Verfolgt
Hochzeitstorten aussehen, ist Seifenblasenschaum und meine Mutter hat einhundert silberne Luftballons gekauft. Ich finde das dann doch ein bisschen übertrieben. Als wäre das ganze Drumherum viel wichtiger als die eigentliche Hochzeit. Hoffentlich ist meine Mutter nicht so mit ihrer Vision einer Märchenhochzeit beschäftigt, dass sie vergisst, worum es in Wirklichkeit geht: zum Beispiel darum, jemandem zu versprechen, dass man sein ganzes Leben mit ihm verbringen will. Obwohl … wenn ich Owen heiraten müsste, würde ich das auch vergessen wollen.
Mutter und Celia bereiten den Junggesellinnenabschied vor, auch Hühnerwochenende genannt. Acht von Mutters Freundinnen mieten übers Wochenende ein Häuschen in Cornwall. Dort wollen sie alles Mögliche zusammen unternehmen, in die Sauna gehen, sich massieren und anderweitig verschönern lassen. So was könnte mir auch Spaß machen, aber bitte aus anderem Anlass. Die Diele ist voll mit rosa Hasenohren, Glitzergel und Zubehör für Partyspiele, Weinkartons und Snacktüten. Celia kramt in einem Stapel rosa T-Shirts . Auf den T-Shirts steht mit Strasssteinchen in Schnörkelschrift: Paulas BUSENfreundin (BUSEN steht natürlich über dem bewussten Körperteil).
»Gibst du mir Geld?«, frage ich. Ich bekomme erst |176| nächste Woche wieder Lohn und bin pleite. Sonst hätte ich keinen Fuß in die Diele gesetzt.
Meine Mutter schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, hab grad keins.« Sie dreht sich vor dem Spiegel. »Was meinst du, Celia?« Sie probiert einen rosa Cowboyhut auf. »Soll ich für uns alle solche Hüte bestellen?«
»Na klar«, sagt Celia. »Schließlich heiratet man nur einmal.«
»Beziehungsweise zweimal«, rutscht es mir raus. Wann lerne ich endlich, die Klappe zu halten? Meine Mutter dreht sich zu mir um und ich bin drauf gefasst, dass ich jetzt was zu hören kriege.
»Komm doch mit, Lexi«, sagt sie stattdessen. »Ich rede mit Wendy, dass du ein paar Tage freibekommst.«
»Es wird bestimmt lustig«, sagt Celia.
»Mal sehn.« Ich bin baff. Wird meine Mutter auf ihre alten Tage sentimental? Ich fahre natürlich auf keinen Fall mit … oder doch? Obwohl es bestimmt nett ist, sich mal ein ganzes Wochenende lang verwöhnen zu lassen.
Sag ja, sag ja!,
raunt mir ein inneres Stimmchen zu. Aber Mutters Freundinnen können mich nicht leiden. Es würde ein schreckliches Wochenende.
Ach, wenn doch alles nicht so wäre, wie es ist.
»Ich geh dann mal, sonst komme ich noch zu spät zur Arbeit«, sage ich.
Draußen regnet es in Strömen, und weil mir meine Mutter nicht angeboten hat, mich zu fahren, komme ich klatschnass |177| an. Die Haare kleben mir am Kopf. Wenn sie jetzt trocknen, kringeln sie sich, und bis der Abend rum ist, sehe ich aus wie Kos. Ich schäle meine millionste Kartoffel und denke über ihn nach. Wo findet er Unterschlupf, wenn es regnet? Verzieht er sich dann eher ins Hauptgebäude oder in seine Baracke? Oder stellt er sich mit allen seinen Hunden einfach unter einen Baum?
»Deine Haare sehen schön aus heute«, sagt Jak. Er schleppt eine Kiste Zwiebeln von draußen rein.
»Klappe.«
»Doch, ehrlich.« Auweia. Wenn er mich in dem Zustand immer noch hübsch findet, hat es ihn echt erwischt. Es ist viel zu tun heute und ich muss beim Kellnern einspringen. Egal. Besser als Pfannen scheuern. An einem Tisch hat Emily lauter Freundinnen um sich versammelt. Sie treffen sich alle vierzehn Tage freitagabends und spachteln so richtig feudal. Emily winkt mir zu. Heute hat sie den Lippenstift benutzt, den ich ihr geschenkt habe. Sieht tausendmal besser aus als der andere. Die Damen tratschen darüber, dass schon zwei Wochen lang nirgendwo mehr eingebrochen wurde, was bestimmt an dem Beschwerdebrief liegt, den sie an die örtliche Polizeiwache geschickt und in dem sie einen zusätzlichen Streifendienst gefordert haben. Als ich die Suppe bringe, fällt mir auf, dass Emily ungewöhnlich still ist. Ich erkundige mich, ob bei ihr alles in Ordnung ist. Sie nickt lächelnd und meint, ich solle sie bald mal wieder besuchen. Als ich kurz darauf mit einer neuen Flasche Wein wieder an den Tisch komme, ist ihr Stuhl leer.
|178| »Wo ist denn Emily?«, frage ich.
»Für kleine Mädchen«, erwidert Mrs Harris vom Laden. »Mach dir keine Gedanken, Schätzchen. So ist sie immer, wenn eine von uns etwas Erfreuliches zu berichten hat.«
»Wie bitte?« Ich schaue sie verdutzt an. O Mann, ob ich auch mal irgendwann so viele Falten habe? Am besten fange ich gleich
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