Verfuehrt
gehört Norman – meinem Mann. Er ist zwar Kanadier, aber er liebt den amerikanischen Realismus.« Sie sieht mich anerkennend an. »Sie haben ein Auge für Kunst – aber Sie arbeiten ja auch für ein Auktionshaus, nicht wahr? Matteo hat mir davon erzählt«, erklärt sie mir. »Möchten Sie eine Tasse Tee?«
»Gern.« Ich nicke und frage mich, was ihr Sohn ihr wohl sonst noch erzählt hat. »Wo ist Matteo eigentlich?«
»Oh, er telefoniert oben mit einem seiner Studenten in Rom. Irgendetwas sehr Wichtiges, das länger dauert, deshalb hat er mich gebeten, Ihnen einen Tee zu servieren und sehr nett zu Ihnen zu sein, wenn Sie kommen«, erklärt mir Harriet mit einem verschmitzten Lächeln, das ich sehr sympathisch finde.
Ich hatte sie mir ganz anders vorgestellt, denke ich, als sie in der Küche ist. Härter irgendwie. Kompromissloser. Vielleicht, weil ich dachte, dass eine Frau, die ihre drei Kinder in Italien zurücklässt, um wieder in England zu leben, so etwas ausstrahlen müsste. Womit dann wohl bewiesen wäre, dass das ein Klischee ist und dass Matteo recht hatte: Sie wird ihre Gründe dafür gehabt haben, und erst, wenn ich die kenne, darf ich mir ein Urteil über sie erlauben.
»Ist Ihr Mann nicht mitgekommen?«, frage ich, als sie mit dem Tee aus der Küche zurückkommt und das Tablett auf den kleinen Tisch vor dem Sofa abstellt, auf dem sie mir einen Platz angeboten hat.
Sie seufzt. »Nein, leider. Er muss noch in Vancouver bleiben, vermutlich bis Juli. Die geschäftlichen Angelegenheiten dort lassen sich leider nicht so schnell regeln, wie wir das zuerst gehofft haben. Also musste ich ohne ihn zurückkommen, ich habe einige Komitee-Sitzungen, die ich nicht verpassen darf. Und außerdem wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, Matteo zu sehen, wenn er schon mal in London ist.« Sie gießt uns Tee ein und setzt sich auf den Sessel mir gegenüber, betrachtet mich genauso interessiert wie ich sie. »Schön, dass Sie ihn dazu überreden konnten herzukommen.«
Ihr Lächeln ist vielsagend, und ich frage mich unwillkürlich, wie viel sie über meine Beziehung zu Matteo weiß.
»Er hilft uns mit einer wichtigen Expertise«, sage ich deshalb nur.
»Ja, das hat er mir gesagt.« Ihr Gesicht wird ernst und sie schüttelt den Kopf. »Eine unangenehme Situation. Aber machen Sie sich keine Sorgen – wenn jemand nachweisen kann, dass dieses Bild von Enzo ist, dann Matteo.«
»Schön zu wissen, dass du so große Stück auf mich hältst«, sagt Matteo, der in diesem Moment lächelnd das Wohnzimmer betritt, was mein Herz sofort wieder Purzelbäume schlagen lässt.
Er ist legerer gekleidet als gestern, trägt ein Hemd in einem warmen Braunton und eine beigefarbene Hose, eine Farbkombination, die extrem gut zu seinem Haar und seinen Augen passt. Die Ärmel seines Hemdes hat er aufgekrempelt – etwas, das er gerne tut –, und beim Anblick seiner sehnigen, sehr kräftigen Unterarme wird mein Mund ganz trocken. Es ist noch nicht so lange her, dass ich neben ihm im Bett gelegen habe, und ich kann mir ohne Probleme auch den Rest von ihm nackt vorstellen – aber vielleicht sollte ich in Gegenwart seiner Mutter lieber nicht allzu intensiv darüber nachdenken.
Harriet scheint das allerdings nicht zu stören, denn als ich zu ihr hinübersehe, betrachtet sie Matteo und mich mit einem wohlwollenden Ausdruck auf dem Gesicht.
»Möchtest du auch eine Tasse Tee? Oder lieber einen Kaffee?«, will sie von Matteo wissen.
»Einen Tee«, antwortet er, und sie erhebt sich, um ihm noch eine Tasse aus der Küche zu holen – was Matteo sofort nutzt, um zu mir zu kommen und mir einen schnellen Kuss zu geben, als er sich neben mich setzt.
Er riecht gut, frisch und männlich und extrem anziehend, und ich lehne kurz den Kopf gegen seine Schulter. Mehr traue ich mich nicht, obwohl ich ihm zeigen möchte, wie gerne ich wieder bei ihm bin. Und ihm geht es offensichtlich ähnlich, denn er sieht mich entschuldigend an.
»Meine Mutter stand plötzlich vor der Tür, als ich mich gerade angezogen hatte und dir Frühstück machen wollte«, sagt er. »Sie wollte mich überraschen, deshalb hat sie nicht angerufen.«
Ich lächle ihn an. »Ein Glück, dass sie uns nicht gestern Abend überrascht hat.«
Ein verlangendes Glitzern tritt in seine Augen. »Du solltest mich lieber nicht an die letzte Nacht erinnern. Sonst wird das kein sehr entspanntes Teetrinken für mich«, erwidert er mit einem sexy Grinsen, was meine Sehnsucht nach ihm so
Weitere Kostenlose Bücher