Verfuehrt
bietet. Ich wette, sie hat den fast dreißig Jahre älteren Lord Ashbury auch nur deshalb geheiratet und nicht, weil er ihre große Liebe ist – was die Tatsache, dass sie so unverhohlen mit Matteo flirtet, zu bestätigen scheint.
Für mich hat sie dagegen nur ein sehr müdes Lächeln übrig, das ich ähnlich enthusiastisch erwidere.
»Ich wollte gerade ausreiten«, teilt sie uns fast bedauernd mit – offenbar findet sie jetzt, dass sie hier mehr Spaß hätte haben können. »Aber ich bin in einer Stunde wieder zurück – vielleicht möchten Sie dann noch etwas mit uns essen?« Die hoffnungsvolle Einladung ist eindeutig an Matteo gerichtet. »Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir Zeit hätten, uns näher kennenzulernen.«
Das glaube ich sofort, denke ich und blicke unwillkürlich zu Lord Ashbury hinüber. Es muss ihn doch stören, dass seine Frau einem anderen Mann so offen schöne Augen macht. Doch das scheint er gar nicht wahrzunehmen, wahrscheinlich ist er das schon gewohnt.
Matteo erwidert Rebecca Ashburys Lächeln. »Das ist sehr freundlich, Lady Ashbury. Aber heute Abend habe ich schon etwas vor. Ein anderes Mal gerne«, sagt er, und ich spüre einen Knoten im Magen, der sich vermutlich als Eifersucht herausstellen würde, wenn ich ihn näher untersuche. Ein anderes Mal gern? Ist das sein Ernst? Und von was für einer Verabredung spricht er?
»Oh, wie schade.« Die blonde Rebecca ist eindeutig enttäuscht und macht wieder diese Sache mit den Wimpern. Als sie auch noch ihre Brust ein bisschen weiter rausstreckt, koche ich richtig, doch zum Glück scheint es jetzt selbst Lord Ashbury zu reichen.
»Entschuldige uns, Darling, aber ich möchte Mr Bertani den Enzo zeigen.« Er küsst sie auf die Wange und bedeutet uns dann, ihm zu folgen.
Rebecca Ashbury begleitet uns noch bis in die Halle, wo sich unsere Wege trennen. Sichtlich widerstrebend verlässt sie das Haus – nicht ohne sich noch mal zu uns umzudrehen und Matteo anzulächeln –, während ihr Mann uns in den anderen Flügel des wirklich imposanten alten Gebäudes führt.
»Ich bin sehr froh, dass wir diese Sache jetzt klären können«, sagt Lord Ashbury zu Matteo. »Dass mir Joseph Conroy ein Bild zweifelhaften Ursprungs verkauft, kann ich nämlich immer noch nicht fassen.«
Der Seitenblick, den er mir zuwirft, spricht von seiner Enttäuschung, und das kann ich nicht auf uns sitzen lassen.
»Es wird sich sicher herausstellen, dass es ein Original von Enzo ist«, versichere ich ihm deshalb an Matteos Stelle. Ein Fehler, wie ich gleich darauf erkenne. Denn obwohl ihm seine britische Höflichkeit verbietet, eine scharfe Erwiderung darauf zu geben, scheint meine Einmischung Lord Ashbury gar nicht zu gefallen.
»Ich denke, wir sollten es Mr Bertani überlassen, das zu beurteilen, Miss Conroy«, sagt er, und ich verstumme, als ich die Feindseligkeit in seinem Blick sehe.
Ich wünschte, ich könnte mit mehr Überzeugung vorbringen, dass alles ein schrecklicher Irrtum sein muss. Aber im Grunde bin ich von dieser ganzen Sache genauso verunsichert wie Lord Ashbury, deshalb folge ich den beiden Männern den Rest des Weges schweigend.
Die Lindenburghs, in deren Auftrag wir das Bild vermittelt haben – reiche amerikanische Kunstsammler mit einem hervorragenden Leumund – sind normalerweise über jeden Zweifel erhaben. Doch die Tatsache, dass sie bereit waren, das Bild schon im Vorfeld der geplanten Auktion an Lord Ashbury zu verkaufen, der großes Interesse daran hatte, spricht in dieser Situation eindeutig gegen sie. Und es lässt auch uns in einem schlechten Licht erscheinen, weil Dad den Deal gestattet und nicht abgewartet hat. Dabei wollte er nur einem unserer ältesten Stammkunden einen Gefallen tun. Aber nachdem der Verdacht, es könnte sich nicht um ein Original halten, nun im Raum steht, wirkt es natürlich so, als hätten wir das durch diesen schnellen Verkauf vertuschen wollen – und rein objektiv betrachtet kann ich diese Befürchtung sogar verstehen. Der Kunstmarkt wurde in den letzten Jahren immer wieder von Fälscherskandalen erschüttert, die das Misstrauen gegenüber unserer Branche erhöht und der Presse reichlich Futter gegeben haben. Deshalb muss solchen Anschuldigungen natürlich nachgegangen werden.
Normalerweise wäre ich sicher, dass eine solche Überprüfung gut für uns ausgeht. Aber sonst bin ich auch viel näher dran. Diese Sache ist jedoch passiert, während ich ihn Rom war, und ich weiß einfach zu wenig darüber.
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