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Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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herstellte - wie dünn auch immer? Eine weibliche Erbin, die sie unmöglich an den Sohn erinnern konnte, den sie aufgegeben hatte?
    Enttäuscht schüttelte er den Kopf, während er den Blick über die obersten Reihen des Bücherregals schweifen ließ. Wie sehr er sein Hirn auch strapazierte, er konnte sich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass eine Frau mit solchen Büchern sich mit jenem Mann einließ, den er als Vater kennen gelernt hatte.
    Als Alex zu schreiben begann, stellte er fest, dass die Tinte längst an der Feder getrocknet war. Er verspürte nicht die geringste Lust, in dieser Nacht noch eine Depesche nach St. Petersburg zu schicken. Aber es musste erledigt werden, solange seine Eindrücke noch frisch waren. Ablenkungsmanöver wurden nicht leichter, wenn das Erinnerte bereits verblasste.

    Als Livia am nächsten Morgen erwachte, war ihr das Unbehagen schon vertraut. Sie lag auf der Matratze und schaute auf zu dem bestickten Baldachin ihres Himmelbettes, auf den ein wunderbar sinnliches Gemälde des französischen Malers Fragonard gemalt war. Er hatte zur ursprünglichen Einrichtung des Hauses gehört und ihr so gut gefallen, dass sie ihn im Zuge der Renovierungen gereinigt und restauriert hatte. Noch ein Teilchen in dem großen Rätsel, das Tante Sophia heißt, dachte sie. Wie viele Liebhaber sie wohl in diesem Bett empfangen hatte, um mit ihnen das erotische Gemälde oben am Baldachin zu betrachten?
    Alex regte sich neben ihr. Anders als Livia, die nach dem Aufwachen gern noch eine Weile in ihren Träumen schwebte, war er wie immer sofort hellwach. Sein Blick war klar wie sein Bewusstsein, und er würde gleich aufstehen. »Guten Morgen, meine Liebe.«
    »Guten Morgen.« Livia reckte sich träge, drehte den Kopf zu ihm und ließ sich einen Kuss auf die Wange drücken. »Es regnet.« Die dicken Tropfen trommelten geräuschvoll auf die Fensterscheiben.
    Alex setzte sich auf. Wie immer, wenn er in diesem Bett schlief, wanderte sein Blick nach oben zu dem Gemälde, und er dachte genau dasselbe wie Livia. »Dumme Sache. Ich war mit ein paar Freunden zu einem Ausritt verabredet.« Er schlug die Decken zur Seite, stand auf und rieb sich den Nacken. »Was hast du heute vor?«
    »Eigentlich bin ich zum Lunch verabredet. Aber ich glaube, ich lasse mich entschuldigen.« Livia richtete sich auf und genoss den Anblick ihres nackten Ehemannes. »Würdest du bitte nach Ethel läuten?«
    Alex klingelte, kam noch einmal ans Bett, um sie zu küssen, und ging dann ins Zimmer nebenan, um nach Boris zu läuten. Obwohl Boris inzwischen zum Hausverwalter ernannt worden war, arbeitete er immer noch als Kammerdiener. Aufmerksam schärfte der Diener das Rasiermesser, reichte es seinem Herrn und legte ihm ein warmes Handtuch um den Nacken.
    Alex tauchte das Rasiermesser ins Wasser. Die Depesche, die er in der vergangenen Nacht geschrieben hatte, musste an den Kurier des Geheimdienstes übergeben werden. Aber er hatte die Absicht, sie Prinz Michael Michaelowitsch zu zeigen, bevor er sie auf den Weg brachte. Ein hübsches Ablenkungsmanöver, das die Spuren gründlich verwischen würde. Wie sollte er es am besten anstellen?
    Er dachte immer noch über verschiedene Möglichkeiten nach, als er zum Frühstück ging und eine Nachricht von Tatarinov neben seinem Teller fand. Sie war zwar verschlüsselt, aber deutlich genug für Alex. Der Kontakt ist hergestellt.
    Alex legte sich einen Hering in Sahnesoße auf den Teller und schenkte sich ein Glas Bier ein. Livia frühstückte nie mit ihm; sie behauptete, dass beim Anblick seiner Frühstücksgewohnheiten ihr Magen rebellierte. Er dagegen fand es ebenso abstoßend, dass sie gekochte Eier, Brot, Butter und einen starken Tee bevorzugte. Aber zum Glück gerieten sie wenigstens darüber nie in Streit. Denn schließlich gab es auch so schon genügend haarfeine Risse, die sich unter der scheinbar harmonischen Oberfläche ihres Ehelebens auszubreiten drohten.
    Livia ist verwirrt und durcheinander, grübelte Alex, sie fühlt sich nicht wohl. Aber er wusste auch, dass er ihr keine Antwort geben konnte, die ihre Probleme aus der Welt schaffte. Er brauchte sie, brauchte den Rahmen dieser Ehe, um arbeiten zu können. Auf keinen Fall durfte er diesen Rahmen aufs Spiel setzen.
    Der Kontakt zu ihrem Verbindungsmann in der Armee war hergestellt worden. Der Mann verfügte über die nötigen Mittel, um loszuschlagen. Jetzt brauchte er nur noch die passende Gelegenheit. Und er musste den Mut aufbringen.

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