Verfuehrt
Dokumenten vorgelegt hat. Und das Bild wird auch in keinem Werkverzeichnis geführt. Das hat meinen Freund Arnold ja stutzig werden lassen und deshalb hat er den Verdacht geäußert, dass es vielleicht gar nicht von Enzo stammt.« Als Matteo fragend die Brauen hebt, fügt er noch hinzu: »Arnold ist Kunsthistoriker an der University of Bristol.«
»Arnold Highcombe?«
»Genau.« Lord Ashbury sieht Matteo überrascht und erfreut an. »Kennen Sie ihn?«
»Flüchtig. Wir sind uns mal auf einem Kongress in Florenz begegnet«, bestätigt er lächelnd, lässt jedoch offen, ob diese Begegnung erfreulich war oder nicht. Da er seine Brauen jetzt jedoch leicht anhebt, tippe ich eher auf Letzteres.
Weiter geht er jedoch nicht darauf ein, sondern deutet wieder auf die Unterlagen. »Wenn das Bild so wenig dokumentiert ist, dann wundert es mich nicht, dass es in den Werkverzeichnissen nicht auftaucht. Aber das bedeutet nicht, dass es sich nicht um einen Enzo handelt. Manchmal gehen Gemälde verloren, verschwinden für eine lange Zeit auf irgendwelchen Dachböden oder in Kellern und erstaunen dann die Fachwelt, wenn sie wieder auftauchen – das wissen Sie so gut wie ich«, sagt er. »Allerdings liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor mir. Es ist nicht leicht, die Provenienz zu klären, wenn so viele Nachweise fehlen.« Er seufzt. »Ich denke, ich muss mir das erst einmal alles in Ruhe durchlesen, um mir einen Eindruck zu verschaffen.«
»Selbstverständlich. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen.« Lord Ashbury scheint begeistert davon, dass Matteo gleich anfangen will. »Ich werde unsere Haushälterin bitten, Ihnen einen Tee zu bringen. Oder hätten Sie lieber etwas anderes?« Er sieht jetzt auch mich an, die Einladung schließt mich also mit ein.
»Gerne einen Tee«, sagt Matteo, und ich nicke zustimmend.
Sobald Lord Ashbury gegangen ist, blicke ich Matteo fragend an. »Wer ist dieser Arnold Highcombe?«
Matteo verdreht die Augen. »Ein schrecklicher Snob, der sich gerne reden hört. Es sieht ihm ähnlich, dass er solche Thesen über ein Bild eines Malers in die Welt setzt, von dem er überhaupt keine Ahnung hat.«
»Heißt das, die Anschuldigung ist haltlos?«, frage ich hoffnungsvoll, doch Matteo schüttelt den Kopf.
»Nein, leider nicht. Dieses Bild fordert Zweifel geradezu heraus. Es ist nicht nur lückenhaft dokumentiert, sondern hat dummerweise auch noch ein Motiv, das für Enzo absolut ungewöhnlich ist.« Er sieht mich ein bisschen vorwurfsvoll an. »Es hätte schon längst eine Expertise dazu angefertigt werden müssen.«
»Das wollte Dad vor dem Verkauf eigentlich nachholen«, verteidige ich mich. »Deswegen war ich in Rom bei dir, erinnerst du dich?«
Unsere Blicke begegnen sich, und sofort sehe ich alles wieder vor mir, was in den letzten Wochen zwischen uns passiert ist, spüre, wie mein Mund ganz trocken wird, als ich an dem Schimmern in Matteos Augen erkenne, dass er gerade das Gleiche denkt.
»Als ob ich das vergessen könnte«, sagt er, und es schwingt etwas in seiner Stimme mit, das mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagt.
Doch ich will mich nicht von den Erinnerungen überwältigen lassen, nicht gerade jetzt, wo es für unser Auktionshaus um alles geht, deshalb räuspere ich mich.
»Kann ich mir das auch mal ansehen?« Ich deute auf die Unterlagen, und Matteo gibt sie mir. Es sind tatsächlich nur wenige Blätter. Die letzten Besitzer des Bildes sind dort verzeichnet und durch beglaubigte Kopien von Kaufurkunden dokumentiert. Das nimmt jedoch nicht viel Platz in Anspruch, da es offenbar in den letzten hundert Jahren ausschließlich in amerikanischem Privatbesitz war. Außerdem gibt es noch einen Hinweis darauf, wie das Bild in die neue Welt kam, denn die Kopie eines Frachtbriefes belegt, dass es Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Schiff von England nach Amerika gelangte, wo es auf einer Auktion versteigert wurde. Und dann sind da noch zwei sehr alte Dokumente, die jedoch in einem altertümlichen Französisch verfasst sind und auf denen ich nur lesen kann, dass sie aus der letzten Dekade des 18. Jahrhunderts stammen. Die Behauptung, dass das Bild nur sehr lückenhaft dokumentiert ist, trifft es also ziemlich gut. Ich schlucke, als ich Matteo wieder ansehe.
»Wie stehen unsere Chancen, was denkst du?«
Er zuckt mit den Schultern. »Frag mich das in ein paar Tagen noch mal. Jetzt kann ich dazu noch gar nichts sagen.«
Es klopft an der Tür, und eine ältere Dame in einer ganz
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