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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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meine Mutter und Owen endlich zur Arbeit gehen. Kaum sind sie weg, scharrt es an meiner Zimmertür und der Hund kommt rein. Meine Mutter hat ihm ein neues Halsband gekauft, aus Silber mit herzförmigen Nieten drauf. Tyson will auf mein Bett springen, aber ich stelle mich davor.
    »Hau ab, du Mistvieh!« Tyson fletscht knurrend die Zähne. Er ist irre gewachsen. Bei meinem letzten Besuch war er noch ein verspielter Welpe. Er springt mich an und |20| legt mir die Vorderpfoten auf die Schultern, ich kann mich nicht mehr wegdrehen. Sein heißer, fauliger Atem schlägt mir entgegen, dann schüttle ich ihn ab. Benimmunterricht – dass ich nicht lache! Er fläzt sich mitten auf den Teppich und leckt sich die Genitalien. »Das ist jetzt mein Zimmer«, sage ich und zeige auf die Tür. »Putz dir deinen stinkenden Hintern woanders.« Er verzieht sich tatsächlich und kurz darauf höre ich seine Krallen auf dem Fliesenboden im Erdgeschoss klappern. Ich beschließe, mich hier oben mal in Ruhe umzusehen.
    Das Schlafzimmer von meiner Mutter und Owen ist picobello aufgeräumt. An den rot und beige gestrichenen Wänden hängen große Blumendrucke. Das Zimmer könnte aus
Schöner Wohnen
stammen, nur Mutters Schlafmaske und Ohrstöpsel stören das Bild. Was ihren Schlaf betrifft, ist meine Mutter total zwanghaft. Ich mache einen Schrank auf. Er steht voll mit Mutters Tuben und Fläschchen. Es sieht aus wie in einer Kosmetikabteilung: teure Parfüms, noch verpacktes Make-up, Haartönungen und Pflegespülungen. Schade, dass ich mir so was alles nicht leisten kann. Ihre Klamotten sind gebügelt und hängen ordentlich in den Einbauschränken. Owens Sachen rühre ich nicht an, ich will mir ja die Finger nicht schmutzig machen. Der Spiegel ist viel besser als der in meinem Zimmer, ich sehe darin schlanker aus, aber ich muss mir dringend die Haare waschen   …
    AUA!
    Ich halte mir die Wade und sehe gerade noch Tysons |21| Hinterteil durch die Tür verschwinden. »Das sollst du mir büßen!«, rufe ich ihm nach, dann lasse ich mich aufs Bett fallen und inspiziere mein Bein. Die Wade blutet und tut weh! Hoffentlich kriege ich jetzt nicht Tollwut oder Würmer oder eine andere eklige Hundekrankheit! Ich humple ins Bad und krame nach Jod oder so was, aber dann vergesse ich mein Vorhaben, denn in den Schränken steht noch viel, viel mehr Kosmetik als drüben. Ich dusche, aber danach geht es mir auch nicht besser, denn von Mutters teurem Shampoo wird mein Haar ganz spröde. Ich ziehe meinen Schlafanzug an, klemme mir eine Zeitschrift unter den Arm und gehe runter in die Küche, weil ich mir ein Brot schmieren will. Tyson kommt angesprungen, und ich hole drohend mit der zusammengerollten Zeitschrift aus, aber er geht nicht auf mich los, sondern trollt sich in Richtung Haustür.
    »Brauchst dir gar nicht einzubilden, dass wir jetzt spazieren gehen, du Monster.« Tyson kläfft mich an. Irgendwie erinnert er mich an jemanden. Er ist genauso übellaunig wie Dad. Ich wüsste zu gern, was Dad in Frankreich will. Mir hat er erzählt, er steigt vielleicht groß in den Weinhandel ein, wenn er wieder da ist. Also, ich weiß ja nicht. Ich glaube eher, er verschweigt mir was und das mit dem Wein ist bloß ein Vorwand. Aber ich krieg’s schon noch raus, ich kriege immer alles raus.
    Ich schmiere mir ein Brot, aber Tyson lässt mich nicht in Ruhe. Mist. Ich glaube, er muss kacken. Weil ich Angst habe, dass er noch mal zubeißt, gehe ich in großem Bogen |22| um ihn herum in die Diele und mache die Haustür weit auf.
    »Na los.«
    Tyson stürmt ins Freie und den Gartenweg runter, als wäre er hinter einem Kaninchen her. Da ich keinen Wert darauf lege, ihm bei seinem Geschäft zuzusehen, gehe ich wieder rein und widme mich meinem Brot. Erst nach einer halben Stunde, als ich längst auf dem Sofa liege und durch die Fernsehsender zappe, fällt er mir wieder ein. Ich reiße die Haustür auf, kann ihn aber nirgends sehen. Es ist dunkel. Man hört nur den Strommast summen, der in einem kleinen Zaunviereck gleich hinter dem Haus steht, sonst ist alles still.
    »TYSON!« Ich warte kurz, dann gehe ich fluchend wieder rein und will mir einen Mantel holen, aber der einzige Mantel an der Garderobe gehört Owen und stinkt nach Rasierwasser und Schweiß, darum gehe ich barfuß und im Schlafanzug wieder nach draußen. Ich durchquere den Vorgarten und schaue links und rechts die Straße runter. Die Straße ist leer, der Asphalt unter meinen Fußsohlen ist kalt. Alle Türen

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