Verführ mich nur aus Liebe
molligen Frau mit einem runden, freundlichen Gesicht.
„Contessa und meine liebe Anna, ich möchte Ihnen meine beiden Patentöchter vorstellen – Signora Silvia Alberoni und Signorina Elena Blake. Silvia und Ellie, dies sind meine lieben Freundinnen, die Contessa Cosima Manzini und Signora Anna Ciprianto.“
Die Contessa lächelte freundlich. Dennoch bemerkte Ellie, dass die alte Dame sie seltsam durchdringend begutachtete. Und diese Prüfung bestand sie mit Sicherheit nicht: Sie trug ein schlichtes Hemdblusenkleid aus olivgrünem Leinen, und ihr einziger Schmuck waren winzige silberne Ohrstecker. Die Contessa dagegen war ebenso elegant wie teuer gekleidet. Ihren klassisch geschnittenen Zügen war immer noch anzusehen, was für eine Schönheit sie in ihrer Jugend gewesen sein musste.
Sobald sie sich gesetzt hatten, wurde ihnen frische Limonade mit Eis serviert. Silvia schien ihre schlechte Laune abgelegt zu haben und zeigte sich von ihrer besten Seite. Lächelnd plauderte sie über die Anreise und das Wetter, während die Contessa Manzini höflich zuhörte, dazu aber schwieg.
Anna Ciprianto nutzte die Gelegenheit, um Ellie interessiert nach ihrer Arbeit für den Avortino-Verlag zu fragen. Ellie überwand dadurch ihre natürliche Scheu und unterhielt sich angeregt mit ihr. Irgendwann trafen die Barzados ein, ein Paar im mittleren Alter. Erneut fragte Ellie sich nachdenklich, was sie überhaupt in dieser Gesellschaft suchte. Vor allem beschäftigte sie jedoch eine andere Frage: Was wollte Silvia hier?
In diesem Moment spähte die Contessa an ihr vorbei über die Terrasse, und die etwas strenge Miene der alten Dame hellte sich plötzlich voller Freude auf. „ Mio caro !“, rief sie. „Alla fine … Endlich.“
Ellie musste sich nicht umdrehen. Sie wusste, wer sich da näherte. Denn ein Blick zu Silvia genügte: Ihre Cousine schaute den Neuankömmling mit großen Augen an – und Ellie begriff schlagartig, dass all ihre Besorgnis wegen des Wochenendes gerechtfertigt gewesen war. Liebe Güte, wie konnte Silvia nur so dumm sein!
„Liebste Nonna.“ Conte Angelo sah in der hellen Sommerhose zum weißen Hemd lässig und zugleich elegant aus. Er beugte sich herab, um seiner Großmutter galant erst die Hand und dann die Wange zu küssen. Danach nickte er charmant lächelnd in die Runde. „Meine Damen.“
Mit einem Mal beschlich Ellie das Gefühl, die knisternde Spannung in der Luft mit Händen greifen zu können. Hastig nippte sie an ihrer Limonade und hielt den Blick gesenkt, als der Conte einen Stuhl heranzog und sich zu ihnen gesellte.
Zu ihrem Entsetzen sagte die Principessa Damiano in diesem Moment: „Mein lieber Conte, ich weiß, dass Sie Signora Alberoni bereits kennen. Aber ich glaube, meiner anderen Patentochter wurden Sie noch nicht vorgestellt. Signorina Elena Blake.“
„Nein, ich hatte bisher nicht das Vergnügen. Und ich bin entzückt, signorina .“
Ellie zwang sich, ihn anzusehen und darauf mit irgendeiner höflichen Floskel zu antworten. Seine dunklen Augen blitzten auf … War er belustigt oder verärgert?
Ohne sich etwas anmerken zu lassen, wandte sie das Gesicht ab. Warum sollte er verärgert sein? Schließlich hatte man sie benutzt: Sie sollte hier als Tarnung für seine Affäre mit Silvia dienen. Wenn sie das geahnt hätte, wäre sie nicht einmal in die Nähe der Villa Rosa gekommen. Und wenn sich der galante Conte Manzini etwas anderes einbildete, täuschte er sich gewaltig. Noch schlimmer wäre es nur, wenn er die ganze Angelegenheit tatsächlich amüsant fand!
Bei der erstbesten Gelegenheit entschuldigte sie sich mit der Ausrede, ihre Sachen auspacken zu müssen, und flüchtete sich ins Haus. Wann immer sie die Villa Rosa besuchte, wurde für sie dasselbe Zimmer hergerichtet. Schon als kleines Mädchen hatte sie völlig verzaubert den kleinen Turm bestaunt und ihrer lächelnden Patentante erklärt, dass er direkt aus einem Märchen stammen musste. Und seither schlief sie immer dort.
Nun stieg sie die Wendeltreppe hinauf, die aus dem kleinen Salon ins Schlafzimmer führte. Sie war froh, dass ihre madrina sie inzwischen nicht mehr damit aufzog, dass sie auf einen Märchenprinzen wartete.
Nein, in den vergangenen Jahren war das Turmzimmer ähnlich wie die Casa Bianca zu einer Art Zuflucht für sie geworden. An diesem Wochenende vermutlich mehr denn je, wenn sie an die erschreckenden Entwicklungen vom Nachmittag dachte.
Anders als Silvia hatte Ellie nur einen kleinen Koffer
Weitere Kostenlose Bücher