Verführerische Maskerade
auf jede glitzernde Facette des Juwels fiel. »Ist es ein Erbstück?«
Er schüttelte den Kopf. »Die Steine gehören seit Generationen zum Familienvermögen. Aber den Ring habe ich selbst entworfen und für dich fertigen lassen.«
Überrascht starrte sie ihn an. Kein Juwelier war in der Lage, einen solch kostbaren Ring in knapp zwei Tagen zu arbeiten. »Bevor ich dir mein Jawort gegeben habe?«
Er zuckte die Schultern, als hätte er ein schlechtes Gewissen. »Wie soll ich sagen … ich bin eben durch und durch optimistisch.«
Livia war erstaunt und schüttelte den Kopf. Alex ist wirklich ein verblüffender Mann, dachte sie unwillkürlich. Aber sie war so glücklich, dass ihr der Kopf schwirrte, und brachte es nicht fertig, seine seltsame Versicherung infrage zu stellen.
»Ich muss eingestehen, dass ich erst deinen Vater um die Erlaubnis bitten muss, dich zu heiraten«, sagte Alex, »ist dein Vater noch am Leben? Oder hast du einen anderen Vormund?«
»Nein, mein Vater lebt noch«, sagte Livia und löste den bewundernden Blick vom Ring. »Und wenn er nicht mehr am Leben wäre, gäbe es außer mir niemanden, den du um Erlaubnis bitten müsstest. Ich bin alt genug. Und meine Unabhängigkeit erlaubt es mir, meine eigenen Entscheidungen zu treffen.«
»Natürlich«, entgegnete er weich, überhörte aber nicht den herausfordernden Tonfall in ihrer Stimme. Livia Lacey hatte zu lange selbst für ihre Angelegenheiten gesorgt, um sich um die Meinung anderer Leute zu kümmern. »Dann muss ich mich also an ihn wenden?«
Livia nickte entschieden. Nachdem sie in den vergangenen Minuten die Zügel hatte schießen lassen, empfand sie es als große Erleichterung, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. »Oh, ja. Ich schätze meinen Vater sehr, und ich bin der Meinung, dass wir uns keinen Fehltritt erlauben sollten.«
»Dann sollten wir uns um die praktischen Vorbereitungen kümmern. Aber bevor wir damit anfangen, können wir uns ruhig einen Champagner gönnen. Falls du einen Keller hast.« Er schaute sich um. »Gibt es eine Klingel?«
»Ja, gibt es«, Livia deutete auf die verblasste Kordel am Fenster, die halb hinter dem Vorhang versteckt war, »aber es macht wenig Sinn zu läuten. Ich gehe besser selbst in die Küche.«
»Wir sollten es versuchen. Der Bursche schien recht flink zu sein.« Alex zog zwei Mal kräftig an der Kordel. »Solange wir warten, verrate mir doch, was ich tun muss, um deinen Vater um den kleinen Finger zu wickeln.«
Es grenzte an ein Wunder, dass Morecombe die Tür schon nach wenigen Minuten öffnete. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie annehmen müssen, dass er bereits draußen gewartet hatte.
»Brauchen Sie was, Mam?«
»Morecombe, haben wir Champagner im Keller?«, fragte Livia, »mir ist plötzlich nach einem Gläschen.«
Der Butler schien wieder gründlich nachzudenken, während er den Blick zwischen der Lady und dem Prinzen hin und her schweifen ließ. Dann nickte er. »Oh, aye, ich glaube schon. Wollen Sie, dass ich ihn bringe?«
»Bitte«, forderte sie ihn auf und vermied Alex’ entgeisterten Blick.
»Aye … und wie viele Gläser?«
»Bitte zwei«, entgegnete Livia.
Morecombe nickte, schaute wieder in Alex’ Richtung, schlurfte aus dem Salon und schloss die Tür hinter sich.
»Ich habe keine Ahnung, woher du deine Geduld nimmst«, bemerkte Alex. »Ein Diener wie er ist mir noch nie über den Weg gelaufen.«
»Ich habe es doch schon erklärt«, entgegnete Livia, »ich will Sophia Laceys Andenken ehren. Morecombe ist im Grunde genommen sehr einfach zu handhaben. Aber jetzt lass dir besser von meinem Vater erzählen, Reverend Lacey, Graf Harford. Er hat ein paar Eigentümlichkeiten an sich, die du kennen solltest, bevor du ihm gegenübertrittst.«
Alex lauschte aufmerksam. Schnell beschloss er, dass er ausnehmend gut daran tat, es sich mit ihrem Vater nicht zu verderben, ganz gleich, wie unabhängig sie sich auch gab. Livia beschrieb die Eigentümlichkeiten des Mannes so zärtlich amüsiert und verlor sich manchmal in liebevollen Übertreibungen, dass er beinahe neidisch wurde, wenn er unwillkürlich an das Verhältnis zu seinem eigenen Vater dachte.
Als Alex eine Stunde später den Cavendish Square verließ, dachte er noch immer über den Mann nach, der sein Kind mit strenger Hand erzogen hatte. Plötzlich hatte er vor Augen, wie er selbst als kleiner Junge vor dem Vater stand, seine Lektionen aufsagte und auf ein Zeichen der Anerkennung wartete. Niemals
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