Verführer der Nacht
Sorgen mit grauen Haaren aufzuwachen.
Du hast wirklich seltsame Ideen.
Colbys Finger klammerten sich krampfhaft an das Geländer, als sie das leise Wispern, das so intim schien, in ihrem Bewusstsein wahrnahm. Rafael war in der Nähe, das spürte sie, und sie schaute sich prüfend um. Ihr Körper schmerzte. Ihre Brüste waren plötzlich schwer und spannten. Beim Klang seiner verboten sinnlichen Stimme geriet ihr Blut in Wallung. Geh weg! Ich will jetzt nicht mit dir reden. Das war eine faustdicke Lüge, doch sie wollte ihm in diesem Moment nicht gegenübertreten, wollte sich nicht den Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht stellen oder den Vorwürfen, die sie ihm gemacht hatte, als er ihr geholfen hatte. Und an die Tatsache, dass sie Geld von ihm annehmen würde, um ihre Ranch zu retten, wollte sie erst recht nicht denken.
Doch, willst du. Ich bin in deinem Bewusstsein. Warum versuchst du nie, in meines einzutreten ?
Colby spähte unter ihren langen Wimpern schuldbewusst zu ihrem Bruder. Sie konnte einfach nicht dagegen an. Sie fühlte sich zu Rafael hingezogen, obwohl er ihr Angst machte und obwohl er hier war, um ihr ihre Familie wegzunehmen. Sie hatte ihre einzigartigen Fähigkeiten immer vor anderen verborgen und ständig in der Furcht vor Entdeckung gelebt. Immer gab es eine gewisse Leere in ihrem Inneren und eine Einsamkeit, die so stark war, dass Colby manchmal mitten in der Nacht aufwachte, zu den Sternen starrte und sich wünschte, sie könnte einfach verschwinden. Und es gab Arbeit, endlose Arbeit. Aber Rafael nahm sie einfach in seine starken Arme, riss in einer Krise das Kommando an sich und dirigierte alle anderen. Seine Stärke allein war eine Verlockung. Und sein Körper ...
Ich glaube, was ich in deinem Bewusstsein finden würde, würde mich nur ängstigen. Hast du irgendetwas mit mir ange-
stellt, dass ich so viel Schlaf brauche? Sie errötete, als sie an die erotischen Fantasien dachte, die sie ständig verfolgten, ob sie wach war oder schlief, an ihren Körper, der sich schmerzlich nach Rafael sehnte.
Wärme und Lachen und eine typisch männliche Genugtuung schwangen in Rafaels Stimme mit. Er schnurrte geradezu. Wir haben einiges gemacht, was dein Bedürfnis nach Schlaf erklären würde.
Colby spürte, wie die Röte ihr Gesicht und ihren Hals überflutete. Sie hätte es besser wissen müssen, als ausgerechnet dieses Thema anzusprechen. Es war peinlich, mit ihm zu reden oder ihn anzuschauen und dabei an die Dinge zu denken, die sie zusammen erlebt hatten. Aber wenn sie allein war, musste sie ständig an ihn und die Gefühle denken, die er in ihr geweckt hatte.
»Willst du gar nicht wissen, was Mr. De La Cruz zu den Bedingungen des Darlehens gesagt hat?«, platzte Paul heraus, der sich anscheinend nicht länger beherrschen konnte. Die Aufmerksamkeit seiner Schwester schien Gott weiß wo zu sein, und sie hatte einen merkwürdigen, fast träumerischen Gesichtsausdruck. Colby zuckte zusammen, als hätte sie vergessen, dass ihr Bruder da war. Sie errötete sogar noch mehr. »Na? Es könnte die Ranch retten, Colby.«
Sie stupste mit der Stiefelspitze einen Nagelkopf auf den Stufen an. »Wir könnten alles verlieren, Paul. Rafael De La Cruz ist aus einem einzigen Grund in die Vereinigten Staaten gekommen. Diese Leute mögen Pferde kaufen und ein paar Geschäfte machen, aber letzten Endes sind sie hier, um Ginny und dich mit nach Brasilien zu nehmen. Männer wie De La Cruz bekommen auf die eine oder andere Art immer, was sie wollen. Wenn man mit ihnen Geschäfte macht, verliert man am Ende.« Colby schloss die Augen, als sie seine Hände auf ihrem Körper spürte. Sie hatte sich von ihm verführen lassen. War sie völlig verblödet?
Du bist nicht sehr höflich, meu amor. Rafael schien Colbys Einschätzung seiner Person nicht zu kränken, sondern eher zu erheitern.
Ist es nicht wahr? Du wirst dir nehmen, was du willst, und niemand wird dir im Weg stehen. Ihre Brust fühlte sich auf einmal sehr eng an.
Das stimmt, querida, und du weißt genau, was ich will.
Wusste sie es ? Colby hatte das Gefühl, gar nichts mehr zu wissen.
»Was kann im schlimmsten Fall schon passieren, Colby?«, beharrte Paul. »Er würde unsere Ranch kriegen, stimmt's? Aber er gehört wenigstens irgendwie zur Familie. Wenn wir sie Clinton Daniels überlassen, sind wir sie für immer los. Das weißt du. Wenn einer von ihnen sie schon kriegen muss, wer wäre dann besser?«
Ihre grünen Augen musterten ihn prüfend. »Das hat
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