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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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auspacken. Meine Mutter wickelt eine in lila Seide gekleidete Sofapuppe aus und will mir das scheußliche Ding aufschwatzen. Ich lehne dankend ab. Lauter Schnickschnack haben die beiden bekommen: Porzellanschalen, Besteck, absurde Kochgerätschaften und haufenweise »kunstgewerbliche« Keramik. Die Glückwunschkarten stapelt Mutter auf dem Kaminsims. Aufstellen will sie die Karten noch nicht, das |138| wäre noch zu früh. Ein Päckchen enthält ein undefinierbares blaues Gummiding. Ich finde schließlich heraus, dass man es erst in die Mikrowelle und sich dann auf die Stirn legen soll. Angeblich hilft es gegen Kopfweh. Meine Mutter und ich bekommen einen Lachanfall.
    »Was wünschst du dir denn nun wirklich zur Hochzeit?«, frage ich. »Das ganze Zeug hier gefällt dir doch eigentlich gar nicht.«
    Sie muss erst überlegen. »Ewiges Liebesglück«, sagt sie dann und schaut weg. »Und ich würde furchtbar gern Tyson wiederhaben.«
    Jetzt schaue ich auch weg.
    »Das mit Tyson tut mir echt leid«, ringe ich mir ab, auch wenn ich mir am liebsten die Zunge abbeißen würde. Entschuldigungen sind nicht mein Ding.
    »Mir auch«, sagt meine Mutter bloß. »Mir auch.«
    Am nächsten Nachmittag fährt sie nach Charlton und verscheuert den ganzen Kram auf dem Flohmarkt. Die Tasche voller Fünfer kommt sie glücklich zurück und meint, jetzt kann sie sich endlich kaufen, was ihr gefällt, und die Schenker würden es ihr bestimmt nicht übel nehmen. Ich weiß ja nicht. Hoffentlich findet es keiner von denen raus. Sie hätte wenigstens bis nach der Hochzeit warten können! Trotzdem – irgendwas tut sich zwischen ihr und mir. Okay, wir weinen uns nicht an der Schulter der anderen aus oder führen vertrauliche Mutter-Tochter-Gespräche. Und sollte sie je auf die Idee kommen zu sagen, dass sie mich lieb hat, kriege ich einen Schreikrampf. |139| Ach Quatsch, eigentlich ist sie genauso eine blöde Kuh wie immer.
    Fast jedenfalls.
    Aber die Nacht, als der Einbrecher hier war, ist ganz klar ein Wendepunkt in unserer Beziehung. Ich weiß zwar nicht, warum sie mich jetzt lieber mag, bloß weil mir Owen gegen den Kopf getreten hat, aber so ist es nun mal. Jedenfalls lehnt sie mich nicht mehr so offensichtlich ab. Schon zweimal habe ich mich zufällig umgedreht und sie dabei ertappt, wie sie mich mitleidig angeschaut hat. Und ein paarmal wollte sie mich eigentlich anmeckern, hat es sich dann aber verkniffen. Und sie hat mir Geld gegeben, damit ich mir neue Schuhe kaufen kann.
    Aber ich – wie könnte es anders sein – vermassele mal wieder alles.
    Es ist Ende August, Donnerstagabend, der Einbruch ist jetzt fünf Tage her. Owen ist arbeiten, Mutter sitzt am Küchentisch und schreibt Listen und ich krame im Küchenschrank nach etwas Essbarem, finde aber nichts, worauf ich Lust habe. Soll ich mich etwa von Knäckebrot und Diät-Milkshakes ernähren? Da gehe ich doch lieber zu Emily rüber und frage, ob ich für sie einkaufen gehen soll. Selber schafft sie das zurzeit nicht, darum ist sie auf hilfsbereite Nachbarn und Essen auf Rädern angewiesen, wenn sie nicht verhungern will.
    Meine Mutter legt den Stift hin.
    »Willst du unsere Zeugin sein, Lexi?« Ich kann nicht sehen, was für ein Gesicht sie macht, weil sie den Kopf |140| wegdreht. Wenn ich sie nicht so gut kennen würde, würde ich sagen, sie ist verlegen.
    »Zeugin? Wofür?« Meint sie den Einbruch? Ich glaube nicht, dass ich gegen meinen Retter aussagen will.
    »Na, unsere Trauzeugin, was dachtest du denn?«
    Ich bin baff. Habe ich mich verhört? Sie fragt
mich?
Ich glaub, ich spinne! Ich soll bei ihrer Hochzeit mitwirken. Das soll heißen, ich bin ihr wichtig. Verrückt! Aber eigentlich auch wieder nett. Sie will auf mich zugehen. Aber sie will auch Owen heiraten und der Mistkerl ist nicht der Richtige für sie. Der wäre für keine Frau der Richtige.
    »Lieber nicht«, sage ich.
    Ich bin keine Heuchlerin. Es tut mir leid, dass ich ihr gut gemeintes Angebot ausschlagen muss, aber ich kann doch nicht meine eigene Mutter zur Schlachtbank führen.
    »Schon gut«, sagt Mutter. Sie fragt nicht nach und versucht auch nicht, mich zu überreden. Wahrscheinlich weiß sie instinktiv, warum ich Nein sage.
    »Außerdem muss man dafür bestimmt volljährig sein«, setze ich hinzu, aber die Sache ist schon gelaufen. Sie ist mit ihren Listen rausgegangen. Ich fühle mich mies. Sie hat mir die Hand gereicht und ich habe sie abgewiesen. So eine Gelegenheit kommt vielleicht nicht wieder. Aber man

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