Verfolgt
und die kommen gar nicht erst.«
Ich hole tief Luft. »Musst du wissen.«
Ella will mich nicht weglassen. »Du kannst jetzt nicht allein nach Hause gehen. Vielleicht kommt der Typ noch mal zurück. Komm mit rein. Wenn Mum wieder da ist, kann sie dich fahren.«
»Lass nur«, lehne ich das Angebot entschieden ab. »Ich hab keine Angst. Nicht vor so einem.« Ich gehe im Dunkeln nach Hause. Ich könnte schreien, mir ist zum Heulen. Nach einer Weile höre ich jemanden hinter mir herrennen. »Was bist du bloß für ein Arschloch! Einem wehrlosen Mädchen auflauern!«, sage ich, ohne mich umzudrehen. Mein Verfolger kommt näher. Ich gehe schneller. »Du bist ein gemeiner, widerlicher SCHMAROTZER!«
|182| »Mensch, Lex, ich konnte doch nicht ahnen, dass sie deine Freundin ist …«
»Darum geht es überhaupt nicht!« Ich bleibe stehen. »Du kotzt mich an, Devlin Juby!«, schreie ich meinem Bruder ins Gesicht. »Und was zum Teufel hast du hier überhaupt zu suchen?«
|183| ASBO
Mein Bruder fläzt sich auf dem Sofa, als sei er hier der Hausherr. Er trägt eine nagelneue weiße Kapuzenjacke, die er garantiert mit unrechtmäßig erworbenem Geld gekauft hat, und nagelneue Turnschuhe, die er ungeniert auf Mutters Sofa pflanzt. Mutter und Owen sind nicht da. Ich wollte Devlin erst nicht reinlassen, aber ich hatte Schiss, dass er dann noch mehr Blödsinn anstellt und alle erfahren, dass er mein Bruder ist.
»Alles klar, Lex?«, fragt er und schlürft einen Lightjoghurt, den er sich aus dem Kühlschrank genommen hat.
»Nein!«, fauche ich und sehe ihn böse an. »Warum hast du das gemacht? Warum kannst du dich nicht mal wie ein normaler Mensch verhalten?«
Devlin sieht verdutzt aus. »Ich brauch Geld.«
»Hast du Botox im Hirn? Wenn du dabei erwischt wirst, dass du gegen deine ASB O-Auflagen verstößt, landest du im Knast! Außerdem dachte ich, du hast unserer Mutter versprochen, dass du mit den Überfällen aufhörst.«
Devlin verdreht die Augen. »Jetzt nerv nicht. Du willst mir doch nicht erzählen, dass du die ganze Zeit, die du hier wohnst, sauber geblieben bist.«
|184| »Doch«, schwindle ich und denke dabei an die geklauten Lebensmittel in meinem Rucksack. Aber das ist ja wohl etwas anderes! Ich lasse mich in einen Sessel fallen. Oder vielleicht doch nicht? Vielleicht bin ich auf meine Weise genauso kriminell wie Devlin. »Wie lange willst du bleiben?«, frage ich.
Devlin zuckt die Achseln. »Ich wollte bloß mal vorbeischauen. Zu Hause ist alles cool. Wir machen jeden Abend Party. Komm doch wieder mit, Lexi, es ist echt lustig.« Er hält inne. »Na ja, die Wohnung ist ein bisschen zugeranzt.«
Ich lasse mich nicht ablenken. »Also, was ist?«
»Hast du mit Dad telefoniert?« Jetzt sieht mich Devlin ängstlich fragend an.
»Nein«, sage ich betont gleichgültig. »Dad hat gesagt, du wohnst bei Onkel Petey, solange er weg ist.«
»Aha. Dann hat er’s dir noch nicht erzählt.« Er betrachtet seine Hände. »Mist.«
»Was hat er mir noch nicht erzählt?« Ich baue mich vor ihm auf. »WAS?«
»Er wollte es dir schon letzte Woche erzählen, hat er gesagt«, nuschelt Devlin.
»Spuck’s aus«, sage ich, »oder ich rufe die Polizei und lasse dich verhaften, weil du meine Freundin überfallen hast. Sie kann wunderbar gegen dich aussagen. Und dann wanderst du in den Knast, weil du dich nicht an deine Auflagen gehalten hast.«
»Genau wie Dad.« Devlin sieht mich nicht an.
|185| »Wie bitte?«
Devlin nimmt die Beine runter und setzt sich richtig hin. »Er wollte es dir selber sagen. Ach scheiße, ich kann einfach keine Geheimnisse für mich behalten.«
»Verdammt noch mal, was geht hier vor, Devlin Juby?« Jetzt schreie ich. Ich fühle mich ganz wacklig, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Ist Dad im Gefängnis? Ist es das, worauf Devlin anspielt? »Wo ist Dad?« Ich packe meinen Bruder am Arm. »Raus mit der Sprache!«
»Zu Gast bei Ihrer Majestät«, sagt Devlin. »In Puckington bei Bristol. Hoppla, jetzt hab ich mich verplappert.«
Ich muss mehr wissen. »Für wie lange hat man ihn verknackt und
weswegen?
«
Devlin spielt mit der Fernbedienung rum. »Ich hätte gern einen Tee, Lex. Mit Milch und fünf Stück Zucker.«
»Du lügst! Das hätte Dad mir erzählt.«
Die Haustür geht auf. Meine Mutter und Owen sind wieder da. Ich renne in die Diele.
»STIMMT DAS MIT DAD?«, brülle ich. Meine Mutter sieht Devlins Jacke auf dem Teppich liegen und weiß sofort
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