Verführt im Harem des Scheichs
Kinder zu befreien. Ramiz half ihr in den Sattel ihres Kamels. Gleich darauf verließen sie Scheich Farids Zeltdorf. Winkend und rufend folgten die Kinder ihnen noch ein kurzes Stück. Rafa gehörte zu den letzten, die die Verfolgung aufgaben.
Celia, gerührt über so viel Anhänglichkeit, fuhr sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen. Ramiz ließ sein Kamel langsam gehen, damit sie Zeit hatte, sich zu fassen. Auch er selbst war aufgewühlt. Zum ersten Mal hatte er sich ernstlich damit auseinandergesetzt, dass Celia sein Land bald verlassen würde. Allein die Vorstellung war schrecklich.
Nicht nur die gemeinsamen Nächte würden ihm fehlen. Man kann die Versuchung erst überwinden, wenn man ihr nachgegeben hat, hatte sein Bruder immer behauptet. Nun, in diesem Fall hatte Asad sich getäuscht. Ramiz hatte der Versuchung nachgegeben. Er hatte dafür einige seiner Prinzipien über Bord geworfen. Doch statt sich von Celia abzuwenden, fühlte er sich nur noch mehr zu ihr hingezogen. Aus der körperlichen Anziehung war etwas ganz anderes geworden. Sicher, er begehrte Celia noch immer. Aber ihn verlangte auch nach ihrer Gesellschaft, ihrem Rat, ihrem Lächeln, ihrem Vertrauen.
Er brauchte sie. Er mochte sich nicht einmal vorstellen, wie sein Leben ohne sie aussehen würde. Die Einsamkeit würde unerträglich sein, gefährlicher als die Wüste, in der ein Mann verdursten musste, wenn er keine Oase mit Wasser fand. Ja, er konnte auf Celia ebenso wenig verzichten wie auf das Leben spendende Wasser. Er brauchte sie so dringend wie die Luft zum Atmen.
In der Nacht war ein Bote eingetroffen, um mitzuteilen, dass Celias Vater und weitere Engländer im Hafen von A’Qadiz eingetroffen waren. Ramiz wusste, dass eine Eskorte bereitstand, um die Fremden nach Balyrma zu begleiten. Möglicherweise würde diese Gruppe die Stadt erreichen, ehe Celia selbst dort eintraf.
Eines jedenfalls stand fest: Ihm und Celia blieb also nur noch eine einzige Nacht.
Nur eine Nacht … Und dann eine leere, trostlose Zukunft. Er empfand fast so etwas wie Zorn, weil Celia ihm das angetan hatte. Ehe er sie getroffen hatte, war ihm nicht einmal bewusst gewesen, wie groß seine Einsamkeit war. Früher war er sich selbst genug gewesen, hatte er nichts und niemanden gebraucht. Nur A’Qadiz hatte für ihn gezählt. Immer war A’Qadiz der Grund dafür gewesen, dass er lebte. Die Pflichten gegenüber seinem Land hatten sein Leben ausgefüllt. Nun jedoch reichte es ihm nicht mehr, für das Wohl seines Landes zu arbeiten. Er wollte sich gemeinsam mit Celia für eine bessere Zukunft einsetzen. Ohne sie erschien ihm alles sinnlos.
Aber ihnen blieb nur noch eine Nacht. Dann mussten sie sich trennen. Die Vorstellung schmerzte. Er warf einen kurzen Blick auf Celia, die aufrecht und sicher im Sattel ihres Kamels saß. Sie sah ruhig und gefasst aus, während er von diesem Schmerz erfüllt war, den er früher nicht gekannt hatte. Liebte er Celia? Nein, er konnte und durfte sie nicht lieben. Genau, wie sie ihn nicht lieben konnte und durfte.
Es blieb ihnen nur doch diese eine Nacht.
Als Ramiz sie abends in ihrem Zelt aufsuchte, wirkte er verändert.
Celia hätte nicht genau zu sagen gewusst, worin diese Veränderung bestand. Schon am Morgen, als sie mit Scheich Farid über die Schule gesprochen hatten, war Ramiz in einer seltsamen Stimmung gewesen. Er schien sie zu beobachten. Immer, wenn sie zu ihm hinschaute, ruhte sein Blick auf ihr. Ärgerlich schien er nicht zu sein, aber ungewöhnlich angespannt.
Angespannt wirkte er auch jetzt. Wie ein Tiger im Käfig lief er im Zelt auf und ab.
Er hatte kaum etwas gegessen. Auch Celia hatte keinen Appetit verspürt.
Anders als an anderen Abenden hatten sie sich wenig unterhalten. Sie waren sich der Tatsache, dass sie zum letzten Mal so zusammensaßen, zu sehr bewusst gewesen. Ihr Herz hatte zu schnell geschlagen. Ihr war es vorgekommen, als würde es die Sekunden zählen, die ihr noch bis zu der Trennung von Ramiz blieben.
Jetzt schaute sie schweigend zu, wie er hin und her ging. Während der letzten Nächte war immer er es gewesen, der den ersten Schritt zu ihrem intimen Beisammensein gemacht hatte. Darauf wartete sie auch heute. Sie war aufgeregt, bemühte sich aber sehr, das zu verbergen.
In dieser Nacht wollte sie alles. Die Folgen waren ihr vollkommen gleichgültig. Nichts zählte, außer der vollständigen Vereinigung mit Ramiz. Bisher war er stets extrem vorsichtig gewesen. Er hatte nicht riskieren
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