Verführer der Nacht
hochgezogenen Augenbrauen.
Ihr Herz schlug sofort unruhig in ihrer Brust, und ihr Mund wurde trocken. Sie konnte ihr lautes Herzklopfen direkt hören. »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass er hier ist?« Colby konnte ihren Blick nicht von diesen eindringlichen Augen lösen. Sie hatte schon viele Raubtiere gesehen, Bären ebenso wie Berglöwen. Rafael De La Cruz hatte denselben starren, unverwandten Blick. Ihr inneres Alarmsystem hatte versagt und sie nicht davor gewarnt, dass er in der Nähe war, aber jetzt meldete es sich, und zwar so kräftig, dass alle ihre Nervenenden vor Unruhe flatterten.
»Rafael? Tut mir leid, Colby, ich weiß, wie schwierig es für Sie sein muss, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Familie Chevez versucht, Ihnen Ihre Geschwister zu nehmen, aber Sean muss seine Gäste irgendwie unterhalten. Sie sind Geschäftspartner. Rafael hat darauf bestanden, heute Abend mitzukommen, und Sean fiel kein triftiger Grund ein, ihm diesen Wunsch abzuschlagen.«
Unter Aufbietung all ihrer Willenskraft riss Colby ihren Blick von Rafael los. Er war imstande, mit seinen glitzernden, schwarzen Augen den ganzen Raum zu hypnotisieren, entschied sie, während sie aufstand und vergeblich versuchte, ihre wilde Mähne glatt zu streichen, die ihr immer wieder ins Gesicht fiel. »Wäre Mittwochnachmittag um drei okay für Sie?« Selbst ihre Stimme zitterte, Colby wusste, wann es an der Zeit war, den Schaden zu begrenzen und das Weite zu suchen. Rafael De La Cruz war mehr, als sie bewältigen konnte.
»Danke, Colby.« Joclyn verzichtete intuitiv darauf, sie länger aufzuhalten. Was auch zwischen Colby und Rafael lief, es schien die junge Frau sehr nervös zu machen.
Colby war fast schon an der Tür, als sich Rafaels Finger wie eine Klammer um ihren Oberarm schlossen. Er hatte sich mit der Lautlosigkeit des Jägers bewegt, um seine Beute schnell und zielsicher zur Strecke zu bringen. »Ein Tanz oder eine Szene, Sie haben die Wahl.« Seine Stimme strich wie Samt über ihre Haut, lockend und verführerisch, eine verboten männliche Versuchung, auch wenn seine Worte in krassem Gegensatz zu der Verlockung seiner Stimme standen. Egal, ob sie sich wehrte, ob jeder Mann in der Bar zu ihrer Verteidigung herbeieilte, er würde seinen Griff nicht lockern, das wusste sie instinktiv. Andere Leute – ihre Freunde – würden zu Schaden kommen, wenn sie einzugreifen versuchten.
Rafael wirkte gereizt, und allein die Art, wie er sie festhielt, stellte eine unverkennbare Warnung dar. Sein Körper war hart wie Stein, seine Haut heiß. Ein besitzergreifender Ausdruck verriet sich in der Tiefe seiner Augen und in der ungeheuren Kraft seiner Arme. Colby war an Rancher gewöhnt, die mühelos Heuballen herumschleudern konnten. Rafael De La Cruz' Aussehen täuschte. Er war hochgewachsen und schlank, aber Stahl lief durch seine Adern und Knochen. Sowie Colby an der Stelle, wo ihre Wange seinen Körper streifte, durch die dünne Seide seines Hemdes die Hitze seines Oberkörpers spürte, wusste sie, dass es ein großer Fehler wäre, mit ihm zu tanzen. Ihr Herz machte einen wilden Satz, und sie versteifte sich bei dem Versuch, sich gegen ihn zu stemmen.
Rafael zog sie einfach noch näher an sich heran, so nahe, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Schläfe fühlen und die harte Ausbuchtung seiner Erektion spüren konnte. Unverhohlen und wie selbstverständlich, als käme es nicht im Geringsten darauf an, dass sie wusste, wie heftig sein Körper nach ihrem verlangte. Seine Finger legten sich um ihr Handgelenk und hielten ihre Hand dicht an sein Herz. »Psst«, ermahnte er sie. Sein Akzent war sehr stark und seine Stimme so rau, dass Colby am ganzen Körper vor Erregung zitterte. »Sie wollen doch nicht, dass diese Männer zu Ihrer Rettung herangestürzt kommen.«
»Sie würden es tun.« Colby musste sich zwingen, die Worte über die Lippen zu bringen. Einen schrecklichen Moment lang dachte sie, ihre Stimmbänder wären gelähmt. Wenn er ihr so nahe war, war er einfach überwältigend. Noch nie war sie einem so sinnlichen Mann begegnet. Und es war mehr als sein gutes Aussehen, mehr als sein offener Sexappeal. Eine Aura von Gefahr umschwebte ihn. Sie konnte es förmlich wittern, sie spürte es in seiner Nähe. Wie bei einem wilden Tier, einem Raubtier. Er war sehr gefährlich, nicht nur für sie, sondern auch für andere. Das Wissen saß tief in ihrem Inneren; es war elementar, eine Gewissheit. Sie wusste nicht, woher es kam, aber sie
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