Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
verschwinden?«, fragte sie lächelnd.
    »Guter Gott, Livia! Komm nur herein!«, verlangte ihr Vater und schob sich die Brille auf die breite kahle Stirn. »Warum hast du deinen Besuch nicht vorher angekündigt, mein Kind?«
    »Bis vor kurzem wusste ich ja selbst nichts davon. Und plötzlich war ich unterwegs«, erklärte Livia, betrat das vertraute Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    »Was soll das heißen?«, hakte der Vater nach. »Und überhaupt, habe ich dir nicht immer gepredigt, dass du deine Worte klar und präzise wählen sollst? Die englische Sprache gehört zu den reichsten Sprachen der Welt. Du tust ihr keine Ehre, wenn du in solch lächerlichen und nutzlosen Sätzen sprichst.« Trotz seines zornigen Tonfalls erfüllten sich seine blassgrauen Augen mit Freude, als er hinter seinem Schreibtisch hervorkam und sie mit offenen Armen umfing.
    Ihr Vater umarmte sie kurz, trat dann zurück und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Lass dich anschauen.« Es mochte sein, dass das jugendliche Strahlen seiner Augen mit den Jahren verblasst war; aber seine scharfe Beobachtungsgabe und sein Geist hatten keineswegs gelitten.
    »Livia, ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ganz im Gegenteil. Aber ich möchte dich nicht mitten in der Arbeit stören. Es ist besser, wenn ich erst zu Abend esse und in einer Stunde wiederkomme. Schließlich war es ein langer Tag.«
    »Du bist an einem einzigen Tag aus London angereist?«
    »Mit der Postkutsche«, bestätigte Livia, »die Pferde wurden jede Stunde gewechselt. Daher konnten wir schnell fahren.«
    Reverend Lacey runzelte die Stirn. »Es muss recht kostspielig gewesen sein.«
    Livia verschwieg geflissentlich, dass sie die teure Reise nicht aus eigener Tasche bezahlt hatte. »Ich denke, insgesamt war es ein Luxus, der sich rechnet«, meinte sie stattdessen in aller Gelassenheit, »denn sonst hätte ich im Gasthaus übernachten müssen und noch für das Dienstmädchen bezahlen.«
    Ihr Vater schien über das Argument nachzudenken und schüttelte schließlich den Kopf. »Nun, vielleicht hast du Recht … vielleicht. Jetzt geh und iss zu Abend. In einer Stunde kommst du zu mir und berichtest, was dich zu diesem überstürzten Aufbruch veranlasst hat.«
    Sie ließ ihn allein und ging in die Küche. Dort traf sie Martha an, eine Frau aus dem Dorf, die nach Livias Abreise nach London den Haushalt übernommen hatte. Martha rührte einen Topf Suppe auf dem Herd um.
    »Es gibt Kraut und Kartoffelsuppe, Lady Liv. Und der Reverend hat ein wenig Hühnchenpastete von seinem Dinner übrig gelassen«, erklärte die Haushälterin, »wären Sie damit zufrieden? Oder soll ich Ihnen noch ein paar Eier kochen?«
    »Nein, danke. Suppe und Hühnchenpastete sind wunderbar. Vielen Dank, Martha.« Livia setzte sich an den langen Küchentisch. »Sagen Sie, wie ist es ihm in letzter Zeit eigentlich ergangen?«
    »Recht gut.« Martha schöpfte die Suppe in eine getöpferte Schüssel und stellte sie vor Livia auf den Tisch. »Seine Gelenke machen ihm zu schaffen, wenn es draußen feucht ist. Aber wenn ich in seinem Arbeitszimmer ein Feuer anzünden will, gibt es Ärger. Erst am …«
    »… zwanzigsten Oktober«, unterbrach Livia lachend, »obwohl ich nie begriffen habe, warum dieser Tag ihm heilig ist. Kein Feuer nach dem dreißigsten März, keines vor dem zwanzigsten Oktober. Es sei denn, es liegt meterhoch Schnee.« Sie tunkte den Löffel in die Suppe. »Doch sonst geht es ihm gut?«
    »Oh, aye.« Martha schnitt ein Stück Gerstenbrot vom Laib, stach mit der Messerspitze hinein und reichte es Livia. »Er ist so tief in seine Bücher und Papiere versunken, dass er kaum vor Mitternacht ins Bett kommt. Aber ich glaube, er fühlt sich recht wohl dabei.« Die Frau sprach weiter, während sie in die Speisekammer ging und die Pastete holte. »Trotzdem vermisst er Sie, Lady Liv. Was er natürlich niemals zugeben würde.«
    Martha kam mit der Pastete aus der Speisekammer und stellte den Teller auf den Tisch. »Soll ich die Pastete ein Weilchen im Ofen aufwärmen?«
    Livia hatte den Mund voll Brot und Suppe und nickte nur. Merkwürdig, dachte sie, dass ich hier in Vaters Küche hocke, seine Hausmannskost genieße und mit Martha plaudern kann, als wäre ich nie am Cavendish Square gewesen. Es war wie früher; als wäre sie niemals in die Welt des Londoner Adels eingetaucht, als hätte es niemals Bälle und Opernabende gegeben, als hätte sie niemals am Kartenspieltisch

Weitere Kostenlose Bücher