Verführe niemals Deinen Mann
Gedanken nach. Julie saß neben ihm und war doch meilenweit entfernt. Er konnte ihre innere Anspannung fast körperlich spüren, aber er sah keine Veranlassung, sie aus diesem Zustand zu erlösen. Sollte sie sich doch Sorgen machen, verdammt! War ja schließlich nicht seine Schuld, dass sie nach Mexiko reisen mussten, um diese Sache aus ihrer Vergangenheit ins Reine zu bringen, bevor die Presse etwas davon erfuhr.
Er schloss die Augen. Ja, die Presse. Das wäre doch ein Freudentag für die Schmierfinken, wenn sie so etwas auf den Titelseiten ihrer Drecksblätter ausschlachten könnten. Der makellose Ruf der King-Familie wäre beschmutzt. Mit seinem Weingut in die Oberliga aufzusteigen – das könnte er knicken. Es würde Jahre dauern, bis Gras über die Sache gewachsen wäre.
Aber er würde nicht zulassen, dass das geschah!
Zu lange und schwer hatte er daran gearbeitet, war schon zu weit gekommen, als dass er sich das jetzt von einem schmierigen Erpresser kaputt machen lassen würde.
Er blickte zu der Frau neben sich. Sie sah aus dem Fenster auf die vorbeirauschende Landschaft hinaus.
Er brauchte nicht hinauszusehen, zu oft war er schon hier gewesen. Hier konnte er nichts Neues mehr entdecken, das sein Interesse weckte. Julie hingegen war von der Aussicht fasziniert wie ein Kind im Zirkus, das spürte er trotz ihrer Anspannung.
Immer wieder musste er an den Satz denken, den er zu ihr gesagt hatte: Ich weiß nicht, ob ich dir glauben kann. In ihren Augen hatte er gesehen, wie verletzt sie war, und doch hatte er seine Worte nicht zurückgenommen. Das passte doch irgendwie alles zu gut zusammen. Blitzschnell hatte sie eingewilligt, ihn zu heiraten – und, schwupps, schon tauchte genau am Hochzeitstag ihr Noch-Ehemann auf. Und forderte Geld.
Sie musste mit diesem Franzosen unter einer Decke stecken.
Die Frage war nur: Warum?
Ihre Abmachung sah vor, dass sie nach Beendigung der Ehe weit mehr als diese hunderttausend Dollar bekommen sollte. Warum sollte sie die größere Summe riskieren – für den schnellen Profit?
Plötzlich durchbrach sie die Stille. „Es ist schön hier.“
„Ja, ist es wohl.“ Er wollte jetzt eigentlich nicht mit ihr reden. Aber er hatte es auch satt, ständig nachzugrübeln. So gesehen kam ihm die kleine Ablenkung gelegen.
Voller Verzweiflung sah sie ihn an. „Travis“, sagte sie leise, „ich bin nicht der Feind.“
„Das ist ja wohl noch nicht raus, oder?“
„Wie du meinst.“ Sie lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf. „Ich habe dich noch nie angelogen.“
„Sagst du.“
„Ja, das sage ich allerdings. Wir kennen uns, seit wir Kinder waren, verdammt noch mal. Glaubst du wirklich, ich würde bei einer Erpressung gegen dich mitmachen?“
„Wir kannten uns“, korrigierte er. „Früher.“
„Was ich nicht verstehe … warum glaubst du Jean Claude so einfach? Du hast ihn vorher noch nie gesehen – und trotzdem gilt sein Wort mehr als meins?“
„Warum sollte er lügen?“
„Er ist ein Erpresser, ein Verbrecher. Da meinst du, er bringt es nicht fertig zu lügen?“
„Was hätte er davon?“
„Dein Geld vielleicht?“
„Um das Geld zu bekommen, hätte er nicht anzudeuten brauchen, dass zwischen euch noch was ist, dass du vielleicht sogar seine Komplizin bist. Also – warum sollte er in diesem Punkt lügen?“
Zornig funkelte sie ihn an. „Weil er ein Widerling ist. Weil er es genau darauf angelegt hat – dass ich schlecht dastehe und du wütend auf mich bist.“ Sie verschränkte die Arme, was ihre üppigen Brüste betonte. Dieser Anblick ließ ihn nicht kalt. Er starrte auf die vollen Rundungen, bis sie es bemerkte und die Arme wieder wegnahm.
„Warum sollte er sich diese zusätzliche Mühe machen?“
„So schwierig war das ja nun auch wieder nicht“, gab sie zurück. „Und es hat doch funktioniert. Du bist hochgegangen wie eine Rakete.“
Nun wurde er wütend – und sein Zorn war wesentlich beeindruckender als ihrer. „Jetzt mach mal halblang. Ich habe doch wohl mehr als rücksichtsvoll und besonnen reagiert. Schließlich sind wir hier. Wir besorgen dir deine Scheidung und heiraten neu, damit unsere Abmachung weiterhin gelten kann.“
„Ja“, sagte sie und blickte wieder nach draußen auf die vorbeirasende Landschaft. „Und du warst mir bisher ein wirklich angenehmer Freund und Begleiter. Vielen Dank dafür.“
Er kochte innerlich. Ach so, jetzt sollte er auch noch ein „angenehmer Begleiter“ sein und freundlich belangloses Zeug
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