Verführt im Harem des Scheichs
denken. Es muss damit zusammenhängen, dass ich in den letzten Stunden so viel Schreckliches erlebt habe.“ Sie spürte jetzt, wie erschöpft sie war. Sie schwankte. Der Überfall, Georges Tod, die Tatsache, dass sie mit einem ihr völlig fremden, aber sehr attraktiven und offenbar befehlsgewohnten Mann allein inmitten der Wüste war … Das alles war plötzlich zu viel für sie. Ihr schwindelte, und nun war ihr Gesicht kreidebleich.
Besorgt hatte Ramiz beobachtet, wie ihr Zustand sich veränderte. Er fasste nach ihrem Arm, um sie zu stützen, und half ihr, sich wieder auf dem Teppich neben dem Feuer niederzulassen. „Sie müssen sich ausruhen“, sagte er beruhigend. „Morgen müssen wir einen weiten Weg zurücklegen. Um unsere Sicherheit heute Nacht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Die Kamele würden uns warnen, wenn Fremde sich nähern. Und ich werde hier beim Feuer wachen. Sie jedoch sollten jetzt schlafen!“
Sie schaute ihn an, und ihre Augen verrieten, wie verletzlich sie war. Im Licht des jetzt hoch am Himmel stehenden Mondes wirkte ihre Haut beinahe durchsichtig. Sein Zorn verflog. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, musste sie mit ihren Kräften am Ende sein. Er bewunderte ihr Durchhaltevermögen und ihre Tapferkeit. Fürsorglich deckte er sie zu. „Schlafen Sie!“, wiederholte er.
3. KAPITEL
C elia schlief unruhig in dieser Nacht. Und als sie am nächsten Morgen erwachte, wurde sie von heftigen Kopfschmerzen geplagt.
Ramiz musste schon seit einiger Zeit auf sein, denn die Kamele waren bereits beladen und zusammengebunden. In der noch glühenden Asche des Feuers stand eine Metallkanne, aus der ein verführerischer Duft nach Kaffee aufstieg.
Leider schien Ramiz sich nicht wesentlich besser zu fühlen als sie selbst. Er trug eine finstere Miene zur Schau, die ihn älter erscheinen ließ und – wie Celia fand – auf unbestimmte Art furchteinflößend wirkte. „Wir werden das Zelt zurücklassen“, erklärte er, „damit wir schneller vorankommen.“
Sie brachen auf, nachdem sie den Kaffee getrunken und einige Datteln und Früchte gegessen hatten. Im Laufe des Tages hatte Celia dann viel Zeit, ihn und ihre Umgebung zu beobachten. Für ihr ungeschultes Auge sah die Wüste fast überall gleich aus. Der Weg, dem Ramiz folgte, war für sie nur sehr selten überhaupt erkennbar. Je heißer es wurde, desto mehr schienen alle Konturen zu verschwimmen, und es war, als würde der Horizont flackern. Celia war froh über den dünnen Schleier, der sie vor der Sonneneinstrahlung schützte, wünschte sich allerdings, ein leichteres, bequemeres Kleid tragen zu können.
Ihr Begleiter hingegen schien die Hitze gar nicht wahrzunehmen. Er saß sehr aufrecht im Sattel, und die Aufmerksamkeit, mit der er alles um sich her im Auge behielt, ließ nicht eine Sekunde lang nach. Einmal brachte er sein weißes Kamel so plötzlich zum Stehen, dass das Tier mitten in der Bewegung zu erstarren schien.
Erschrocken sah Celia in die Richtung, in die auch er schaute.
„Dort ist etwas“, sagte er in gedämpftem Ton.
Doch so sehr sie sich auch anstrengte, sie vermochte nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Sie schob sogar ihren Schleier zur Seite, um besser sehen zu können. Dann vergaß sie, ihn wieder vors Gesicht zu ziehen, denn es war ein leichter Wind aufgekommen, den sie als angenehm empfand.
„Nur ein Kaninchen“, stellte Ramiz in diesem Moment fest und wies auf etwas sehr weit Entferntes, das wie ein winziger heller Ball aussah. „Wenn mein Falke hier wäre, könnten wir Fleisch zu Abend essen.“
„Ihr Falke?“
„Falken nehmen in unserer Kultur eine wichtige Stellung ein“, erklärte der Scheich. „Wir bezeichnen sie als die Flügel unserer Herzen. Außerdem sind sie natürlich hervorragende Jäger.“
„Sie, Ramiz, scheinen eine besonders gute Beziehung zu Tieren zu haben“, stellte Celia fest. „Ich habe Sie mit Ihrem Schimmel gesehen, an jenem Tag, da unser Schiff in A’Qadiz landete. Wo haben Sie ihn gelassen?“
„Ich habe ihn in A’Qadiz in einer Karawanserei mit Mietstall untergestellt, da ich in Eile war und ihm den anstrengenden Weg durch die Wüste nicht zumuten wollte. Einer meiner Stallburschen wird ihn abholen und ihn in kleinen Etappen nach Balyrma bringen.“
„Ein edles Tier“, meinte Celia bewundernd.
„Der Hengst ist Ihnen also aufgefallen? Vermutlich verstehen Sie etwas von Pferden und reiten gern.“
Sie nickte.
„Auch die Art, wie Sie sich in dem ungewohnten
Weitere Kostenlose Bücher