Verfuehrt
klassischen Hausangestellten-Uniform – einem dunklen Kleid mit einer weißen Schürze – erscheint mit einem Tablett, auf dem sie eine Porzellankanne und zwei Tassen balanciert.
Mein Gott, denke ich, gegen meinen Willen amüsiert – wenn ich Regisseur wäre, dann würde ich die nächste Jane Austen-Verfilmung definitiv in Ashbury Hall drehen – da kann die Requisite gleich zu Hause bleiben.
Sie stellt Matteos Tasse auf den Schreibtisch und reicht mir meine, weil ich am Schreibtisch lehne und sehr ernst das Bild betrachte, das uns solchen Ärger macht.
»Es kann durchaus von Enzo sein, Sophie«, sagt Matteo unvermittelt, als die Haushälterin wieder gegangen ist – offenbar ist es nicht schwer, meine Gedanken zu erraten.
»Und wie willst du das beweisen, wenn es fast nichts darüber gibt?«, frage ich fast vorwurfsvoll, weil mir gerade wirklich die Hoffnung fehlt.
»So, wie das in solchen Fällen immer gemacht wird«, erklärt er mir lächelnd. »Ich untersuche das Gemälde genau und vergleiche es mit anderen Werken von Enzo, und dann mache ich mich auf die Suche nach der Geschichte des Bildes. Wenn es Belege gibt, dann finde ich sie.«
Er klingt sehr sicher, und ich traue es ihm zu, deshalb lasse ich mich anstecken von seinem Lächeln, und erlaube mir, doch wieder Hoffnung zu schöpfen.
»Dann sag ich schnell Dad Bescheid.« Ich suche mein Handy aus meiner Tasche, und als ich damit zur Tür gehe, habe ich das Gefühl, dass ich Matteos Blicke im Rücken spüren kann. Doch als ich mich an der Tür noch mal umdrehe, hat er den Kopf gesenkt und liest konzentriert in den Unterlagen.
Draußen im Flur wähle ich Dads Handynummer. Er geht fast sofort dran, aber die Verbindung rauscht ein bisschen, offenbar sitzt er im Auto. In knappen Worten setze ich ihn über das in Kenntnis, was Matteo zu dem Enzo gesagt hat.
»Dann heißt es jetzt warten?«, fragt Dad, und ich spüre einen schmerzhaften Stich, weil er so angespannt klingt. »Ich hatte wirklich gehofft, dass dieses Damoklesschwert nicht mehr allzu lange über uns schwebt. Kannst du Signore Bertani nicht bitten, sich zu beeilen?«
»Ich bin sicher, er erledigt das, so schnell er kann«, erkläre ich. »Aber er muss es gründlich machen, Dad, sonst nützt es nichts. Und du weißt doch, das braucht einfach seine Zeit.«
Abrupt bleibe ich stehen, weil sich vor mir auf einmal die Eingangshalle öffnet. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich beim Telefonieren so weit den Flur hinuntergelaufen bin.
»Sag mal«, frage ich dann, weil es mir plötzlich wieder einfällt, »was ist eigentlich mit Mum los? Sie wirkte vorhin wie ausgewechselt. Ich glaube, so entspannt und zugänglich habe ich sie seit Jahren nicht mehr erlebt.«
Dad seufzt. »Ja, ihr Zustand hat sich wirklich verbessert, seit sie bei diesem Dr. Jenkins in Behandlung ist, den Nigel uns empfohlen hat. Ich habe keine Ahnung, was er anders macht als die vielen anderen, bei denen sie schon war, und ich kann dir auch nicht sagen, wie lange es anhält. Aber für den Moment ist es natürlich sehr positiv.«
Wieder seufzt er, diesmal wirklich tief, und ich verstehe seine Skepsis nur zu gut. Wir haben schon so viel ausprobiert, jede Art von Therapie. Doch eigentlich hilft das nur in ihren depressiven Phasen, die sie dann relativ gut im Griff hat. Wenn sie manisch ist, verweigert Mum allerdings immer wieder die Einnahme ihrer Medikamente, das ist wie eine fixe Idee von ihr. Auch Sitzungen bei Psychiatern bricht sie dann mit schöner Regelmäßigkeit einfach ab – sodass es in den letzten Jahren keinen nennenswerten Fortschritt in der Behandlung ihrer Krankheit gab. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
»Es ist einen Versuch wert, oder?«, sage ich und wechsle das Handy an das andere Ohr. »Ich muss jetzt wieder zurück, Dad. Ich wollte dir nur kurz Bescheid geben.«
Ich will auflegen, doch Dad hält mich auf. »Sophie?«
»Ja?«
Er schweigt einen Moment. »Du hast doch nichts mit diesem Bertani, oder?«
»Dad!« Ich bin ehrlich erschrocken über diese direkte Frage, die so gar nicht seine Art ist. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meinem Vater, aber über solche Dinge reden wir nie. Nicht mal über meine Beziehung zu Nigel hat er je ein Wort verloren – abgesehen von dem ein oder anderen lächelnd ausgesprochenen Hinweis, dass wir ein schönes Paar sind.
»Entschuldige, das geht mich natürlich nichts an.« Er räuspert sich, offensichtlich ist ihm dieses Thema unangenehm. Doch es brennt
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