Verführ mich nur aus Liebe
Gäste in dieser Runde deutlich älter sind als Sie.“
„Da bin ich nicht allein.“ Sie vermied es bewusst, in Silvias Richtung zu blicken. „Dasselbe könnte man auch von Ihnen behaupten, Conte Manzini.“
„Ich bin hier, weil ich mit dem Principe Damiano wichtige Geschäfte zu besprechen habe“, erwiderte er freundlich. „Danach werde ich mich sofort verabschieden.“
Hoffentlich bald, dachte Ellie. Gleichzeitig fragte sie sich, ob ihre Cousine von den Plänen des Conte wusste. In diesem Moment forderte Signora Barzado seine Aufmerksamkeit, die seine Tischnachbarin auf der anderen Seite war. Ellie war froh darüber. So konnte sie sich etwas entspannen und das Essen genießen. Selbst wenn sie von Angelo Manzinis Affäre mit Silvia nichts geahnt hätte – es wäre ihr vermutlich schwergefallen, sich in seiner Gesellschaft wohlzufühlen. Er bewegte sich in ganz anderen Kreisen. Ihn und sie trennten Welten.
Schade, dass der Principe Damiano in Genf aufgehalten worden war. Aber morgen würde der Conte Manzini ja wohl abreisen, und sie würde ihn nie wiedersehen.
Nach dem Essen zogen sich alle zum Kaffee in den Salon zurück. Erneut wurde Ellies Hoffnung zunichtegemacht, ihre Cousine allein zu erwischen: Sofort erklärte Silvia sich bereit, mit Signora Barzado und den Cipriantos eine Partie Bridge zu spielen. Der Conte Manzini verschwand mit Signor Barzado in Richtung Billardzimmer, während seine Großmutter und die Principessa Damiano auf einem Sofa vor dem Kamin in ein augenscheinlich vertrauliches Gespräch vertieft waren. Kurz entschlossen machte Ellie es sich in einem Sessel bequem und blätterte ohne großes Interesse in einer Modezeitschrift.
Das Kartenspiel wollte kein Ende nehmen. Ellie begriff schließlich, dass Silvia bewusst einem Gespräch mit ihr unter vier Augen aus dem Weg ging. Deshalb beschloss sie, schlafen zu gehen.
„Schon so früh, cara?“, fragte ihre Patentante. „Hast du immer noch Kopfschmerzen?“
„Nein“, wehrte Ellie schuldbewusst ab. „Ich bin einfach nur müde.“
In ihrem Zimmer war die Bettdecke bereits zurückgeschlagen worden. Ihr weißes Batistnachthemd lag ausgebreitet auf dem Laken. Allerdings hatte das übereifrige Hausmädchen auch die Fenster geschlossen, sodass es in dem Raum unerträglich stickig war.
Ellie öffnete die Fensterflügel weit, zog die Gardinen zurück und schaltete den Deckenventilator an. Danach verschwand sie im Bad, um lauwarm zu duschen und sich die Zähne zu putzen. Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, war es dort immer noch sehr warm. Also verzichtete sie ausnahmsweise auf ihr Nachthemd und deckte sich nur mit einem Laken zu.
Eine Weile lag sie reglos da und starrte in die Dunkelheit. Sie lauschte dem leisen Surren des Ventilators, während sie die deprimierenden Ereignisse des Tages Revue passieren ließ. Dabei beunruhigte es sie besonders, wie oft das Gesicht von Angelo Manzini vor ihrem inneren Auge auftauchte.
Irgendwann ermahnte sie sich energisch, sich von so etwas Unbedeutendem nicht die Nachtruhe rauben zu lassen. Sie drehte sich auf die Seite und schloss die Augen.
Ich sollte das nicht tun, überlegte Angelo, während er nachdenklich auf die Uhr sah.
Nachdem er Schluss gemacht hatte, sollte er auch bei dieser Entscheidung bleiben. Er sollte sich nicht zu „einem letzten Mal“, verführen lassen, wie sie ihm vor dem Abendessen in einem abgeschiedenen Winkel des Gartens zugeflüstert hatte. Dabei war sie ihm so nahe gekommen – er hatte nicht übersehen können, wie sich die aufgerichteten Spitzen ihrer vollen Brüste gegen den Stoff ihres Kleides abgezeichnet hatten. Der Duft ihres teuren Parfüms war ihm in die Nase gestiegen und hatte Erinnerungen in ihm geweckt. Erinnerungen, die er besser vergessen sollte.
Natürlich hatte er von ihrer verwandtschaftlichen Beziehung zur Principessa Damiano gewusst. Trotzdem war er überrascht und nicht gerade erfreut gewesen, sie in der Villa Rosa zu treffen. Sein Besuch hatte wichtige geschäftliche Gründe, und sie stellte eine Komplikation dar, die er nicht gebrauchen konnte.
Aber dann hatte sie ihn so sehnsüchtig angeblickt, hatte sich mit der Zungenspitze die halb geöffneten Lippen befeuchtet und gehaucht: „Willst du mich denn nicht, caro ?“ Und gegen alle Vernunft hatte ihn leidenschaftliches Verlangen gepackt.
Dennoch wäre er das Risiko nicht eingegangen, durch fremde Flure zu ihr zu schleichen und möglicherweise von anderen Hausgästen oder gar seiner
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