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Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Titel: Verführer oder Gentleman? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dickson
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ihre Angst, trat ein und sah sich um. Nirgendwo tauchte ein Dienstbote auf.
    Was für ein großartiges Domizil, dachte sie und blieb inmitten der prachtvollen Halle stehen. Fast ein Palast, in dem sie sich ziemlich deplatziert fühlte, als das Regenwasser von ihrer Kleidung auf den Marmorboden tropfte …
    Eine geschwungene Treppe führte nach oben, mit blank polierten Geländern, die im Licht des Kristalllüsters schimmerten. An den Wänden hingen Gemälde – Porträts von Männern in militärischen Uniformen und Familienmitgliedern, dazwischen Landschaftsbilder. Juliet stellte ihren Koffer ab und sah eine Tür halb offen stehen. Klopfenden Herzens ging sie darauf zu, öffnete sie etwas weiter und spähte in einen Salon.
    Zu spät erkannte sie ihren Fehler. In dem elegant ausgestatteten Raum hielten sich einige Leute auf. Alle Augenpaare bis auf eines wandten sich langsam zu ihr. In einen Nebel von Tabakqualm gehüllt, glich die Szene einem bizarren Tableau. Am Kopfende eines großen, mit Nuss- und Orangenschalen, Gläsern und Flaschen übersäten Tisches saß ein Mann, der endlich den Blick hob und sie ebenfalls betrachtete. Seine Miene bekundete Ärger und Verwirrung. Das erschien ihr nicht verwunderlich, denn er sah eine derangierte Frau in einem durchnässten, zerrissenen Umhang, dessen Saum auf den Boden hing. An ihren Wangen klebten feuchte Strähnen, Wasser triefte von ihrem Hut hinab.
    Dominic Lansdowne, der siebte Duke of Hawksfield, kannte alle Dienstboten in seinem Haus – nicht dem Namen nach, aber zumindest vom Sehen. Doch die Frau, die bei der Tür stand, begegnete ihm zum ersten Mal. Falls sie die Personalquartiere suchte, hatte sie sich verirrt.
    „Oh, bitte, verzeihen Sie die Störung, das – wollte ich nicht“, entschuldigte Juliet sich. „Aber – ich wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte.“
    Ihre Ankunft animierte fünf junge Gentlemen zu anzüglichen, fast obszönen Kommentaren. Nach einer erfolgreichen Wildvogeljagd auf dem Landgut des Dukes waren sie schon ziemlich angeheitert. Nicht so der Mann am Kopfende des Tisches, der seinen unerwarteten Gast mit gelangweilter Nonchalance und dem überlegenen Gleichmut altehrwürdiger Aristokratie musterte. Das musste der Hausherr sein.
    Wie seine offensichtliche Autorität bekundete, war er zweifellos daran gewöhnt, Befehle zu erteilen und befolgt zu sehen. Juliet empfand ein wachsendes Unbehagen. Ihre Unsicherheit lag nicht nur an seiner exquisiten Kleidung und der gebieterischen Attitüde. Trotz der Entfernung spürte sie die Macht seiner Persönlichkeit, sein Charisma.
    Nun stand er auf. Lässig schlenderte er zu ihr. Er war groß und schlank, mit breiten Schultern und dem kraftvollen Körperbau eines Athleten. Eher glich er einem Abenteurer als einem Ästheten. Sein dichtes, glänzendes schwarzes Haar war gewellt, das glatt rasierte Gesicht leicht gebräunt. Über silbergrauen Augen wölbten sich dunkle Brauen.
    Er war sehr attraktiv, mit markanten Zügen und einem energischen Kinn. Aber in seinen leicht gekräuselten Lippen zeigte sich auch ein gewisser Humor. Offenbar freute er sich seines Lebens. Er hatte seinen Rock ausgezogen, die Seidenweste war aufgeknöpft, das Hemd am Hals geöffnet. „Und wer sind Sie?“
    „Miss Lockwood.“ Sie war sehr blass, und ihre Miene wirkte angespannt. Doch sie hielt dem prüfenden Blick des Dukes tapfer stand, die dunklen Augen voller Unschuld. „Tut mir leid, dass ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite, Euer Gnaden. Ich wagte mich nur hier herein, weil ich in der Halle niemanden antraf.“
    Ärgerlich ging er an ihr vorbei und spähte durch die Tür. „Pearce! Eigentlich habe ich Sie erst morgen erwartet, Miss Lockwood.“
    „Das weiß ich. Aber ich kam etwas früher in Brentwood an und dachte, es würde Ihnen nichts ausmachen, wenn ich Lansdowne House schon heute aufsuche.“ In Wirklichkeit hatte sie die Unterkunft im Gasthof zu teuer gefunden und sich die Kosten sparen wollen.
    „Und Sie sind direkt aus London hierhergefahren – nachdem Sie Sir John Moores Haus verlassen haben?“
    „Ja, Euer Gnaden.“ Seltsamerweise fühlte Juliet sich eingeschüchtert, was nicht zu ihr passte. Schon so lange war sie ihre eigene Herrin und daran gewöhnt, fast alle Schwierigkeiten zu meistern. Aber das bezwingende Wesen dieses Mannes beunruhigte sie. Und seine imposante äußere Erscheinung beschleunigte ihre Herzschläge.
    „Wie geht es Sir John?“
    „Danke, sehr gut.“
    Am Tisch erklang

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