Verführerische Fesseln (German Edition)
ich nicht die geringste Vermutung gehabt hatte, dass Martin eine andere Frau sehen könnte – geschweige denn vögeln. Er hatte sich nicht anders verhalten als sonst, war nicht später nach Hause gekommen oder ähnliches. Ich hatte es nicht herausfinden können und trotzdem wurmte es mich.
„Ich habe heute eigentlich nichts vor. Wenn du willst, kann ich dir noch was in der Wohnung helfen oder dir bei Besorgungen zur Hand gehen.“
Überrascht sah ich meinen kleinen Bruder von der Seite an. Er wirkte ein wenig verlegen, vermutlich hatte er tatsächlich Mitleid mit mir und versuchte, es so auszudrücken.
„Du brauchst mich gar nicht so zu mustern. Ich habe kein Mitleid mit dir, du hast dir den Arsch schließlich selbst ausgesucht. Außerdem, wenn ich jetzt schon nach Hause komme, muss ich Mama beim Kelleraufräumen helfen.“
Ich war im ersten Moment überrascht, dass er meine Gedanken so lesen konnte, dann musste ich befreienderweise lachen und stimmte zu.
Die Autotür fiel zu, ich winkte noch einmal und sah, wie mein Bruder im Haus verschwand. Dann setzte ich den Blinker und fädelte mich in den Verkehr ein.
Michael hatte nicht nur anstandslos meinen Besorgungsmarathon mit mir durchgestanden, er war auch unzählige Male das Treppenhaus hoch und runter gerannt und hatte mir meine Einkäufe in die Wohnung geschleppt, aufgebaut, was aufgebaut werden musste und angeschlossen, was angeschlossen werden musste. Wir hatten direkt die neue Kaffeemaschine eingeweiht und zum Mittagessen hatte ich Pizza bestellt.
Ich hatte Michael etliche Mal gedankt, denn obwohl mir noch die großen Elektrogeräte fehlten, sah meine Wohnung langsam tatsächlich nach einem Zuhause aus. Er hatte auch die Badezimmerschränke montiert und ein paar Bilder aufgehängt. Da ich weiße Wände sowieso bevorzugte und die Wohnung frisch gestrichen war, hatte ich beschlossen, einfach alles so zu lassen und sie direkt vollständig einzurichten, statt wochen- oder monatelang herumzuhantieren.
Was mir jedoch am Wichtigsten war: Er hatte mir seelischen Beistand geleistet, als ich den Rest meiner Sachen bei Martin aus der Wohnung geholt hatte. Ich betrachtete die Eigentumswohnung schon gar nicht mehr als mein Zuhause.
Es war Montagvormittag und ich wusste, dass Martin sehr wahrscheinlich arbeiten war – also hatten wir uns mit Kartons bewaffnet auf den Weg gemacht. Ich hatte Michael beschrieben, welche Bücherregale mit meinen Büchern gefüllt waren und in Rekordzeit luden wir die Sachen in mein Auto. Viel war es gar nicht, was ich besaß: hauptsächlich Bücher, die restlichen Klamotten und ein paar Küchenutensilien. Ich konnte nicht aufhören mich zu fragen, ob Martin überhaupt auffallen würde, dass ich die Sachen geholt hatte.
Wieder in meiner neuen Wohnung hatten wir die Sachen verstaut, noch mehr Kaffee getrunken und geredet. Michael war erstaunlich erwachsen und erkundigte sich noch nach meinen Anwalt. Ich hatte gerade den Namen Doegmann genannt, da begann er zu lachen und sagte: „Ich höre, ich höre.“ Dabei schüttelte er seinen Kopf auf eine sehr merkwürdige Art und Weise; eigentlich war es mehr ein Wiegen.
Ich sah ihn verständnislos an. „Ach, der Doegmann hat immer mal wieder ein paar Wochenendseminare an der Uni gegeben, lustiger Typ. Also eigentlich nicht wirklich lustig, aber er wackelt immer so mit dem Kopf.“
Ich musste lachen und entgegnete: „Weil es noch nicht merkwürdig genug ist, dass er immerzu ,Ich höre, ich höre‘ sagt?“
Alles in allem war es ein sehr entspannter Tag und ich konnte nun offiziell behaupten, hier zu wohnen.
Doch gegen halb fünf war ich unruhig geworden, da ich schließlich noch – wie von Alex angeordnet – zu dem Sexshop wollte und meinen Bruder loswerden musste.
Ich war neugierig, was der Shop wohl zu bieten haben würde.
Als ich den Laden betrat, sagte ich überrascht: „Oh.“ Die Frau hinter dem Kasentresen sah auf und lächelte mich an. Ich lächelte zurück und ließ meinen Blick durch den Verkaufsraum schweifen. Hier gab es aber ein reichliches Angebot. Unsicher machte ich einen Schritt nach vorne, nur um gleich darauf wieder stehen zu bleiben. Ich sah unentschlossen nach links, dann nach rechts. Wo sollte ich bloß anfangen?
„Kann ich vielleicht helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“
Vollkommen lautlos war die Verkäuferin neben mir aufgetaucht und sah mich an. Ich überlegte, es zuerst mit der alten „Ich suche etwas für eine Freundin“-Leier zu versuchen,
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