll!«, seufzte Kylie. Der entgeisterte Gesichtsausdruck der beiden war nur ein Vorgeschmack auf das, was sie beim Frühstück erwartete. Kylie würde ein weiteres Mal für die Freakshow sorgen.
»Du bist eine Hexe«, stellte Burnett verdutzt fest.
»Sieht fast so aus«, stimmte Holiday zu.
»Nein. Ich bin ein Chamäleon.« Jedes Mal, wenn Kylie es sagte, glaubte sie es ein bisschen mehr. Es war ihr egal, dass sie Zaubersprüche umkehren und Tiere in ihre normale Form zurückverwandeln oder Herzen im Zimmer herumfliegen lassen konnte, die ausgewachsene Vampire in die Knie zwangen. Ihr Vater hatte ihr gesagt, dass sie ein Chamäleon war, und das glaubte sie ihm.
»Vielleicht bedeutet das mit dem Chamäleon ja was ganz anderes«, schlug Holiday vor. »Vielleicht hat es was mit der Protector-Sache zu tun. Wenn das so wäre, könnten deine anderen Gaben auch damit erklärt werden.« Holidays Handy klingelte. Anscheinend froh über jede Ablenkung, warf sie schnell einen Blick aufs Display. Dann sah sie Kylie vielsagend an.
»Was denn jetzt noch?«, maulte Kylie.
»Das ist … Tom Galen, dein Stiefvater.«
Na großartig, dachte Kylie. Wenn er sie so früh anrief, konnte das nichts Gutes bedeuten. Also, welches neue Unglück würde denn jetzt noch dazukommen?
»Ist hier alles in Ordnung?« Derek schoss durch die Tür zum Büro und blickte sich besorgt um. »Ich hab komische Geräusche gehört.«
»Nein«, antwortete Kylie, kurz bevor Holiday ans Telefon ging. »Genau in diesem Moment fällt mir nicht eine Sache ein, die in Ordnung ist.«
Nach dem Frühstück machten sich Kylie und Miranda auf den Weg zurück zu ihrer Hütte. Della hatte irgendein Treffen mit Burnett. Kylie durfte sich ausnahmsweise vor der Lern-deine-Campkollegen-Stunde drücken, weil sie so einen miesen Start in den Tag gehabt hatte. Außerdem wollten Holiday und Burnett mit ihr zum Wasserfall gehen, sobald Burnett mit Della geredet hatte.
»Sie mögen dich. Sie sind nur überrascht.« Miranda hatte anscheinend das Bedürfnis, sich für die anderen aus ihrer Gruppe zu entschuldigen, die das ganze Frühstück nichts anderes zu tun gehabt hatten, als unverhohlen Kylies Stirn anzustarren. »Ich meine, wir haben alle gedacht, du wärst ein Vampir oder ein Werwolf. Einige hatten auch darauf gewettet, dass du ein Gestaltwandler bist, aber niemand von uns hätte
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