Verführerischer Weihnachtstraum
befürchtete, das kleine Auto könnte auf dem kurzen Stück zwischen Greengage Cottage und Georgies Wohnung eine tödliche Allergie gegen Schnee entwickeln.
Pierre stand bei der Spüle, ein Geschirrtuch in der Hand, und gab sich Mühe, hilfreich zu wirken. Währenddessen tat Didi ihr Bestes, um Georgie zu überreden, doch noch länger zu bleiben. Wenigstens so lange, bis man sie mit dem Bentley nach Hause bringen konnte.
Irgendwann schaffte es Georgie dann doch, das Cottage zu verlassen. Erleichtert kam sie bei sich zu Hause an. Sie hatte den ganzen Tag für sich, denn Didi und Pierre wollten zusammen einkaufen gehen. Gott sei Dank kamen sie erst am Abend wieder zurück.
Es hatte aufgehört zu schneien, doch die Temperaturen lagen noch immer unter dem Gefrierpunkt. Inzwischen schmolz die strahlende Sonne am blauen Himmel die hübsche weiße Pracht weg. Georgie hoffte darauf, dass das Wetter sich hielt. Dann würde dem Plan, heute Abend zu dritt in eines der hiesigen Restaurants zum Dinner zu gehen, nichts im Wege stehen. An einem öffentlichen Ort bestand zumindest kein Risiko, dass die Dinge außer Kontrolle gerieten.
Wenn sie daran zurückdachte, was passiert war, wollten ihre Knie nachgeben. Sie schloss die Augen.
Nicht nur hatte Pierre sie berührt – sie hatte gewollt, dass er sie berührte. Hatte praktisch darum gebettelt und sämtliche Selbstbeherrschung fahren lassen. Hatte sie überhaupt auch nur den Versuch eines Einwands gemacht? Sie konnte sich nicht mehr erinnern.
Georgie stürzte sich in Arbeit. Sie putzte das Haus von oben bis unten und machte sich dann daran, das Weihnachtsmannkostüm auszubessern. Der alte Mr. Blackman trug es jedes Jahr bei der Weihnachtsfeier, wenn er kleine Geschenke an die Kinder verteilte. Aber der Anzug hatte es dringend nötig, und der falsche weiße Bart hatte auch schon bessere Tage gesehen.
Mit dem laufenden Fernseher im Hintergrund gelang es Georgie tatsächlich, sich mit Flicken, Waschen und Bürsten eine Weile abzulenken. Nicht, dass die Erinnerung an Pierres Berührungen sich gänzlich hätten ausblenden lassen. Sein Mund auf ihren Brüsten, seine Hände auf ihrer Haut, dieses unwiderstehliche Verlangen, sich dem nicht aufzuhaltenden Gefühl hingeben zu wollen. So hatte sie sich noch nie gefühlt. Stan war ein sehr zärtlicher Liebhaber gewesen, Pierre dagegen hatte sie überwältigt und in eine Frau verwandelt, die sie gar nicht kannte.
Georgie hatte damit gerechnet, dass Didi sich melden würde. DasTelefon klingelte um halb sechs. Didi schäumte praktisch über vor Begeisterung nach dem Einkaufsbummel mit ihrem Sohn. Die trübsinnige, schwermütige Frau, die sie vor weniger als vierzehn Tagen noch gewesen war, existierte nicht mehr. Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, um den fantastischen Lunch in einem der Hotelrestaurants zu beschreiben, den gemütlichen Nachmittagstee und die wundervollen Läden, in denen sie nach Weihnachtsschmuck und Geschenken gesucht hatten.
Georgie versuchte, sich Pierre beim Aussuchen von Geschenken und Christbaumkugeln vorzustellen. Es gelang ihr nicht. Allerdings musste sie sich eingestehen, dass ihr bisheriges Bild von ihm immer mehr in sich zusammenfiel. Woher sollte sie also sagen können, ob er nicht leidenschaftlich gern durch Läden stapfte und sich seine Energie bei Tee, Gebäck und Sandwiches zurückholte? Wohin waren nur all die nützlichen Schubladen verschwunden, in die sie seinen Charakter so fein säuberlich einsortiert hatte? Überhaupt: Wo war der zwar gut aussehende, aber langweilige, humorlose und zudem herablassende Workaholic geblieben? Nicht mehr aufzufinden. Was Georgie nur allzu deutlich vor Augen führte, dass sie sich keineswegs damit rühmen konnte, ein besonders guter Menschenkenner zu sein. Geschweige denn ein Männerkenner.
Aber noch viel wichtiger: Wer war sie eigentlich? Wo war die heitere, unbeschwerte Frau geblieben? Die Frau, die die Situation, die sie selbst unbedachterweise heraufbeschworen hatte, unter Kontrolle hatte? Und wo war überhaupt ihre gesunde Abneigung gegen Pierre geblieben? Auf die hatte sie sich bisher doch immer verlassen können. Heute Morgen aber war sie seiner enormen sexuellen Ausstrahlung erlegen. Von der sie nie vermutet hätte, dass er sie überhaupt besaß.
„Es war ein herrlicher Tag“, plauderte Didi munter weiter. „Deshalb dachten wir uns, wir lassen ihn im ‚Chez Zola‘ ausklingen. Oder möchtest du lieber gemütlich zu Hause …“
„Nein!“ Selbst
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