Verfuehrerisches Geheimnis
überlassen seid«, neckte Philadelphia sie.
Hyazinthenduft erfüllte Catherines Sinne, und sie errötete tief, Liz aber lachte und sagte: »Morgen werden die Herren sicher den ganzen Tag jagen, und dann müssen wir uns für den Hof zurechtmachen. Wird nach dem Maskenspiel getanzt?«
»Aber sicher. Die Königin tanzt in letzter Zeit nicht mehr selbst, sieht aber gern zu, wenn ihr Hof sich auf dem Parkett tummelt.« Kate verdrehte bezeichnend die Augen. »Und ich muss bleiben, bis sie sich zurückzieht.«
»Da du Ihre Erste Kammerfrau bist, ist es deine Pflicht«, hob Isobel hevor.
Kate lächelte. »Ganz recht, Isobel. Es ist eine ehrenvolle Pflicht, und ich wäre selbstsüchtig und undankbar, wenn ich mich beklagte.«
Arbella sah Patrick an. »Hoffentlich tanzt Ihr auch, Lord Stewart.«
Cat lachte laut auf, als sie sich ausmalte, wie er mit seinen riesigen gespornten Stiefeln über die Tanzfläche polterte. Ihre Blicke trafen sich, und sie sah, dass er sie belustigt anschaute. Sie fragte sich, ob er ihre Gedanken gelesen hatte oder noch immer an ihre Bemerkung über das Schaffell dachte.
Der Audienzsaal zu Whitehall war gedrängt voll. Die aufgeputzten und zurechtgemachten Höflinge überboten einander an prächtiger Kleidung und kostbarem Geschmeide. Ihre Majestät jedoch, die erhöht unter einem Baldachin thronte, stellte alle anderen in den Schatten. An diesem Abend trug sie weißen, dramatisch mit Schwarz unterlegten und mit Jet-Perlen, echten Perlen und Diamanten bestickten Satin. Ihre rote Perücke zierten Pfauenfedern und schwarze Spitze. Elizabeth wollte mit dieser äußeren Prunkentfaltung majestätische Würde und Macht dem o nstrieren und ihre Weiblichkeit in einer von Männern dominierten Welt betonen, nicht zuletzt in der Hoffnung, die Hofgesellschaft würde, von ihrer Kleidung und ihren Juwelen geblendet, nicht erkennen, wie alt und runzlig sie geworden war.
Das Maskenspiel, das aufgeführt werden sollte, beruhte auf John Lylys Stück Die Frau im Mond und war eines der beliebtesten Stücke bei Hofe, da Lyly zur Unterhaltung und nicht zur Belehrung schrieb und mit seinen Romanzen den Geschmack der englischen Damenwelt traf. Diese spezielle höfische Komödie nun, die einen Stoff aus der griechischen Mythologie zum Inhalt hatte, war äußerst blumig und reich an Anspielungen. Die Geschichte von Endymion, dem griechischen Hirtenknaben, der seine himmlische Herrin, die Mondgöttin Cynthia, anbetet, ihr jedoch untreu wird und sich nicht nur mit einer, sondern gleich mit zwei irdischen Geliebten einlässt, war äußerst gewagt.
Lady Catherine in ihrem Kostüm als Mondgöttin Cynthia stellte die Königin dar, die selbst nicht mehr bei Maskenspielen auftrat. Cat trug eine Perücke, deren rotgoldenes Haar ihr bis zur Taille reichte. Funkelndes Silbergewebe über fleischfarbener Seide ließ ihr Kostüm durchsichtig erscheinen. Sie thronte auf einer großen, schimmernden Mondsichel, die vor einem schwarzen, den Nachthimmel darstellenden Samthintergrund schwebte. Die anderen Darsteller mussten zu ihr aufblicken, wenn sie ihren Text sprachen, während sie ihr reines, kühles, unschuldiges Licht auf sie warf.
Patrick Hepburns Blick wurde fast gegen seinen Willen von Catherine angezogen. Sie war nicht nur wunderschön, sie war auch ein durchtriebenes kleines Ding. Hoch oben auf der Mondsichel thronend, zog sie alle Blicke auf sich, ohne dass ihre geringe Körpergröße den Eindruck beeinträchtigt hätte. Er wusste, dass sie es liebte, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und erkannte mit sicherem Blick, dass dieses Bedürfnis auf die kühle Gleichgültigkeit ihrer Mutter zurückzuführen war. Isobels offenkundiges Desinteresse und die langen Trennungen von ihrem Vater hatten in Cat das Gefühl geweckt, nicht geliebt zu werden, wie er es aus seiner eigenen Kindheit kannte.
Nur mit Mühe riss er den Blick von ihr los, indem er sich sagte, dass er noch den Rest seiner Tage Zeit haben würde, ihre Schönheit zu bewundern. Heute musste seine Aufmerksamkeit allein der Königin gelten. Es war vielleicht seine einzige Chance, Elizabeth aus unmittelbarer Nähe zu beobachten. Die im Audienzsaal herrschende Dunkelheit erlaubte es ihm, sich unbeobachtet durch die Menge in den Vordergrund und in die Wähe Ihrer Majestät zu drängen. Natürlich war sie ebenso wie die Darsteller des Maskenspieles gut beleuchtet. Sobald er nahe genug herangekommen war, lehnte er sich an die Wand, von wo er dank seiner Größe alle vor ihm
Weitere Kostenlose Bücher