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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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war einfach nur froh, Sie lebendig zu sehen.“
    Ohne nachzudenken griff er nach ihrer Hand, und ihm stockte der Atem, als sie ihre schmalen warmen Fingern mit den seinen verschränkte. „Ich lebe noch, und mein Bruder ist wohlauf, und es steht besser zwischen uns beiden als seit vielen Jahren. Eigentlich muss ich Ihnen dafür danken, was ich hiermit tue. Bitten Sie mich jedoch um nichts weiter, ich werde Ihnen nicht nachgeben. Kein anständiger Mann würde Ihnen bei Ihrem Vorhaben helfen. Sie verdienen etwas Besseres, und ich bin nicht in der Lage, es Ihnen zu bieten.“
    Abermals schimmerten Tränen in ihren Augen, doch er verhärtete sich dagegen. „Esme, ich bitte Sie, wenn Sie durch Mirandas Bemühen einen Antrag erhalten, nehmen Sie ihn an, oder heiraten Sie den Mann, den Ihr Vater für Sie wählte. Sind Sie erst getraut, kann Ihr Vater Ihnen keine Vorschriften mehr machen. Heiraten Sie, Esme, und zwar bald. Nur denken Sie dabei nicht an mich.“ Er entzog ihr seine Hand und ging zurück zu seinem Bruder.

11. KAPITEL

    Schlaflos grübelnd wälzte Esme sich in ihrem Bett. Wieder und wieder rückte sie ihr Kissen zurecht, um eine kühle Stelle für ihr Haupt zu finden. Mit dem lauten Ticken der Uhr rann die Zeit unwiederbringlich dahin.
    Der schöne Plan, ihre Tugend zu opfern, um ihre Freiheit zu gewinnen, war irgendwo im Sande verlaufen. Dann hatte sich Miranda angeboten, ihr einen Ehemann zu verschaffen, damit sie von ihrem Vater loskäme. Doch all das genügte Esme nun nicht mehr, denn während sie auf die Rückkehr der beiden Männer gewartet hatte, war ihr etwas klar geworden: Sie hatte sich dummerweise verliebt, und ausgerechnet in St John Radwell. Das Band zwischen ihnen war mehr als nur Freundschaft. Er begehrte sie, wie sehr er es auch leugnete. Zwar bestand er darauf, nicht um sie anhalten zu können, aber er begehrte sie, denn anders war es nicht zu erklären, dass seine Wachträume ihn nachts in ihr Zimmer trieben.
    Aufseufzend rollte sie sich auf den Rücken und zog sich das Kissen übers Gesicht. Warum musste der Mann ausgerechnet jetzt, da sie einen Schurken brauchte, beschließen, wieder ehrenhaft zu werden? Wenn er sich ihr gegenüber Freiheiten herausnahm, würde er sich zweifellos gezwungen fühlen, sie zu heiraten, was er als der Lebemann, der er früher gewesen war, nicht für notwendig gehalten hätte.
    Weil er sie schützen wollte, wahrte er Distanz, gleich um welchen Preis, und wäre es der Verzicht auf ihre erfüllte Liebe. Bot ihr das Schicksal denn keinerlei Aussicht auf Glück, sondern nur die bittere Wahl, entweder eine Ehe ohne Liebe zu führen oder im Hause ihres Vaters als alte Jungfer zu enden, die lebenslang für den Fehltritt ihrer Mutter büßte?
    Entschlossen warf sie die Decke von sich und setzte sich auf. An Schlaf war nicht zu denken, nicht mit dem Bild St John Radwells vor Augen, wie er sich nackt über sie beugte und das Mondlicht auf seiner Haut schimmerte. Sie hatte den Anblick in sich aufgesogen, ehe sie seinen Namen rief, um ihn aus der Trance zu wecken.
    Vermutlich bestätigte das die Meinung ihres Vaters über ihre Verworfenheit, denn ein anständiges Mädchen wäre sicher entsetzt zurückgeschreckt oder hätte um Hilfe geschrien. Sie hingehen hatte sich danach gesehnt, ihn zu berühren, und gehofft, er würde zu ihr ins Bett kommen.
    Leider war zu ihrer großen Enttäuschung der Duke auf der Bildfläche erschienen, um sie zu retten.
    Als sie daran dachte, was hätte sein können, wurde ihr so heiß, dass sie am liebsten ihr Nachtgewand ausgezogen und sich nackt auf das kühle Laken gelegt hätte, so wie er es wohl zu tun pflegte.
    Rasch erhob sie sich, um den zügellosen Einfällen zu entkommen, die in ihrem Kopf geisterten. Um nach Tee zu läuten, war es viel zu spät, aber vielleicht sollte sie sich ein Buch aus der Bibliothek holen? Ein frommes Psalmenbuch würde ihr erhitzte Fantasie abkühlen; zumindest hatten die sonntäglichen Predigten in der Kirche immer eine einschläfernde Wirkung.
    Leise ging sie die Treppe hinab, wobei der kalte Marmorboden unter ihren bloßen Füßen sie zittern machte. Als sie behutsam die Bibliothekstür öffnete, hielt sie auf der Schwel le inne. Sie spürte seine Gegenwart, ehe sie ihn sah. Kerzen brannten, und eine Karaffe nebst gefülltem Glas stand auf ei nem Tischchen neben dem Sofa, über dessen Rückenlehne, vom Feuer angestrahlt, Radwells goldblonder Schopf ragte.
    Ohne sich umzudrehen, sagte er: „Kommen Sie herein,

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