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Verfolgt

Verfolgt

Titel: Verfolgt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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Bescheid.
    »Leider ja, Lexi«, sagt sie leise. »Dein Vater sitzt im Gefängnis. Seit letzter Woche. Er wollte nicht, dass du es erfährst, weil er gehofft hat, er kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.« Sie legt mir die Hand auf die Schulter. » |186| Es tut mir leid, Lexi. Ich habe ihm versprochen, dass ich nichts sage. Ich dachte, so wäre es besser für dich.«
    Ich schüttle ihre Hand ab. »Tja, Irrtum«, sage ich.
     
    Der Abend verläuft unschön. Ich brülle meine Mutter an, weil sie mich angelogen hat, Devlin, weil er ein krankes Arschloch ist, und Owen einfach nur, weil es ihn gibt. Jetzt liege ich auf meinem Bett und glotze New York an. Es ist schon spät. Alle sind schlafen gegangen. Devlin ist im Gästezimmer untergebracht. Wir sind eine große unglückliche Familie.
    »Wie lange?«, habe ich meine Mutter angeschrien. »Wie lange muss ich noch in diesem Kaff hocken?«
    »Er wird frühestens Weihnachten entlassen«, lautet die Antwort. Dann erzählt sie mir, was Dad verbrochen hat. Er hat einen Internethandel mit gestohlenen Sachen aufgezogen. Wenn jemand etwas bei ihm bestellt hat, hat er die Kreditkartendaten abgegriffen.
    »Und du wunderst dich, dass sie ihn verlassen hat«, wirft Owen ein und da raste ich endgültig aus. Im Nachhinein ist es mir peinlich. Wann lerne ich endlich, mich zu beherrschen?
    Ich drehe mich um. Ich sehe mein Zimmer mit neuen Augen. Ich muss noch mindestens vier Monate hierbleiben. Auf einmal habe ich schreckliches Heimweh nach unserer versifften Küche zu Hause in Bexton. Warum hat mir Dad nichts erzählt? Ich glaub’s einfach nicht! Ich habe |187| miterlebt, wie er den Leuten offen ins Gesicht gelogen und lauter Schwachsinn erzählt hat. Ich habe ja gleich geahnt, dass an dem angeblichen Weinhandel in Frankreich etwas faul ist, aber so eine faustdicke Lüge hat er mir noch nie aufgetischt.
    Mit uns wird es nie mehr so sein wie vorher.
     
    Es klopft leise.
    »Bist du das, Devlin? Dann kannst du dich gleich wieder verp…«
    »Ich bin’s.« Meine Mutter stößt die Tür auf, macht sie gleich wieder hinter sich zu, steht da und sieht mich an. »Lexi, ich weiß, dass das nicht einfach für dich ist.«
    »Allerdings«, sage ich.
    »Ich will dir etwas erzählen«, sagt sie.
    Ich sehe sie stumm an.
    »Er wollte nicht, dass du es erfährst, weil er sich geschämt hat. Er hat es nicht fertiggebracht, es dir selbst zu erzählen. Als seine Verhandlung angesetzt wurde, hat er schon befürchtet, dass er ins Gefängnis muss. Trotzdem hat er gehofft, dass er mit einem blauen Auge davonkommt.«
    »Warum hast du es mir nicht schon vorher erzählt?« Die Vorstellung, dass es außer mir alle gewusst haben, quält mich.
    »Weil er mich angerufen und mich gebeten hat, dir nichts davon zu sagen, bis er es dir selbst erklären kann. Er hatte Angst, dass du ihn sonst hasst.«
    |188| »Ich hasse ihn ja auch«, sage ich. »Ich will ihn nie wiedersehen.«
    Meine Mutter holt tief Luft. »Das alles tut mir schrecklich leid, Lexi. Ich wusste selber nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich habe dir nichts davon erzählt, damit du dir keine Sorgen machst. Ich hab’s nur gut gemeint.«
    »Auch egal.« Ich kehre ihr den Rücken zu. Eine normale Mutter würde mich jetzt in den Arm nehmen und mir ins Ohr flüstern, dass alles gut wird. Meine Mutter bleibt bloß eine Weile schweigend stehen, seufzt dann und geht raus.
    Tränen tropfen auf mein Kissen. Jetzt bin ich wieder ganz unten.
     
    Um ein Uhr nachts liege ich im Bett. Heller Mondschein fällt ins Zimmer. Ich bin nicht mehr traurig, sondern unruhig, möchte irgendetwas tun. Ich hätte Lust, Kos heimlich mit hierherzubringen, damit er duschen kann. Danach würde ich ihm etwas Leckeres kochen und nach dem Essen könnten wir auf dem Sofa kuscheln. Er kann bestimmt genial küssen. Aber das ist natürlich Unsinn. Ich kann Kos nicht herbringen, wenn meine Mutter, Owen und Devlin sich nur ein paar Meter entfernt in ihren Albträumen wälzen. Aber Kos zu besuchen, daran kann mich keiner hindern. Kaum ist mir die Idee gekommen, lässt sie mich nicht mehr los. Vernünftig ist das nicht, aber das ist mir egal. Ich ziehe einen dünnen schwarzen Pulli und eine schwarze Jeans an, Turnschuhe und meine graue Jacke. Ich stecke eine Packung Rosinenbrötchen mit Zuckerguss, |189| eine große Bratwurst und ein paar Flaschen Bier in meinen Rucksack. Weil es draußen kalt ist, schnappe ich mir noch einen Schal von meiner Mutter. Ich gehe auf Zehenspitzen in die Garage,

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