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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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ein Ende setzen will.«
    Lucy hörte Benson in seinem Sessel herumrutschen, als bereite er sich vor, die Flucht zu ergreifen. Mehr aus Langeweile, denn aus Neugier machte sie die Augen auf, blinzelte durch die Rauchschwaden und sah einen Mann im Bogengang stehen.
    Ein ziemlich normaler Mann, dachte sie schläfrig. Ihr träger Blick wanderte den braunen Cutaway hinunter zu der engen Hose aus Wildleder, die in ledernen Stiefeln steckte. Die Sachen waren einfach, aber sauber und ordentlich gebügelt. Sogar Smythe, der sich im Gang herumdrückte und schamlos lauschte, hätte Mühe gehabt, den Bügelfalten einen Makel nachzuweisen. Die Stiefel waren zwar altmodisch und abgenutzt, schienen aber kürzlich poliert worden zu sein.
    Als dieses Modell an Vorzeigbarkeit auftauchte, merkte Benson auf und fing zu schnüffeln an wie ein Jagdhund, der einen Fuchs witterte.
    Der Mann hatte schmale Hüften und lange Beine, doch seine breiten Schultern gaben ihm einen imposanten Anstrich. Er bewegte sich mit lässiger Eleganz an Lucys Malecke vorbei zum Schreibtisch. Ein Hauch lorbeerduftender Rasierseife prickelte in ihrer Nase.
    Seltsam erleichtert, dass er sie nicht bemerkt hatte, fuhr sie fort, ihn zu mustern. Drahtgerahmte Augengläser saßen auf seiner Nase. Er nahm den Hut ab. Das ordentlich geschnittene Haar reichte gerade mal bis zum Nacken. Ganz gewöhnliches Haar, sagte sie sich. Im Schatten hatten sie harmlos braun ausgesehen, aber ein durchdringender Sonnenstrahl suchte und fand einen deutlich ingwergelben Schimmer.
    Er streckte dem Admiral zögerlich die Hand hin. »Gerard Claremont, Sir, zu Ihren Diensten. Zumindest hoffe ich, es bald zu sein.«
    An dieser Stimme war nichts gewöhnlich. Die gedehnten Kadenzen ergossen sich über Lucy und weckten ihre Lebensgeister wie ein heimlicher Schluck jamaikanischen Rums – vollmundig, dunkel und prickelnd.
    »Sie kommen wegen der Stelle?« Der Admiral übersah geflissentlich die ausgestreckte Rechte.
    Mr. Claremont zog taktvoll die Hand zurück und benutzte sie stattdessen, um die breite Krempe seines hellbraunen Huts in Form zu bringen. Lucy nahm seine Hände in Augenschein. Auch die Handrücken trugen Ingwersprengsel. »Ja, das tue ich.«
    »Laut und deutlich, Junge. Ich habe nichts übrig für Murmler.«
    Claremont schaute ihm geradewegs in die Augen. »Das bin ich«, wiederholte er mit klarer Stimme. »Und ich habe Referenzen dabei.«
    Der Admiral grummelte skeptisch und streckte die Hand aus. Claremont zog einen braunen Umschlag aus der Manteltasche und warf ihn auf den Schreibtisch. Lucy hielt die Luft an und wartete, dass ihr Vater den Mann wegen dieser Frechheit rügte.
    Der Admiral studierte Claremont vom Scheitel bis zur Sohle, schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. Aber Lucy bemerkte erstaunt, dass seine Augen bewundernd funkelten.
    Claremont wartete geduldig, während der Admiral die Schreibtischschublade durchwühlte. »Dieses verfluchte, unachtsame Mädchen. Verliert meinen besten Brieföffner. Elfenbeingriff. Habe den Elefanten selbst geschossen auf meinem letzten Afrikaausflug.«
    Lucy vergrub sich tiefer in ihrer Ecke. Sie hütete sich, ihrem Vater zu erzählen, dass sie seinen heiß geliebten Brieföffner benutzt hatte, um auf Captain Doom einzustechen. Dass er ihr vergeben würde, machte das Geständnis nicht weniger schrecklich.
    Sie schnappte nach Luft, als Claremont plötzlich etwas in der Hand hielt. Keinen Brieföffner, sondern ein Messer, dessen Tod bringende Klinge nur eine Handbreit von Vaters Gesicht entfernt in der Sonne blinkte. Mr. Benson schien über den kühnen Auftritt seines Mannes höchst erfreut zu sein.
    Claremont zog sarkastisch eine Braue hoch und bewegte sich mit der unheimlichen Präzision eines Tänzers auf dem schmalen Grat zwischen Häme und Respekt. »Darf ich, Sir?«
    Der Admiral hob schicksalsergeben die Hände. »Aber bitte!«
    Claremont schlitzte den Umschlag auf. Und während Lucys Vater die Empfehlungsschreiben studierte, verschwand das Messer wieder dahin, woher es gekommen war.
    Der Admiral warf Claremont einen anerkennenden Blick zu. »Laufbursche in der Bow Street? Bewundernswerte Arbeit. Haben vieles beigetragen, dass die Londoner Straßen sicherer wurden. Nehme an, militärische Erfahrung haben Sie nicht. Oder doch in der Armee gewesen?« Und schließlich hoffnungsvoll: »Handelsmarine? Royal Navy?«
    Claremont legte den Kopf in den Nacken und lachte. Lucy überlegte verwirrt, ob sie in diesem Raum jemals zuvor

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