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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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sie. Lucy zog den Ellenbogen heran, damit er nicht den seinen streifte. »Die Augengläser waren von ihm, oder«, fragte sie und kannte die Antwort längst.
    Er nickte. »Die verfluchten Dinger haben mir teuflische Kopfschmerzen gemacht.«
    »Was war das mit Tam?«
    »Er ist in London geblieben, als die Retribution in See gestochen ist, falls ich ihn brauchen sollte. Als Sie damit gedroht haben, mich zu entlassen …« Gerard schien den Faden zu verlieren. Doch dann erzählte er es ihr rundheraus. »Tam wollte sein Leben lang Pfarrer werden. Aber das mit dem Zölibat wollte einfach nicht funktionieren. Dann haben sie ihn mit zwei hübschen, jungen Novizinnen im Bett erwischt -«
    »›Ein paar der gefährlichsten Verbrecher Englands‹«, zitierte Lucy Gerards Worte. »Eine entsetzliche Horde … vollkommen skrupellos … Ein exkommunizierter Pfarrer? Ein Amateurphilosoph, der nichts von Gewalt hält? Ein Segelmacher, der Angst vor seinem eigenen Schatten hat? Das also sind Ihre Höllenhunde, Captain Doom?«
    Er zuckte die Achseln, was ihrer beider Unterarme in Kontakt brachte. »Sie haben Fidget noch nicht kennen gelernt. Er hat seine Schwiegermutter umgebracht. Allerdings erzählt man sich, dass es nie eine Hexe gab, die es so verdient gehabt hätte wie Fidgets Schwiegermutter.«
    »Dann hätten Sie Fidget der Ehefrau des armen Pudge vorstellen sollen«, flüsterte Lucy.
    »Es tut mir Leid, dass unser Mangel an Schwerverbrechern Sie enttäuscht. Im Gegensatz zu dem, was Sie vermutlich gelesen haben, sind die meisten Piraten normale Seeleute. Männer, denen die Freiheit lieber ist als die Peitsche. Männer, die eine Befehlshierarchie schätzen, welche sich auf persönliche Verdienste stützt, nicht auf die Launen der Herkunft. Ein Teil unserer Leute sind Deserteure aus der heiß geliebten Navy Ihres Vaters.«
    Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Soll das heißen, dass Sie der einzige praktizierende Verbrecher an Bord sind?«
    Er schaute sie mit haselnussbraunen Augen an, deren Wärme den kalten Zug um seinen Mund Lügen strafte. »Wohl kaum. Außerdem ist praktisch jeder eines Verbrechens fähig, wenn sich ihm eine Gelegenheit bietet, der er nicht widerstehen kann.«
    Lucy entdeckte am Hauptmast Apollo. »Wenn Sie mich entschuldigen würden, Captain. Ich würde gerne Ihren Steuermann fragen, ob er wohl so freundlich wäre, mich in meine … Zelle zurückzubegleiten.«
    »Lucy?« Der heisere Tonfall ließ sie innehalten. Nicht Miss Snow , mit diesem spöttischen Unterton, sondern Lucy – zärtlich, betörend und mit Erinnerungen beladen. »Jetzt, wo Sie gerade nicht mit der Pistole auf mich zielen, können Sie glauben, was Sie wollen. Aber ich habe diese drei Männer, die Sie überfallen haben, nicht angeheuert. Und ich werde noch auf meinem Sterbebett bereuen, dass ich Sie an jenem Tag in dieser Gasse allein gelassen habe.«
    Lucy senkte den Kopf und sehnte sich danach, ihm glauben zu können, doch sie musste fürchten, dass er sie dafür einmal mehr als romantische Närrin verspottete.
    Gerard sah zu, wie sie mit sich kämpfte, und wünschte sich nur, der Ausgang jener Schlacht wäre ihm nicht so lebenswichtig.
    Als Lucy ihn endlich wieder ansah, leuchteten ihre Augen mit jenem impertinenten Hochmut, den er schon für immer verloren gewähnt hatte. »Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich Ihnen glaube, Sir. Aber ich habe keinen Gegenbeweis. Wenn ich den hätte, dann würde Pudge jetzt Sie zusammenflicken, und nicht das Topsegel.«
    Mit dieser zweifelhaften Absolution marschierte sie übers Deck und schnappte sich seinen Steuermann. Gerard gab Apollo unmerklich ein Zeichen und nickte ihm zu. Das stoische Gesicht seines Steuermanns wirkte kurz ein wenig überrascht, doch dann salutierte er.
    Lucy war so großmütig gewesen, Gerard ein Bruchstück ihres Vertrauens zu schenken. Und wenn es ihn seinen Seelenfrieden kostete, musste er es ihr dennoch mit gleicher Münze vergelten.
     
    Der Schiffsbauch wirkte nicht halb so verwirrend, als Apollo ihr vorausging. Lucy musste fast schon laufen, um Schritt zu halten.
    »Tut Ihnen der Kopf sehr weh, Apollo? Der Unfall tut mir wirklich Leid. Ich werfe ganz bestimmt kein Kissen mehr gegen die Tür.«
    Er rieb sich die Beule, die die Symmetrie seines ebenmäßigen Schädels störte. »Das Kissen nehme ich Ihnen nicht übel, Missie. Aber ich wünschte mir, Sie würden den Captain nicht noch einmal mit der Pistole bedrohen.«
    »Ich werde darüber nachdenken«,

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