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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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Esme, es zieht.“
    „Woher wissen Sie …“
    „Dass Sie es sind?“ Er lachte leise. „Wer sonst sollte mitten in der Nacht meinen Frieden stören?“
    Steif sagte sie: „Wenn ich störe, gehe ich besser wieder.“
    „Seien Sie kein Gänschen! Ich roch ihr Parfüm.“ Mit einem Blick über die Schulter fuhr er fort: „Mein Scherz kam wohl nicht gut an. Aber macht nichts. Was führt Sie zu dieser Stunde her?“
    „Was wohl?“
    „Sie können nicht schlafen und suchen etwas zu lesen.“
    „Genau so ist es.“ Ihr Ton klang unverhältnismäßig bitter. „Und Ihnen war nach einem Brandy vor dem Schlafengehen.“
    „Um diese Zeit ist ein Buch selten mein Bettgenosse, falls Sie darauf hinauswollen.“
    Sie kam näher und ließ sich in den Sessel neben ihm sinken. „Während man mir außer einem Buch keinen anderen Bettgenossen gönnt.“
    „So gehört es sich auch. Ich werde heute Nacht gewiss nicht Ihr Bettgenosse sein, was immer ich auch letzte Nacht getrieben haben mag.“
    „Nein“, fauchte sie, „natürlich nicht. Aber Sie könnten wenigstens vorgeben, dass der Gedanke daran Sie nicht anwidert.“
    Sein Blick wirkte gehetzt, und er lächelte traurig. „Glauben Sie das nur nicht, meine liebe Esme. Abstoßend sind Sie gewiss nicht. Wenn Sie wüssten …“ Wie in Gedanken versunken, schwieg er, ehe er plötzlich harsch weitersprach: „In der Tat könnte ich Sie durchaus vergnüglich finden, meine Süße. So jung und zärtlich und unbefangen. Aber ich schwor meinem Bruder, seinen Gästen nicht zu nahe zu treten, also kann ich Sie nur von ferne bewundern und vor dem Kaminfeuer über verpasste Gelegenheiten brüten.“ Er seufzte spöttisch. „Ich muss mich in Selbstverleugnung üben, wenn ich Sie so verlockend mit bloßen Füßen und im Nachtgewand dort sitzen sehe.“
    „Selbstverleugnung!“, schnaubte sie verächtlich. „Deshalb haben Sie sich hierher zurückgezogen, um sich mit Laudanum versetzten Brandy zu Gemüte zu führen.“
    Ruckartig hob er den Kopf, in seinen Augen spiegelten sich Qual und Scham, und mit einem unwillkürlichen Schauder schleuderte er das Glas samt Inhalt ins Feuer. Klirrend zerbarst das Gefäß, eine blaue Stichflamme loderte auf und verging rasch. Schroff sagte er: „Da! Zufrieden? Kein Narkotikum heute Nacht! Allerdings auch kein Schlummer, denn sonst könnte ich wieder schlafwandeln und Scham und Schande auf mich laden.“
    Esme beugte sich zu ihm und legte ihre Hand auf seinen Arm, doch hastig, als brenne die Berührung, zog er sich zurück. „Lassen Sie das, wenn Sie Wert auf Ihre Tugend legen.“ Schwer sank er in die Polster des Sofas zurück.
    Sie glitt von ihrem Sitz und ließ sich dicht vor ihm auf die Knie nieder, sodass er ihr ins Gesicht sehen musste.
    „Was denn?“ Sein Ton war mürrisch. „Sie sind immer noch hier? Machte ich nicht klar genug, dass mir Ihre Gesellschaft nicht willkommen ist?“
    „Nein“, flüsterte sie. „Sie sagten, meine Berührung sei unwillkommen. Also werde ich Sie nicht anfassen, aber allein lassen werde ich Sie auch nicht, wenn Sie mich brauchen.“
    „Ich brauche Sie?“, höhnte er.
    „Jemanden brauchen Sie auf jeden Fall. Oder möchten Sie lieber den Duke zur Gesellschaft?“
    „Nein!“ Rasch, aber mit sanftem Griff umfasste er ihr Handgelenk, dann schloss er seufzend die Augen. „Bitte nicht, so soll er mich nicht sehen! Zum ersten Mal behandelt er mich wie seinesgleichen und nicht wie den ewig enttäuschenden kleinen Bruder. Wenn er sähe, wie ich mich kaum des Laudanums enthalten kann, würde das viel zerstören.“
    „Dann erlauben Sie, dass ich Ihnen helfe.“
    Er öffnete die Lider und sah ihr, immer noch mit diesem traurigen Lächeln, in die Augen. „Gerne, wenn Sie denn helfen könnten.“
    „Nun …“ Sie lächelte. „Wenn Sie ohne Laudanum nicht schlafen können, bleibe ich eben so lange hier bei Ihnen und lenke Sie ab, bis Sie müde genug sind, zu Bett zu gehen.“
    Seine Lippen zuckten; er musterte sie von Kopf bis Fuß, dann sagte er: „Zweifellos böten Sie eine Menge Ablenkung, aber habe ich Ihnen meinen diesbezüglichen Standpunkt nicht klargemacht?“
    Unversehens schoss ihr die Röte ins Gesicht, sodass sie sich von ihm abwandte. Sie stand auf und ging langsam zum Fenster. Leichthin sagte sie: „Seien Sie nicht albern! Ich sah neulich ein Kartenspiel hier, damit könnte die Zeit recht angenehm vergehen. Was spielen wir? Whist?“
    „Esme, für Whist muss man zu viert sein! Kennen Sie

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