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Verfuehrt

Verfuehrt

Titel: Verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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Hemdes sind hochgekrempelt. Den Kopf auf den Arm gestützt und die Hand in sein dunkelblondes Haar geschoben, wodurch es ein bisschen zerzaust ist, hat er gerade konzentriert in einem der Bücher gelesen. Jetzt jedoch blickt er hoch, und als er erkennt, dass ich es bin, die in der Tür steht, lässt er die Hand sinken und richtet sich auf.
    »Sophie.«
    Die Art, wie er meinen Namen sagt, bringt etwas in mir zum Schmelzen, und ich löse mich fast automatisch von der Tür und gehe durch den Raum auf ihn zu. Meine Knie sind ganz weich, als ich schließlich vor dem Schreibtisch stehen bleibe, und ich muss mich daran erinnern, das Atmen nicht zu vergessen, als er leicht lächelt.
    »Ich dachte schon, du hättest mich vergessen«, sagt er, wenn auch nicht so herausfordernd wie sonst. Er klingt eher so, als hätte er das tatsächlich angenommen. Das glaubt er doch nicht im Ernst, oder?
    »Wohl kaum«, antworte ich. »Eigentlich … wollte ich mich nur erkundigen, ob du schon etwas herausgefunden hast.«
    »Ja, habe ich.« Er seufzt tief. »Nur leider noch nicht genug.«
    Jetzt, von nahem, erkenne ich die leichten Schatten unter seinen Augen. Er hat offenbar in den letzten zwei Tagen nicht viel geschlafen.
    »Kann ich irgendwie helfen?«, erkundige ich mich und sehe ihn zerknirscht an, ärgere mich über mich selbst. Ich hätte viel eher kommen und ihm meine Unterstützung anbieten müssen. Schließlich ist er – ganz abgesehen von der Sache zwischen uns – vor allem hier, um uns aus einer ziemlich brenzligen Situation zu retten. Und damit gibt er sich, wenn ich das Chaos auf dem Schreibtisch richtig deute, offenbar große Mühe.
    »Ja, du könntest dir zum Beispiel das hier ansehen und mir sagen, ob ich das richtig deute, dass sich dieser Eintrag auf unser Bild bezieht.« Matteo reicht mir die Kopie eines Registers, offenbar eine alte, handschriftlich verfasste Inventurliste eines englischen Kunsthändlers namens James William Jeffreys von 1809. Die Tinte ist verblasst und die Kopie schlecht, aber an zweiter Stelle ist tatsächlich – soweit ich das erkennen kann – Enzo di Montagna als Maler aufgeführt und der Titel des Bildes lautet …
    »Amici« , sage ich halblaut und blicke staunend auf. »Wo hast du diese Liste her?«
    »Aus einem Archiv in Brighton. Ich konnte gestern die Besitzer des Bildes bis Anfang des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Das war gar nicht so schwierig, denn dazu gab es einige Anhaltspunkte, und ich habe mir die entsprechenden Unterlagen beschafft«, erklärt er mir. »Und mit diesem Eintrag hätten wir den Beleg, wann es nach England eingeführt wurde und von wo – dieser Jeffreys scheint es auf einer Auktion in Paris gekauft zu haben.«
    Er seufzt und steht auf, geht zu dem Gemälde hinüber, das noch auf der Staffelei steht. »Aber viel wichtiger wären frühere Belege, die das Bild eindeutig Enzo zuordnen, und da bin ich noch überhaupt nicht weitergekommen.«
    Ich starre immer noch auf die Kopie der Inventurliste in meiner Hand und beginne erst langsam zu fassen, was Matteo in der kurzen Zeit schon alles geleistet hat. Das hätte ich niemals für möglich gehalten, nicht in zwei Tagen – und von einem Schreibtisch in Hampstead aus. »Wie bist du so schnell an diese ganzen Unterlagen gekommen?« Ich dachte, das wäre alles viel schwieriger.
    »Ich habe sie mir von Kollegen schicken lassen.«
    »Und das ging so schnell?« Normalerweise arbeiten die Mühlen der Wissenschaft deutlich langsamer.
    »Ein paar schuldeten mir noch einen Gefallen«, antwortet er geistesabwesend, weil er immer noch in die Betrachtung des Gemäldes vertieft ist.
    »Und die … löst du für uns ein?« Mir wird auf einmal klar, welche Dimension diese Recherche hat. Und dass Matteo das nur so zügig bewältigt hat, weil er gerade sämtliche Beziehungen spielen lässt, die er hat. Was den Rahmen einer normalen Expertise definitiv komplett sprengt. »Aber das geht nicht. Das musst du nicht. Dann … dauert es eben länger.«
    Matteo wendet sich zu mir um und sieht mich an. »Ich glaube nicht, dass das ›Conroy’s‹ sich eine solche Verzögerung leisten kann.«
    Nein, denke ich, da hat er natürlich recht. Je schneller dieser Verdacht aus der Welt ist, desto besser. Trotzdem geht es nicht.
    »Dass du dich so einsetzt, können wir aber nicht von dir erwarten.«
    Mit einem Lächeln auf dem Gesicht kommt Matteo auf mich zu, bleibt dicht vor mir stehen.
    »Ich tue das ja auch nicht für euch.« Er hebt die Hand und

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