Verführerische Fesseln (German Edition)
überlegte gerade, ob ich Alex ertränken oder erwürgen wollte, als mich plötzlich alle ansahen und ich merkte, dass das Wort offensichtlich an mich gerichtet worden war.
„Äh, bitte? Ich habe gerade nicht hingehört.“
Kai strahlte mich an und Alex ignorierte ich jetzt einfach. Zumindest, bis ich mich entschieden hatte, was ich tun wollte.
„Ach, nichts Wichtiges. Kai – ich darf doch Kai sagen, oder?“, fragte meine Mutter und auf sein Nicken hin fuhr sie fort: „Kai sagte nur gerade, dass er sehr gerne liest und daraufhin habe ich erwähnt, dass du auch gern liest. Nicht wahr?“
Meine Mutter strahlte mich geradezu auffordernd an und ich brachte ein gequältes „Ja, sehr gerne sogar“ heraus.
Dann kam mein Vater mit dem Kaffee und erlöste mich. Ich nahm vorsichtig einen Schluck und seufzte innerlich. Genauso hatte ich mir das vorgestellt – zumindest den Kaffee.
In meinem Kopf arbeitete es fieberhaft. Was sollte ich nur tun? Warum hatte Alex nichts erwähnt? War ihm unser Verhältnis peinlich? Wollte er nicht, dass mein Bruder davon erfuhr?
Ich wurde nicht schlau aus dem Mann. Er unterhielt sich mit Kai, meinem Vater und Bruder. Da wandte Alex den Kopf und zwinkerte mir zu. Ich kniff die Augen zusammen und er besaß tatsächlich die Frechheit, leicht zu grinsen, bevor er sich wieder seinen Gesprächspartnern zuwandte.
So war das also. Er fand es lustig. Schön, von mir aus. Ich konnte auch lustig sein. Mal sehen, wie witzig er es noch finden würde, wenn er mitbekam, dass meine Mutter mich mit seinem ach so netten Kollegen verkuppeln wollte? Und er würde es mitbekommen, meine Mutter war nämlich alles andere als subtil.
Ich war auf halbem Weg durch meine Tasse Kaffee, als Kai sich aus der Gruppe löste und sich zu mir an die Kommode gesellte. Er stellte sein Glas weg und fragte: „Was haben Sie denn als Letztes gelesen?“
„Du – sag du, ich bin Marie. Einen Krimi von Petra Hammesfahr, aber ich komme gerade nicht auf den Titel, irgendetwas mit Jäger?“ Ich dachte laut nach und tippte mir mit dem Finger ans Kinn. Dann schüttelte ich den Kopf. „Ich komme gerade einfach nicht auf, es fällt mir bestimmt beim Essen ein. Und selbst?“
„Kleine Raupe Nimmersatt.“
Gegen meinen Willen musste ich lachen. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Alex zu uns herüberschaute.
„Eine ungewöhnliche Wahl.“
„Na ja, ich sollte wohl dazu sagen, dass die Wahl nicht freiwillig war. Ich wurde gezwungen. Meine Nichte ist jetzt drei und kann das Buch gar nicht oft genug vorgelesen bekommen.“
Ich lächelte und musste unwillkürlich darüber philosophieren, wie schnell der Anwalt es geschafft hatte, Kinder ins Spiel zu bringen. Ein Thema, bei dem die meisten Single-Frauen in meinem Alter sicherlich hellhörig wurden.
Meine Mutter gesellte sich zu uns und verkündete, dass das Essen fertig sei. Sie hatte sich natürlich auch Gedanken um die Sitzverteilung gemacht und ich saß gegenüber von Kai, während Alex meinem Bruder beim Essen zusehen durfte.
Alex’ Blick wanderte über die Tischordnung und langsam hatte ich das Gefühl, dass ihm dämmerte, was hier gerade vor sich ging.
Ich muss zugeben, dass das Essen lecker war. Das Gespräch am Tisch hätte ebenfalls nett sein können – aber die Situation war für meinen Geschmack einfach zu kompliziert. Meine Mutter wollte mich mit einem von zwei Gästen verkuppeln, während ich Sex mit dem anderen hatte. Und was für Sex! Das Ganze roch förmlich nach schlechter Daily Soap.
Doch bis jetzt hatte ich mich ganz gut im Griff. Dann richtete Alex zum ersten Mal das Wort an mich und ich fühlte, wie mein Lächeln gefror. „Ich finde es wirklich nett, dass ich Sie mal kennenlernen kann, Marie. Ihr Bruder hat schon viel von Ihnen erzählt.“
Ich lächelte höflich und in meinem Kopf arbeitete es fieberhaft. Wenn er Krieg wollte, konnte er Krieg haben. Selbst, wenn er damit keinen hatte anzetteln wollen, jetzt war es zu spät.
„Das ist nett von Ihnen, ich freue mich auch. Scheinbar kann Michael ja mit wirklich netten Kollegen rechnen.“ Mit diesem Satz wandte ich meinen Blick mit einem strahlenden Lächeln Kai zu.
Ich bildete mir ein, zu sehen, dass Alex leicht zusammenzuckte und der Blick meines Bruders wanderte aufmerksam zwischen mir und Alex hin und her. Ich konnte einen gewissen Stolz nicht leugnen, Michael war wirklich ein schlaues Kerlchen.
Ich entschuldigte mich für einen Moment und verschwand auf der Gästetoilette. Ich war
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