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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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den unerbittlichen Händen Captain Dooms gelegen hatte. Seine Hände waren letztlich alles, was sie von ihm kannte. Rücksichtslos, zärtlich, spöttisch. Ihren Hals streichelnd. Sich in ihr Haar wühlend, um sie ganz seinem Willen zu unterwerfen.
    Sie riss sich aus ihren Tagträumen und legte den Pinsel ab, dass das Wasserglas klirrte. »Ich habe von Captain Doom nichts zu befürchten, Vater. Er hat geschworen, eine Rechnung mit dir zu begleichen, nicht mit mir.«
    Er grummelte skeptisch. »Das sagst du .«
    Sie mied seinen Blick, tupfte flaumige Schaumkronen auf eines der Seestücke, die er so liebte, und hoffte, dass er mit dem Resultat zufrieden sein würde. Sie war nie fähig gewesen, etwas vor ihm zu verbergen. Sogar als Kind hatte sie ihm lieber gleich gebeichtet, wenn sie ausnahmsweise einmal Unfug angestellt hatte, als abzuwarten und sich einen Tadel einzufangen.
    Doch sie hütete die gestohlenen Augenblicke mit Doom wie einen Schatz, aus Angst, ihr Vater werde sie zu enormer Schmach stilisieren.
    Sogar jetzt taxierte sie sein scharfer Blick, als sei sie der Verbrecher und nicht Doom. »Und du bist dir ganz sicher, dass dieser Schurke dir nicht gesagt hat, weshalb er einen solchen Groll gegen mich hegt? Hat er keine Anschuldigungen ausgespuckt? Meinen guten Namen nicht in den Schmutz gezogen?«
    Lucy packte seufzend die Staffelei zusammen und stellte sich resigniert auf eine neuerliche, zermürbende Befragung ein, bei der sie jedes Wort und jedes Detail, an das sie sich erinnerte, würde wiederholen müssen. Fast jedenfalls.
    Doch Smythe erschien im Bogengang und rettete sie. Vater verachtete die Gepflogenheit des Adels, die Dienerschaft mit Livree auszustaffieren. Er bevorzugte sie militärisch schlicht mit kurzer blauer Uniformjacke und gestärkter weißer Kniehose.
    Smythe hatte in seiner Jugend als Erster Unteroffizier in Diensten des Admirals gestanden. Die Aufmachung passte zu ihm. Man sah ihm sein Alter nicht an. Das dunkle Haar war von silbrigen Strähnen durchzogen, aber er wirkte geschniegelt und adrett wie ein junger Mann.
    Er schlug die Hacken zusammen und grüßte zackig. »Ein Mr. Benson für Sie, Sir.«
    Der Admiral musste erst Kompass und Astrolabium aus der Westentasche ziehen, bevor er sein treues Chronometer fand, und konnte deshalb nicht sehen, dass Smythe amüsiert Lucy zuzwinkerte, bevor er sich entfernte.
    »Auf den Schlag Zwölf«, verkündete der Admiral »Exzellent! Wenn es etwas gibt, dass ich bei Anwälten nicht leiden kann, dann ist es Unpünktlichkeit. Die Bewerber müssten jetzt auch bald eintreffen.«
    »Bewerber?«, echote Lucy.
    Diesmal griff ihr Vater triumphierend nach der Gazette , nicht missbilligend. Er warf ihr die Zeitung auf den Schoß und zeigte mit gerötetem Finger auf die aufgeschlagene Seite.
    »›Gesucht!‹«, las Lucy. »›Respektabler Mann, erfahren als Leibwächter. Militärische Ausbildung bevorzugt. Alle Anfragen zu richten an: Heronius Benson, Esquire‹.«
    Bevor sie noch richtig begriff, betrat Mr. Heronius Benson schon den Salon und drückte ihrem Vater die ausgestreckte Hand. »Welch ein Vergnügen, Admiral. Man hat nicht jeden Tag das Glück, eine lebende Legende zu treffen.«
    »Kaum, würde ich meinen«, stimmte der Admiral jovial zu.
    Lucy starrte mit finsterem Blick in die Zeitung, während die beiden Männer heitere Nettigkeiten austauschten. Dooms Drohung schien ihrem Vater heftiger zugesetzt zu haben, als Lucy gedacht hatte. Dass ein Lucien Snow sich hinter einem anderen Mann versteckte, war ihr neu.
    Mr. Benson lehnte den angebotenen Sherry ab und nahm in einem burgunderfarbenen Ohrensessel aus Leder Platz. Er strich sich nervös die letzten Haarsträhnen übers ansonsten kahle, glänzende Haupt. »Mein Kompagnon hat die ganze letzte Woche über Bewerber befragt. Er hat zugesichert, nur die Allerbesten herzuschicken.«
    Eilige Schritte kamen den Bogengang herunter. »Auf der Stelle wieder zurück, sage ich, junger Mann!«
    Lucy ließ erstaunt die Zeitung sinken. Nie zuvor hatte sie Smythe den schönen, gedämpften Bariton heben hören. Weitaus schockierender war es aber, den zurückhaltenden Butler – mit Schuhen, die auf dem frisch polierten Parkett vergeblich Halt suchten – um die Ecke herum schlittern zu sehen. Die Finger hatte er in den Kragen eines jungen Mannes gekrallt, der sich seinem Griff aber widersetzte.
    Der Admiral türmte sich mit rigider Pose hinter dem niedrigen Schreibtisch auf. Er verabscheute Tumult jeder Art, es sei

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