Verführ mich nur aus Liebe
mitgebracht, sodass das Auspacken rasch erledigt war. Anstatt jedoch zur Terrasse zurückzugehen, nutzte sie die Zeit lieber für eine ausgiebige Dusche im angrenzenden Bad. Eingewickelt in einen weißen Frotteebademantel machte sie es sich in einem der gemütlichen Sessel am offenen Fenster bequem und hing ihren Gedanken nach.
Sobald sich die Gelegenheit ergab, würde sie ein ernstes Wort mit Silvia sprechen. Ihre Cousine hatte absolut kein Recht, sie in das Ganze hineinzuziehen – was immer es war, was da zwischen ihr und diesem sündhaft attraktiven Conte ablief.
Allerdings hatte sie keinen ernsthaften Zweifel daran, dass die beiden eine Affäre hatten. Das bedeutete jedoch, dass die anderen zu demselben Schluss gelangen konnten – einschließlich ihrer madrina. Silvia musste verrückt sein. Bildete sie sich etwa ein, dass die Principessa Damiano – oder ihr sittenstrenger Ehemann – die Möglichkeit eines öffentlichen Skandals unter ihrem Dach dulden würden?
Auch Ernestos Sanftmut kannte sicher Grenzen. Wenn er ahnte, dass Silvia ihm untreu war, drohte eine Katastrophe. Wie konnte ihre Cousine bloß so viel riskieren? Und dabei wirkte Silvia trotzdem nicht glücklich … Eins wurde Ellie klar: Wenn sie Ärger vermeiden wollte, sollte sie Angelo Manzini besser aus dem Weg gehen.
Allerdings war das in der Villa Rosa gar nicht so leicht, wie Ellie einige Stunden später erkannte. Bei Tisch war sie direkt an der Seite des Conte platziert worden.
Da war es auch kein Trost, dass der Conte von dieser Sitzordnung genauso wenig begeistert zu sein schien wie sie. Die Principessa hatte betont, dass es ein ganz zwangloser Abend werden sollte. Deshalb trug Ellie nicht das lange Abendkleid, das sie mit Rücksicht auf die Erwartungen des Principe eingepackt hatte.
Stattdessen hatte sie sich für ein sommerliches Ensemble entschieden. Der weiße, mit leuchtenden Sonnenblumen bedruckte Georgette-Rock umschmeichelte ihre wohlgeformten Beine. Dazu hatte sie ein tief ausgeschnittenes, ebenfalls weißes Seidentop angezogen. Beides stammte nicht aus dem Haus Galantana, wie der Conte sicher bereits registriert hatte. Er selbst trug einen eleganten, maßgeschneiderten Anzug – vermutlich von Armani, wie Ellie überlegte.
Am anderen Ende des Tisches glänzte Silvia in einem königsblauen Cocktailkleid. Es war vorne hochgeschlossen und überraschte mit einem raffinierten, tiefen Rückendekolleté. Sie schien sich wieder gefangen zu haben. Ja, sie wirkte geradezu triumphierend und plauderte angeregt mit ihren Tischnachbarn.
Sie überlässt es mir, sich Sorgen zu machen, dachte Ellie, während sie sich von den Antipasti nahm. Bislang hatte sie ihre Cousine noch nicht zur Rede stellen können. Silvia war nicht in ihrem Zimmer am anderen Ende der Villa gewesen, als Ellie vor dem Abendessen bei ihr angeklopft hatte. Was wiederum zu der Frage führte, wo sie gewesen war. Doch Ellie entschied, dass sie es lieber gar nicht wissen wollte.
„Darf ich Ihnen die Tomaten reichen?“, erkundigte sich der Conte höflich.
Erschrocken blickte Ellie von ihrem Teller auf. „Nein … nein … danke.“
„Mir scheint, dass ich Sie ängstige, signorina“, fuhr er nach kurzem Überlegen fort. „Oder möchten Sie einfach nur schweigend essen?“
„Ich … Keins von beidem.“
„Ich bin erleichtert, das zu hören.“
Zum ersten Mal lächelte er sie an, und sein Charme raubte ihr buchstäblich den Atem. Dieses Lächeln sollte waffenscheinpflichtig sein, dachte sie und verspürte einen Hauch von Mitgefühl mit Silvia.
„Ich glaube, wir sind uns tatsächlich schon einmal begegnet. Bei der Gelegenheit sind wir uns allerdings nicht offiziell vorgestellt worden“, meinte er. „Es war auf einer größeren Dinnerparty im Haus von Ernesto Alberoni.“
„Kann sein.“ Ellie starrte auf ihren Teller. „Ich … erinnere mich nicht.“
„ Che peccato !“, entgegnete er locker. „Wie schade! Ich hatte außerdem keine Ahnung, dass unsere Gastgeberin zwei Patentöchter hat. Besuchen Sie sie oft?“
„Sooft ich kann.“
„Und dieses Wochenende … war das schon lange geplant?“
Hat Silvia Ihnen nicht erzählt, wie sie mich in letzter Sekunde überredet und als Tarnung hergeschleift hat? hätte sie ihn am liebsten gefragt, hielt sich aber zurück. „Ich weiß wirklich nicht mehr, wann die Einladung ausgesprochen wurde. Ist das so wichtig?“
„Überhaupt nicht“, wehrte er ab. „Ich wundere mich nur ein wenig, weil die anderen
Weitere Kostenlose Bücher